Jana, Konstantin und die Geschichte

„Ja, hallo, ich bin Jana aus Kassel, und ich fühle mich wie Sophie Scholl“, hieß es auf einer Kundgebung in Hannover gegen die Pandemie-Politik der Bundesregierung. Jana führte aus, sie sei „seit Monaten im Widerstand […] Ich bin 22 Jahre alt, genau wie Sophie Scholl, bevor sie den Nationalsozialisten zum Opfer fiel.“

So wie alle anderen Medien, Pressorgane, Lautsprecher aus Politik, Zivilgesellschaft und Kultur echauffierten sich auch die Kommentatoren und Artikelschreiber aus der nordhessischen Zeitung HNA über den unerträglichen Quatsch, den diese Jana in Hannover von sich gab. Gegen ihre aberwitzige Gleichsetzung Einspruch zu erheben, wäre dann richtig, wenn die fast unisono vorgetragenen Interventionen nicht so durchsichtig wären. Eine Kommentatorin der nordhessischen Lokalzeitung HNA verwies mit folgenden Zeilen darauf, was hinter der allgemeinen Empörung steht: „Man könnte an der kruden Szene in Hannover und geschichtsblinden Menschen […] schier verzweifeln, wären da nicht Menschen wie der Mann, der die Rednerin unterbricht […]. Ihm gebührt Respekt für sein entschlossenes Aufbegehren gegen Geschichtsrevisionismus. Um mit den Worten Sophie Scholls zu sprechen: Einer musste ja doch mal schließlich damit anfangen.“ (1) Nicht eine Jana der in der Gesellschaft fast einhellig verurteilten Gegner der Corona-Politik darf sich in der Tradition der Scholls wähnen, sondern der vermeintliche Ordner soll es sein, der im Namen der Nation empörter „Antifaschisten“ den Staffelstab aufnimmt und dafür sorgt, dass die Welt weiß, Deutschland hat aus der Geschichte gelernt.

Vom Mantel der Geschichte umweht sehen sich auch gerne die tapferen Streiterlein für den Frieden und auch sie bemühen wie Jana gerne die Tradition des Antifaschismus. Jedes Jahr geben sie sich als „Friedensratschlag“ ein Stell-Dich-Ein in Kassel, auch 2020 wieder. (2) Der Friedensratschlag behauptet in seinen Grundsätzen: „Wir führen unseren Kampf gegen alte und neue Kriege, für Abrüstung und Völkerverständigung vor dem Hintergrund eines historischen Bewusstseins, wozu vor allem der konsequente Antifaschismus gehört. ‚Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg‘ ist für uns die Schlussfolgerung aus dem Zweiten Weltkrieg, der wir uns verpflichtet fühlen.“ Der den Friedensratschlag wie die Friedensbewegung auszeichnende Antizionismus, der sich immer wieder bis zum Hass auf Israel auswächst und Grundlage für immer wieder gesuchte Kooperationen mit Antisemiten ist, straft diesen hehren, aber auf ein interessiertes Missverständnis verweisenden, Ansatz (3) Lügen.

Das kulturelle Rahmenprogramm zum diesjährigen Friedensratschlag steuerte Konstantin Wecker bei. Mit ihm führte die HNA am 04.12.2020 ein Interview. (4) Eine Frage der Zeitung lautete: „Warum befürchten Sie Angst vor einem Atomkrieg?“ (sic!)

Wecker antwortete: „Weil in der Welt Wahnsinnige wie Bolsonaro, Orbán und Trump und viele andere Patriarchen an der Macht sind.“ Bekanntlich sind weder Brasilien noch Ungarn gefährliche Atommächte und Donald Trump dürfte bald zwar noch als Person der Zeitgeschichte für einigen Zoff sorgen, aber eben auch als der Präsident in die Annalen der Geschichte eingehen, der am entschlossensten dem iranischen Atomprogramm entgegentrat. (5) Dass dem um eine „herrschaftsfreie und friedvolle Welt“ besorgten Sänger angesichts des globalen Herrschaftsanspruchs der autoriären und totalitären Atommächte China, die verniedlichende, abgeschmackte Formel vom Patriarchen einfällt, ist das Gegenteil von witzig. Vollkommen aberwitzig jedoch ist diese Art der Bezeichnung in Bezug auf den auf fast allen Kontinenten sich ausbreitenden totalitären Islamismus, der mit Pakistan eine Atommacht und mit dem Iran eine Nation im Rücken hat, die anstrebt eine Atommacht zu sein.

Aber Wecker traut den US-Amerikanern nicht. „Für unberechenbare Diktatoren ist ein Atomschlag immer eine Option“, führt er weiter aus und ihm fällt auch gleich ein Beispiel ein: „Als US-Präsident Harry Truman im August den Befehl gab, Atombomben auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki abzuwerfen, starben weit über 200.000 Menschen.“ Wecker, der sich einst schützend vor Saddam Hussein stellte (6), erklärt also Harry Truman zum unberechenbaren Diktatoren. Den Präsidenten der Nation, die zusammen mit Großbritannien, Frankreich und der Sowjetunion gegen Nazideutschland Krieg führte, um die Welt von der schlimmsten Diktatur zu befreien, die die Menschheit jemals erleben musste. Es waren die Streitmächte der Alliierten und keine deutschen Pazifisten, die den Versuch, der von den Nazis angeführten deutschen Volksgemeinschaft ein tausendjähriges Reich zu errichten, vereitelte. Die US-Armee war auch die maßgebliche Kraft, die den Bündnispartner Deutschlands, das mörderische und terroristische Japan, das im Fernen Osten für Abermillionen von Toten verantwortlich war, in die Knie zwang.

