Karl Pfeifer war mehrfach zu Gast in Kassel. Seine Erinnerungen und politischen Schlussfolgerungen aus seinem langen und bewegten Leben verstand er in lebhaften und spannenden Vorträgen zur Diskussion zu stellen. Wir werden unsere Veranstaltungen mit Karl in ehrenhafter Erinnerung behalten und sind sehr traurig über seinen Tod. Unser Mitgefühl gilt seinen Angehörigen.
Baruch Dayan Ha’emet
„Der 5. Januar 1943 war ein kalter Tag und es schneite, als wir uns vor unserer Abreise in der Turnhalle der jüdischen Hauptschule am Bethlenplatz versammelten, um uns von unseren Verwandten zu verabschieden. […] Mein Vater brachte es nicht über das Herz mitzugehen. Er weinte bitterlich und ich sah in zum letzten Mal. Der Abschied war für mich schmerzlich. Ich verließ meinen Vater und viele Verwandte, die ich nie wieder sehen sollte. Die Tatsache aber, dass mein um 15 Jahre älterer Bruder bereits 1935 ins Heilige Land gekommen war, ließ mich hoffen, nicht ohne Familie leben zu müssen. […]
Meine Cousine Juci begleitete mich zum Ostbahnhof, wo wir – 50 Kinder und Jugendliche – uns vor dem Zug aufstellten und die Hatikva, die zionistische Hymne, sangen:
Solange ist unsere Hoffnung noch nicht verloren,
die Hoffnung, zweitausend Jahre alt,
zu sein ein freies Volk in unsrem Land,
im Land Zion und Jerusalem!
Seit Ende des Zweiten Weltkriegs stelle ich mir selbst oft die Frage, wie war es möglich, dass Du überlebt hast, wenn so viele Deiner nächsten Angehörigen ermordet wurden? […] Ich erlebte eine glückliche Kindheit in Baden bei Wien und verstand erst später, wieso meine Eltern nostalgisch an die Habsburgermonarchie zurückdachten […] Obwohl ich nie [israelischer] Staatsbürger war, fühle ich eine tiefe Verbundenheit mit Israel.“
Aus: Karl Pfeifer, Einmal Palästina und zurück. Ein jüdischer Lebensweg, Wien 2013, S. 6, 46
Am 29.11.2022 veröffentlichte die Jüdische Allgemeine einen seiner letzten Beiträge, auf den wir hier gerne hinweisen: Karl Pfeifer, Für Herzls Vision, JA, 29.11.2022.