Wahlkampf in Kassel II: Völkisch und verwurzelt für Bestattungen und Engagement
Das Stichwort Antisemitismus sucht man (auch) im Wahlprogramm der Kasseler Grünen vergeblich. Wir haben schon darauf hingewiesen. Dafür wird wenigstens das Thema Bestattungen angeführt (Programm S. 34) – ein wichtiges Thema in einer Stadt wie Kassel.
Sonst sticht heraus, dass diese Partei auf das Engagement setzt. Explizit wird das deutlich, wenn geschrieben wird: „Grüne Sozialpolitik unterstützt die Menschen nicht nur finanziell, sondern vor allem in ihrer Selbstbestimmung und gesellschaftlichen Teilhabe. … Unser Verständnis von Sozialpolitik ist es, den Menschen Hilfe zur Selbsthilfe zu geben.“ (Programm S. 17) An die Adresse der Unterstützungs- und Hilfebedürftigen heisst das, Geld ist alle, keins da, wird (unter landes- und kommunalpolitischer Beteiligung der Grünen) in Millionenschwere Projekte versenkt usw., helft Euch gefälligst selbst.
Wenn es dann an anderer Stelle – hier an die Adresse des ureigentlichen Klientels dieser Partei – heißt: „Wir erkennen die außerordentliche Bedeutung und das große Engagement der Soziokultur für unsere Gemeinde an“ (ebda.) und auch Staatskente gefordert wird, steht das nicht plötzlich für mehr Staat.
Die gemeinsame Klammer solcher Sätze ist die antiinstitutionelle und kommunitaristische Grundausrichtung dieser Partei, die das ideologische Erbe des nur oberflächlich gesellschaftskritischen Engagements ihrer Gründungsväter und -mütter ist.
Diese Ausrichtung steht daher nicht im Gegensatz zum Staatsfetischismus deutscher Provenienz und daher auch nicht zur völkischen Borniertheit. Der propagierte Rückzug des Interventionsstaates bedeutet „dessen ‚Rücknahme in die Gesellschaft‘, dessen Diversifizierung in Form von ungezählten lokalen, untereinander konkurrierenden Souveränen.“ (C. Nachtmann, bahamas 49/2006)
Um in den Stürmen des internationalen Marktes und der Konkurrenz diverser regionaler (ökonomischer, kultureller und sozialer) Akteure gegeneinander bestehen zu können, braucht es dann auch einer festen Verwurzelung. Die grünen (und ein roter) Kohlköpfe trotzen denn auch tapfer in der Region gegen das Freihandelsabkommen mit den USA. (jd)
*Ein Screenshot der FB-Seite der Kasseler Grünen