Wecker kennt jedoch noch andere Grundübel: „Es geht immer nur ums Geld. […] Das Militär ist ein Grundübel. Dort wird den Menschen die Humanität genommen und blinder Gehorsam antrainiert. Dieser blinde Gehorsam hat uns in den Wahnsinn der Nazizeit getrieben.“ Bekanntlich gab es in Deutschland 1933 zwar einen monarchistisch und preußisch geprägten Militarismus, aber kaum Militär. Grundlage der Naziherrschaft war weniger der Militarismus, der für das alte Reich stand, sondern der Antisemitismus, die Idee von einer völkisch-nationalen Revolution und der unbedingten Wille, die „Gegenrasse“ zu vernichten, das Alte zu stürzen und auf den Trümmern des Alten eine Volksgemeinschaft der Arier zu etablieren.

Es ist weniger bemerkenswert, dass der „Kollateralnutzer“ Wecker (Henryk M. Broder) beim Friedensratschlag für das Rahmenprogramm sorgt, das dieser verdient, sondern, dass der Künstler mit Geldern einer Universität Unterstützung findet und seinen geschichtsklitternden und hanebüchenen Thesen in einer Tageszeitung mit großer Leserschaft eine Bühne geboten wird.

(1) Nicole Schippers, Beleidigung aller Opfer von Diktaturen, in: HNA, 23.Nov. 2020

(2) Der Friedensratschlag wird zum wiederholten Male mit Unterstützung der Universität Kassel, also unter Verwendung von Steuergeldern, abgehalten. Verantwortlich ist Prof. Dr. Klaus Moegling, der zu allem Überfluss auch noch Studiendirektor im Studienseminar für Gymnasien in Kassel, also direkt an der Ausbildung von Lehrern beteiligt ist. Mit dabei sind das besonders israelfeindliche Bremer Friedensforum und wie fast jedes Jahr der notorische Norman Paech.

(3) Im Buchenwaldschwur wurde noch dem Einsatz der Alliierten Truppen, insbesondere der Vereinigten Staaten gedacht: „Wir gedenken an dieser Stelle des grossen Freundes der Antifaschisten aller Länder, eines Organisatoren und Initiatoren des Kampfes um eine neue demokratische, friedliche Welt, F.D. Roosevelt. Ehre seinem Andenken.“ Begreift man den Antisemitismus als den ideologischen Kern des Nationalsozialismus, wodurch sich dieser auch klar vom Faschismus unterscheidet, so symbolisiert auch weniger Buchenwald den deutschen Nationalsozialismus, sondern die Vernichtungslager Auschwitz, Sobibor, Treblinka u. a.. Vor diesem Hintergrund kann das „Nie wieder!“ auch nicht „Nie wieder Krieg!“ bedeuten, sondern muss in logischer Konsequenz nur die „Wiederaneignung von Kraft und Gewalt durch die Juden“ (Claude Lanzmann) heißen, die sich im wehrhaften Staat Israel darstellt. Die Vernichtung Israels ist heute Staatsräson des Iran.

(4) „Ich bin gern ein Träumer“. Interview – Liedermacher Konstantin Wecker über den Kasseler Friedensratschlag, in: HNA, 4. Dez. 2020.

(5) Die Vernichtungsdrohungen gegen Israel und das iranische Atomprogramm ficht den Friedensratschlag bekanntlich nicht an. Im Gegenteil. In einem am 3. Dez. 2020 auf der Internetseite des Friedensratschlages hochgeladenen Artikel werden den USA und Israel Staatsterrorismus und Donald Trump die Kündigung des „Nuklearvertrages“ vorgeworfen. Der Bundesregierung wird vorgeworfen, die USA nicht in die Schranken verweisen zu haben, dadurch sei verhindert worden, dass der Iran in eine Vertragsgemeinschaft integriert und wie noch nie seit der Islamischen Revolution von 1979 rehabilitiert worden wäre. Lutz Herden, Iran/USA: Allmacht und Ohnmacht.

(6) Henryk M. Broder, Hundekekse für den Frieden, in: SPON, 11. Jan. 2003

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Friedensratschlag – nachgetreten

Der Friedensratschlag 2019 ist vorbei. Uns wurde bei den Diskussionen vor dem Eingang der Uni u.a. gesagt, man habe jetzt keine Zeit zum diskutieren, weil man Margot Käßmann nicht verpassen wolle, andere schimpften, ob wir es etwa gut finden würden, dass Syrien von den USA bombardiert wird. Diese beiden willkürlich ausgewählten, aber symptomatischen Aussagen der Friedenskämpfer, hat unseren Mitstreiter J.H. dann zu folgender Invektive bewegt:

Was haben Margot Käßmann, Fridays for Future, Sabine Schiffer und Karin Leukefeld gemeinsam?

Auf den ersten Blick nicht viel. Die ersten beiden zählen zu den festen Pfeilern des linksliberalen deutschen Mainstreams, werden in ARD, ZDF, Spiegel, Süddeutscher Zeitung und Zeit als moralische Autoritäten gefeiert, sind beim Kirchentag mit dem Bundespräsidenten auf Du und können auf Demonstrationen in Kassel zehntausende von Anhängern mobilisieren. Die letzteren schreiben für den Rubikon und geben Interviews bei KenFM, wo von Verschwörungen um den 11. September geraunt wird, Eulogien auf das Assad-Regime und den levantinischen NSDAP-Klon, die SSNP gehalten werden. Die Kasseler Anhängerschaft Karin Leukefelds & Co. dürfte sich, von einigen zerzausten Veteranen der Friedensbewegung der frühen 80er Jahre einmal abgesehen, aus einer ein- bis zweistelligen Zahl von abgedackelten Türstehern, Nachtclubbetreibern und Unterhosenmodels, die Zeit und Frührente in Kneipen auf der Friedrich-Ebert-Strasse durchbringen, zusammensetzen.1

Die Kluft zwischen bildungsbürgerlicher Hochkultur und den Niederungen des Internet-Trashs irgendwo zwischen Schminktipps und Pornographie könnte scheinbar grösser nicht sein. Hinzu kommt, dass die einen den sunnitisch muslimischen Jungmann gern mit Teddybären bewerfen wollen, die anderen hingegen eher mit Fassbomben. Auch das Verhältnis zu Putin und seinen Satrapen im In- und Ausland könnte unterschiedlicher nicht sein: Pathologische Furcht vor dem letzten AFD-Hinterbänkler auf der einen, ebenso pathologische Unterwürfigkeit gegenüber dem Moskowiter Großfürsten auf der anderen Seite. Dies sollte eigentlich herzliche Feindschaft für alle Ewigkeit garantieren.

Und doch trafen sich beide scheinbar entgegengesetzten Enden der kulturellen Nahrungskette am Nikolauswochendende in trauter Eintracht auf dem Kasseler Friedensratschlag.

Merke: Solange es gegen den großen Satan USA und den kleinen Satan Israel geht, sind alle Gegensätze vergessen. Dann gilt das Wort des großen Friedenskämpfers Wilhelm II: Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche.

1 Die in Kassel vertretene Friedensbewegung gehörte zu dem Teil, die eine Zusammenarbeit mit dem sogenannten Friedenswinter ablehnte. (Strutynski, Wie die Kanninchen auf die Schlange) Die „feindliche Übernahme“ gelang der Kasseler Friedensbewegung dadurch, dass sie die Themen Ukraine und Syrien thematisierte und auf Kundgebungen mehr oder weniger die russische Position propagierte. Berührungsängste zum Umfeld KenFM und Diether Dehm kannte man in Kassel noch nie. Der Friedenswinter wurde in Kassel von einem ehemaligen Türsteher und Endgamer Viktor Seibel angeführt. Das Unterhosenmodel Christian C. Gherhard führte 2016 eine Kundgebung gegen die Amerikanisierung des Abendlandes an.

BDS-Support der Uni Kassel

Die deutsche Hochschulrektorenkonferenz (HRK) hat einen für den Kampf gegen den Antisemitismus wegweisenden Beschluss gefasst. In einer Pressemitteilung der HRK heißt es: „Die Mitgliederversammlung […] hat sich gestern in Hamburg vehement gegen jegliche Form von Antisemitismus gewandt. […]“ In der von der HRK verabschiedeten Resolution wird ausgeführt: „Die Mitgliederversammlung der HRK […] wendet sich gegen Antisemitismus in jeglicher Form. An deutschen Hochschulen ist kein Platz für Antisemitismus. Die Mitgliederversammlung der HRK unterstützt die Resolution „Gegen BDS und jeden Antisemitismus“ des Jungen Forums der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, der Jüdischen Studierendenunion Deutschland, […] Die Antisemitismusdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA), welche auch durch die Bundesregierung Anerkennung findet, bietet eine klare Grundlage zum Erkennen von Judenhass und ist damit ein wichtiges Werkzeug bei seiner Bekämpfung. Dabei wird auch der israelbezogene Antisemitismus berücksichtigt.“1

Man darf gespannt sein, ob dieser Beschluss irgendeine Auswirkung auf die kommende Veranstaltung des Friedensratschlages in Kassel haben wird, auf dem BDS-Supporter und notorische Vertreter des professoralen wie nicht-professoralen Antizionismus wie Prof. Dr. Norman Paech, Prof. Dr. Werner Ruf und Karin Leukefeld und mit Prof. Dr. Sabine Schiffer, Prof. Dr. Karin Kulow und Nirit Sommerfeld professionelle Nebelkerzenwerferinnen aus dem Umfeld der politischen Szene auftreten. Bemerkenswert ist dies insbesondere auch deswegen, weil diese Veranstaltung wie jedes Jahr, nicht nur in den Räumen der Uni Kassel stattfinden wird, sondern auch durch die Hochschule direkt gefördert wird. Der Fachbereich 05, der in Kassel für politische Bildung verantwortlich ist, stellt mit Prof. Dr. Christoph Scherrer und Prof. Dr. Klaus Moegling nicht nur Referenten, sondern unterstützt diese Veranstaltung als Veranstalter2 insgesamt.

Im Einzelnen:

Prof. Dr. Norman Paech

Norman Paech, zu dem man sonst nicht viel sagen muss3, schrieb für den Rubikon4 einen Artikel, der auch auf dem Internetauftritt der deutschen Sektion von BDS veröffentlicht wurde. Paech geht es um die, dem BDS-Beschluss des Bundestages zugrundeliegende Antisemitismusdefinition.5 Nachdem er die berühmte Keule beklagt, bekrittelt er die, auch unserer Meinung nach unzulängliche, IHRA-Definition des Antisemitismus. Allerdings bemüht er sich gar nicht erst, eine bessere Definition darzulegen, stattdessen lässt er die Katze gleich aus dem Sack. Antisemitismus und Zionismus seien Rassismus, was immerhin die UNO-Vollversammlung beschlossen habe und wissenschaftlich begründbar sei. Somit erledigt er Israel als rassistisches Gebilde und den jüdischen Nationalismus als ebensolche Ideologie und kommt zu seinem durchsichtigen Hauptanliegen. Der SPD-Politiker Sigmar Gabriel wird zitiert „Das ist ein Apartheid-Regime, für das es keinerlei Rechtfertigung gibt.“6 Paech findet, das sei ein Urteil, für das es „es gute Gründe“ gibt. Zum Schluss fordert er „eine politische multiflexible Formel […], von der der Zentralrat und all die verbissenen Parteigänger der israelischen Besatzungspolitik enttäuscht sein müssen, […]“. Warum der Zentralrat sich i.d.R. vor Israel stellt, dieser Frage geht Paech natürlich nicht nach, es reicht ihm, in diesem einen Parteigänger der Israelischen Regierung zu sehen und alle seine Claqueure wissen was gemeint ist.

Prof. Dr. Werner Ruf

Auch zu diesem Herrn soll hier nicht viel gesagt werden.7 Er setzte mit Prof. Dr. Paech und vielen anderen aus der Hard-Core-Szene des Israelhasses seine Unterschrift unter einen flammenden Appell des einschlägigen Palästina-Komitees8 zur Verteidigung der Meinungsfreiheit.9 Dort heißt es, der Beschluss des Städtetages in öffentlichen Gebäuden keine BDS-Vertreter einzuladen, würde die demokratische Diskussionskultur untergraben. Für den Unterzeichner gehört es wohl dazu, in öffentlichen Räumen Deutschlands Israels Staatsgründung mit ethnischen Säuberungen in Zusammenhang zu bringen, so wie es im Aufruf formuliert wird. Auch dieser Aufruf bescheinigt der BDS-Bewegung, Kritik auf Basis der UN-Resolutionen zu üben, was vor dem Hintergrund der Mehrheitsverhältnisse in UN-Gremien wiederum nicht falsch ist, aber ein bezeichnenden Leumund abgibt10. Auch in diesem Appell darf der Verweis auf Gabriels Apartheids-Zitat nicht fehlen.

Karin Leukefeld

Die laut des russischen staatlichen Auslandsprogramm RT Deutsch zu den „profiliertesten Nahost-Expertinnen“11 gehörende Karin Leukefeld und Todenhöfer-Supporterin12 verfasste ebenfalls für Rubikon einen Artikel anlässlich des Bundestagsbeschlusses zur BDS-Bewegung. Sie führt aus, dass „die Bewegung ‚Boykott, Desinvestieren, Sanktionen‘ (BDS) […] von Palästinensern unter dem Eindruck furchtbarster Unterdrückung und Diskriminierung durch die israelische Besatzungsmacht gegründet [wurde]. Viele Jüdinnen und Juden schlossen sich dem Boykott-Aufruf aus Gewissensgründen an.“ Trotzdem sei diese Bewegung von der Mehrheit der Abgeordneten verurteilt worden, weil die Parteien vor „der israelischen Täter-Regierung eingeknickt“ seien und wiederholt damit das Motiv, dass schon Paech in Anschlag gebracht hat. Dass für einen Beschluss der Parlamentarier die Regierung Israels und nicht ihr Gewissen verantwortlich gemacht wird, lässt tief blicken. Unter dem Begriff „Täternation“ wird in der Regel Deutschland während der Jahre 1933 – 1945 verstanden. Auch die Verwendung des Begriffs in diesem Zusammenhang deutet auf die Geisteshaltung der Leukefeld hin.

Prof. Dr. Sabine Schiffer und Prof. Dr. Karin Kulow

Sabine Schiffer spekulierte schon einmal darüber, dass jüdische Organisationen durch Verbreitung des antiislamischen Rassismus zu einer Pogromstimmung gegen Muslime beitragen würde. Schiffer zeichnet sich nach Alex Feuerherd dadurch aus , dass sie mit Verschwörungstheorien, ‚Israelkritik‘, Antiimperialismus und Islamophilie hantiert. Die daraus resultierende Melange mündet „konsequenterweise in der Verharmlosung des iranischen Regimes und seines Atomprogramms“.13 Dies ist dann auch der Punkt die sie mit der Referentin Kulow verbindet. Kulow fällt mit ihren Positionen zu Israel zunächst aus dem Rahmen. So spricht sie immerhin der zionistischen Bewegung als Nationalbewegung der Juden einen legitimen Anspruch auf das, den Juden zugesprochene Gebiet gemäß des UN-Teilungsbeschlusses zu und stellt fest, dass aufgrund der Ablehnung dieses Beschlusses seitens der arabischen Seite diese ein Mitverschulden an dem seit über einen halben Jahrhundert währenden Konflikt zuzusprechen sei.14 Aber auch sie unterstellt der israelischen Regierung, den Konflikt mit dem Iran dazu zu brauchen, um den ungelösten Israel-Palästina-Konflikt zur Nebensache zu degradieren. 15 Angesichts der klar formulierten Absichten des Iran, Israel zu vernichten und dazu auch die nötigen Waffen zu erlangen, eine seltsame, für den Friedensratschlag aber typische Sichtweise.

Nirit Sommerfeld

Zum Schluss möchten wir noch auf Nirit Sommerfeld, ebenfalls Rubikon-Autorin, eingehen, die mit einem Vertreter des Jungen Forum DIG-Kassel zum Thema „Kritik an der israelischen Regierungspolitik und die Antisemitismus-Debatte in Deutschland“ auf einem Podium sitzen wird. Sie schreibt an die städtische Gasteig München GmbH, „meine persönliche Haltung zu BDS deckt sich mit der von 240 jüdischen und israelischen Wissenschaftlern […]“ die den „Aufruf an die Bundesregierung von 240 jüdischen und israelischen Wissenschaftlern: Setzen Sie ‚BDS‘ nicht mit Antisemitismus gleich“ unterzeichnet haben.16 In diesem Aufruf heißt es u.a. „Darüber hinaus entsprechen die drei Hauptziele des BDS – die Beendigung der Besatzung, die volle Gleichberechtigung der arabischen Bürger Israels und das Recht auf Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge – internationalem Recht, auch wenn das dritte Ziel zweifellos diskussionswürdig ist. Wir sind entsetzt darüber, dass Forderungen nach Gleichberechtigung und der Einhaltung des Völkerrechts als antisemitisch angesehen werden.“ Diese drei Forderungen laufen im Kern darauf hinaus, den Staat Israel als jüdischen Staat zu überwinden. Nachweislich wahrheitswidrig wird u.a. behauptet: „Die antisemitische Bedrohung geht nicht von palästinensischen Menschenrechtsaktivisten aus.“17 Mehr wäre auch zu diesem Aufruf nicht zu sagen.

Schlussbemerkung

Mit der Nennung diese Vertreter soll es hier sein Bewenden haben. Eine Randbemerkung sei dennoch angefügt. Die Veranstaltung des Friedensratschlages wird u.a. mit dem Slogan „Atomwaffen verbieten“ beworben. Auf der Seite des Friedensratschlages heißt es an gleicher Stelle: „Hände weg vom Iran!“ Nicht nur, dass mit keiner Silbe die konkret ausgesprochene Ankündigung hoher Regierungsvertreter des Iran, Israel auszulöschen, erwähnt wird, sondern dass Maßnahmen, die Atomrüstung des Iran wirksam zu unterbinden, skandalisiert werden, zeugt von der schrägen Weltsicht der Initiatoren des Friedensratschlages.

Zum kulturellen Rahmenprogramm konnte eine passionierte „Israelkritikerin“ und Provinzschauspielerin gewonnen werden und nach der Tagung, laden die Veranstalter zum gemeinsamen Plausch im Café Buchoase, dem Stützpunkt des Kasseler Israelhasses, unentwegter BDS-Unterstützer und DFLP-Anhänger in Kassel.

1 Hochschulrektorenkonferenz – Die Stimme der Hochschulen: Kein Platz für Antisemitismus. Entschließung der HRK-Mitgliederversammlung vom 19.11.2019 . Der Bundestag hatte mit dem Beschluss vom 15.05.2019 „Der BDS-Bewegung entschlossen entgegentreten – Antisemitismus bekämpfen“, auf den sich diese Versammlung ebenfalls beruft, festgehalten: Seit Jahren ruft diese Bewegung „auch in Deutschland zum Boykott gegen Israel, gegen israelische Waren und Dienstleistungen, israelische Künstlerinnen und Künstler, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Sportlerinnen und Sportler auf. Der allumfassende Boykottaufruf führt in seiner Radikalität zur Brandmarkung israelischer Staatsbürgerinnen und Staatsbürger jüdischen Glaubens als Ganzes. Dies ist inakzeptabel und scharf zu verurteilen.“ (BT-Drucksache 19/10191)

2 Auf der Internetseite des Kasseler Friedensforums wird der Fachbereich 05 der Uni Kassel als Mitveranstalter genannt. (Abgerufen am 01.12.2019)

3 Das hat Henryk M. Broder schon 2009 zur Genüge getan, auf den wir hier verweisen: Norman Paech, ein lupenreiner Antisemit, AchGut 20.07.2009

4 Paech, Ruf, Leukelfeld und Sommerfeld gehören zu den Autoren, die für diese Internetplattform schreiben. Der Recherche-Blog Psiram schreibt im Artikel über Rubikon: „Einige Beirats-Mitglieder fielen in der Vergangenheit durch eine dezidierte Unterstützung der aktuellen Putin-Regierung in Russland auf. „ Auf Rubikon werden Artikel veröffentlicht, „die die Existenz von AIDS leugnen, […] Verschwörungstheorien zum 11. September verbreiten“. „Die Rubikon-Autoren Rolf Verleger und Nirit Sommerfeld sind Mitinitiatoren des „Bündnis zur Beendigung der israelischen Besatzung“.

5 Norman Paech schreibt dies in einem zuerst auf Rubikon, dann am 28.09.2017 auf der Internetseite von BDS-Deutschland veröffentlichen Artikel: Eine neue Antisemitismus – Nichtdefinition. BDS-Kampagne. (Abgerufen am 01.12.2019).

6 Es sei hier darauf hingewiesen, dass dieser Satz im Zusammenhang des Westbank-Besuchs des damaligen Außenministers Gabriel in Hebron fiel. In Hebron fand 1929 ein Pogrom gegen die dort seit Jahrhunderten lebenden Juden statt. Nach dem Pogrom wurden die jüdischen Bewohner Hebrons restlos vertrieben. Erst nach 1967 konnten sich in Hebron wieder Juden ansiedeln, freilich nur unter massiven Schutz israelischer Sicherheitskräfte.

7 Wir haben uns mit diesem Herrn aus Edermünde ausführlich befasst. Andere taten dies schon vor uns. Mit dem Zitat „Die Terrorakte gegen die USA sind die fürchterliche Antwort auf die westliche Politik der Spaltung der Welt in Arm und Reich“ zitiert Klaus-Peter Klingelschmitt einen typischen und von Ruf vielfach variierten Satz, der die Weltanschauung dieses „Nahostexperten“ auf den Punkt bringt. („Wer Hunger und Not sät …“, in: taz.de (archiv) die tageszeitung, 24.09.2001)

8 Zum Palästina-Kommitee gibt es von der DIG Stuttgart die „Kurzdokumentation zu den Boykott-Aktivitäten des Palästinakomitees Stuttgart gegen Israel“. Dort heißt es u.a.: „Ganz offen stellt das Komitee die Existenz Israels in Frage“ indem u.a. “Wir müssen über Israels Recht zu existieren reden“, „Free Haifa“ propagiert wird. ( )

9 Die Rote Fahne (Zeitung der MLPD) veröffentlichte am 10.12.2017 den Brief „Für Meinungsfreiheit auch in der Palästina Frage.“

10 Siehe hierzu: Der Lieblingsdämon der UNO, in: taz.de, 13.03.2019. Der Artikel bezieht sich auf das Buch Alex Feuerherdt/Florian Markl: „Vereinte Nationen gegen Israel“. Hentrich und Hentrich, Berlin 2018.

11 Wikipedia: Karin Leukefeld

12 Friedensbringer Todenhöfer, Ruhrbarone

13 Propaganda als Dienstleistung, Lisaz Welt, 15.10.2010

14 Karin Kulow, Zum offensichtlich schwierigen Umgang mit Hamas, Einige Anmerkungen. In: Erhard Crome (Hrsg.) Endstatusverhandlungen im Nahen Osten? Nur ein lebensfähiger palästinensischer Staat kann zu einer dauerhaften Friedensregelung führen, Berlin 2008, S. 69. Die Autorin tritt jedoch gerne im Doppelpack mit den einschlägigen Werner Ruf und Norman Paech auf. Sie scheint in diesen Duos den good cop zu mimen.

15 Karin Kulow, Vereint gegen Teheran, in: Neues Deutschland.de, 22.11.2018

16 Alleine schon der Satz, dass der Beschluss BDS mit Antisemitismus gleichsetze ist barer Unsinn. Im Beschluss des Bundestages heißt es: „Die Argumentationsmuster und Methoden der BDS-Bewegung sind antisemitisch.“ (BT-Drucksache 19/10191 )

17 Der Antisemitismus als weitverbreitete Weltanschauung unter palästinensischen Gruppierungen und Aktivisten, nicht nur in jihadistischen Bewegungen, ist eindeutig belegt. Hierzu insbesondere Matthias Küntzel. Z.B.: Hat Israel am arabischen Antisemitismus schuld? Zwischenbilanz einer internationalen Diskussion, 2011.

Der Friedensratschlag in Kassel – Ein Wochenende der Untoten

(1. Dezember 2017)

Frage aus dem Publikum: „Wir haben ja seit über einem Jahr vor der somalischen Küste militärische Fahrzeuge, also sprich Fregatten et cetera, die gegen Pirateneinsatz eingesetzt werden, in internationalen Gewässern. Wie du gesagt hast, Norman, wird im Herbst noch ein neuer Konvoi gestartet. Ist es legitim, dass man diesen Konvoi mit der türkischen Marine oder mit anderen Ländern, meinetwegen auch Skandinavien, beschützen kann, und im Zweifelsfall knallt man diesem faschistischen Regime in Israel einen vor den Latz?“ Paech: „[…] Und schließlich der Konvoi und Schutz der Marine: Eigentlich ja! Das ist eine Idee! Man könnte die Bundesmarine auffordern, den nächsten Konvoi zu begleiten […]“ (Norman Paech / 2010)

Dieser Wortwechsel sei zur Illustrierung dessen zitiert, wie es in der deutschen Friedensbewegung so denkt: „Nie wieder ‚Krieg gegen Faschismus, zeigen wir es lieber den Juden!“ U.a. dieser Norman Paech tritt am Wochenende beim Friedensratschlag 2017 in Kassel auf, der in den Räumen der Universität Kassel stattfindet. Er ist auch ein Beispiel dafür, dass das Bekenntnis zur Gewaltfreiheit in der Friedensbewegung relativ ist.

Im Folgenden seien daher ein paar der Referenten des 2017er Friedensratschlags vorgestellt, um zu verdeutlichen, mit wem und womit wir es hier zu tun haben.

Die Veranstaltung beginnt mit der ehemaligen Gewerkschaftsfunktionärin Anne Rieger, die 2006 die übliche Leier von wegen: ‚Israels ist selbst schuld am Terrorismus‘ vorbrachte: „Eine Politik, die einseitig Israel schütze und gleichzeitig die Araber einem Schicksal ausliefere, das aus Erniedrigung, Armut, Besatzung und Deklassierung besteht, wird nicht hingenommen werden, schafft Widerstand und ist der Nährboden für Hass und Gewalt gegen Menschen in Israel. Tausende palästinensische Gefangene in israelischen Gefängnissen – darunter 450 Kinder unter 18 Jahren – führen zu Wut und auch zu hilflosem Zorn, der die Eskalation der Gewalt weiter vorantreibt.“ (Rieger / 2006) Dazu wird der gegen jede Evidenz sich behauptende Evergreen vom Wasserraub der Israelis feil geboten. (Alex Feuerherd / Israel, die Palästinenser und das Wasser)

Die Veranstaltung wird beendet mit Ann Wright, einer amerikanischen Aktivistin, die dem antisemitischen BDS Umfeld zugeordnet werden kann (Mitchell Bard / Anti-Semitism BDS). Sie war an dem sogenannten Gaza Freedom March beteiligt, der sich selbstredend nicht gegen die Herrschaft der Hamas richtete, sondern gegen die „israelische Blockade“. Dieser Marsch gilt als Vorläuferorganisation des BDS. Auf der Seite des Gaza Freedom March heißt es: „It is almost certain that new organizing around ‚boycotts, divestment and sanctions‘ against the Israeli occupation of the West Bank and Gaza will take place in the United States as a result of the Gaza Freedom March.“ 2010 schipperte auch Wright mit der Mavi Mamara Flotille gen Israel. Maßgeblich organisiert und finanziert wurde das Schiff damals von der islamistischen İnsan Hak ve Hürriyetleri ve İnsani Yardım Vakfı (IHH). Die IHH steht nach wie vor für ihre Verbindungen mit der Hamas in der Kritik. (David Schraven / Auf Schleichwegen)

Dazwischen kommen verschiedene andere der üblichen Verdächtigen zu Wort, bzw. wird die Gelegenheit geboten, dem geneigten Publikum ihren Wahn zu unterbreiten.

Beginnen wir mit dem eingangs zitierten Norman Paech. Paech ist einer derjenigen, die sich schon früh für einen Boykott israelischer Waren einsetzten und war Gegner der Antisemitismus-Resolution der Fraktion der Partei „Die Linke“, mit der die Partei versuchte, die schlimmsten Auswüchse des antisemitischen Wahns unter ihren Anhängern einzuhegen. (Martin Kloke / Antisemitismus in der Linkspartei) Während Paech nicht müde wird, die israelische Regierungen wegen angeblicher vielfältiger, schwerwiegender Vergehen gegen das „Völkerrecht“ anzuklagen, hält er Verhandlungen mit der islamistischen Hamas für notwendig, um den Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern einer zivilen Lösung näher zu bringen. Auch Paech war Mitreisender auf dem Schiff Mavi Marmara. Während Israels militärische Aktionen von Paech selbstverständlich verbrecherisch genannt und auch durchaus mal als Massenmord bezeichnet werden, sieht er den Terror der Hamas als legitimen Widerstand gegen den demokratischen Staat Israel an. So verglich er in einer Rede 2014 die Raketen, die von Gaza auf Israel abgefeuert werden, mit dem Widerstand der Algerier gegen die französische Besatzung: „Gewiss, diese Raketen aus Gaza sind offensichtlich so primitiv und werden wahllos abgefeuert, dass sie ungesteuert auch zivile Einrichtungen treffen. Das ist völkerrechtswidrig und muss eingestellt werden. Nur, erinnern Sie sich an die Zeit des algerischen Befreiungskrieges: als die Algerier gefragt wurden, warum sie Sprengsätze in den Papierkörben der Restaurants versteckten und zur Explosion mit vielen zivilen Opfern brachten, antworteten sie. Hätten wir Hubschrauber wie die Franzosen, würden wir die benutzen, die sind offensichtlich erlaubt.“ (Paech / Gaza-Rede)

Uwe Hiksch nahm am 04. Februar 2012 als Referent an einer Tagung des Deutschen Koordinationskreises Palästina Israel (KoPI) teil. Der KoPi unterstützt offen die antisemitische BDS-Bewegung. Um den KoPI einschätzen zu können, genügt ein Blick auf dessen Homepage.

Mohssen Massarrat sieht in der Bedrohung Israels einen Popanz: „Die Bedrohung der Existenz Israels“ stellt sich im Lichte dieser Analyse als ein Popanz heraus, den Tel Aviv, Washington und Berlin mit großem propagandistischem Aufwand aufgebaut haben.“ (Massarrat / Ist Israels Existenz bedroht?) Auch Massarrat sieht in der Hamas eine Befreiungsorganisation: „Was bleibt einer Befreiungsorganisation wie der Hamas, die inzwischen für die palästinensische Nationalbewegung insgesamt kämpft, auch sonst noch übrig, als weiter zu kämpfen, wo doch offensichtlich geworden ist, dass Israel – und das kann man heute mit Fug und Recht behaupten – alles daran setzt, um einen dauerhaften Frieden zu torpedieren.“ (Massarrat / Aufruf an die Friedensbewegung) Masserrat veröffentlichte einen offenen Brief, in dem die Rede ist von einem „angeblich wachsenden Antisemitismus und Judenhass in Deutschland“ und bemühte die sattsam bekannte Antisemitismuskeule. Gleichzeitig kommentierte er die antisemitischen Ausschreitungen im Jahre 2014: „Israel muss seine zionistische Politik, die sich letztlich auch gegen die eigene Bevölkerung richtet, endlich aufgeben und sich zum Völkerrecht bekennen. Israels Unterstützer sollten ihm auf diesem Weg beistehen, anstatt jeglicher berechtigten Israel-Kritik mit der Antisemitismuskeule zu begegnen.“ (Massarrat / Zur Berliner Kundgebung) Zuletzt unterschrieb Masserrat eine Stellungnahme in der behauptet wurde: „Weder hat die Bezeichnung „Intifada“ etwas mit dem Töten von Zivilisten zu tun, Intifada bedeutet schlicht und ergreifend „Abschüttelung“ (der Besatzer) […].“ (Gaza: Ist das ein Leben)

Christine Buchholz ist Mitglied in der Partei „Die Linke“. Sie positionierte sich im Konflikt zwischen der Hamas und der Hisbollah auf der einen und Israel auf der anderen Seite wie folgt: „Auf der anderen Seite stehen in diesem Konflikt die Hisbollah, die Friedensbewegung in Israel und die internationale Antikriegsbewegung. Das ist die Seite, auf der auch ich stehe.“ (Kloke, ob.cit.) In der Partei „Die Linke“ unterstützt sie die Gruppe „Marx21“. Diese Gruppe spricht sich u. a. gegen die Anerkennung eines „Existenzrechts Israels“ aus. Berühmt wurde Buchholz als sie die Bombenangriffe der US Air Force gegen den IS verurteilte, die damals die kurdischen Kämpfer vor dem sicheren Untergang retteten (Stefan Laurin / Bomben und Buchholz). An anderer Stelle verteidigte sie die Mavi Mamara Aktion und die diese Propaganda-Aktion organisierende islamistische Organisation IHH als Hilfsorganisation (Buchholz / Free Gaza Bewegung). Bei der Rede Shimon Peres, anlässlich des Tages des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, verweigerte sie mit anderen ihrer ParteigenossInnen dem Ehrengast des Bundestages den Respekt, indem sie sich nicht, wie üblich bei solchen Ereignissen, vom Stuhl erhob. Ihre Haltung gegenüber Peres begründete sie wie folgt: Die Rede sei eine ideologische Aufrüstung für eine neue Runde von Kriegen im Nahen Osten (Buchholz / Kriegsvorbereitungen).

Mit Joachim Guilliard ist zum wiederholten Male ein weiterer Vertreter eingeladen, der auch terroristische Aktionen zum legitimen Widerstand erklärt. In einem Interview aus dem Jahr 2003 erklärte er: „Widerstand, auch militärische Aktionen gegen die Besatzer, ist selbstverständlich legitim. Das hat mit Terrorismus im engeren Sinne nichts zu tun. […] Ich denke, wenn man den Widerstand unterstützt, würde ich natürlich niemand vorschreiben, mit wem er dann zusammenarbeitet. Also, ich würde es auch unterstützen, wenn die Patriotische Allianz mit Baathisten zusammenarbeitet.“ (haGalil.com / Spenden für den Terror) Guilliard wurde mit der Kampagne 10,00 € für das irakische Volk im Widerstand in Verbindung gebracht. 2012 sprach auch er sich für Verhandlungen mit der Hamas aus. Den Terrorismus der Hamas erklärt er als Reaktion „auf terroristische Gewalt aus Israel“ und ist der Auffassung, man solle der „Hamas-feindlichen Propaganda“ entgegentreten. Zu den antisemitischen Passagen der Charta der Hamas, die sich z.B. auf die „Protokolle der Weisen von Zion“ beruft3, erklärt er, „die Passagen, die als antisemitisch gewertet werden, werden dabei aber rein am europäischen Diskurs gemessen. Den für den europäischen Antisemitismus wesentlichen Rassismus findet man jedoch bei der Hamas nicht.“ (Guilliard / Israels Krieg gegen die Bevölkerung)

Rolf Gössner gehört dem Vorstand der Internationalen Liga für Menschenrechte (IlfM) an. Diese Organisation verlieh im Jahr 2008 eine Medaille an das Bürgerkomitee des Dorfes Bil’in und an die Organisation „Anarchists Against the Wall“ für ihr Engagement in Nahost. Die „Anarchist against the Wall“ (Mümken / Antisemit. Das geht nicht unter Menschen) beschuldigen den Staat Israel regelmäßig, ein Apartheidstaat zu sein und ob die Bewohner des Dorfes Bil’in als Apostel der Gewaltfreiheit gelten, dürfte auch zu bezweifeln sein. Sie stehen eher für einen Teil einer propagandistischen Gesamtstrategie, die auch als Pallywood bezeichnet werden kann. Rolf Gössner ist Preisträger des Kölner Karls-Preises, der notorisch antizionistischen und israelfeindlichen Internetzeitung „Neue Rheinischen Zeitung“. (Karlspreis 2012)

Sabine Schiffer gilt als unermüdliche Kämpferin gegen „Islamophobie“. Alex Feuerherd fasst ihre propagandistische Tätigkeit wie folgt treffend zusammen: „Einen Eimer Verschwörungstheorie hier, einen Bottich „Israelkritik“ da, und das Ganze überreichlich gewürzt mit einem Antiimperialismus und einer Islamophilie, die konsequenterweise in der Verharmlosung des iranischen Regimes und seines Atomprogramms kulminieren.“ Sabine Schiffer führt ein Institut, das sich der Medienverantwortung widmet. Was sie darunter zu verstehen scheint, kann man aus einem Artikel erfahren, der mit „Es herrscht Pogromstimmung“ überschrieben ist. Darin unterstellte sie u.a. „nicht wenigen jüdischen Organisationen, dass sie mit der Verbreitung des antiislamischen Rassismus im Sinne Israels handeln würden.“ Sie gab später zu, „[…] ich [kann] gar nicht belegen, ob die Richtung, die ich dem Wirken des antiislamischen Spins gebe, so stimmt – aber da ich ja viel von Muslimen rezipiert werde, habe ich das einfach – strategisch – so beschlossen.“ (Alex Feuerherd / Propaganda)

Sabine Schiffer, Norman Peach, Joachim Guillard und Mohssen Massarrat sind alle Autoren des schon erwähnten hardcore-antizionistischen Internetportals „Neue Rheinische Zeitung“. Schiffer und Massarrat sind außerdem Interviewpartner des einschlägigen Querfrontsenders „KenFM„. Und der im Folgenden aufgeführte Werner Ruf wird als Mitglied des Beirats der ominösen Internetseite „Rubikon News“ genannt.

Auch lokale Größen sind auf dem Friedensratschlag vertreten. So der unvermeidliche Werner Ruf, der mal nicht im Café Buchoase auftritt, sondern erneut in den Räumen der Kasseler Universität. Werner Ruf befand schon einmal folgendes über den islamistischen Terrorismus: „Doch Terror dieser Art kann weder die Dominanz der USA oder ‚des Westens‘ noch das herrschende System existenziell gefährden. Gegenüber der aus diesem System resultierenden ökologischen Bedrohung des Planeten ist er vergleichsweise geradezu irrelevant.“ (Ruf / Standpunkte) Nicht fehlen darf die Kasseler lokalpolitische Größe der Partei „Die Linke“ und Mitarbeiter der Rosa Luxemburg Stiftung, Murat Cakir. Dieser befand über den Beschluss der Bundestagsfraktion der Partei „Die Linke“, indem es u.a. heißt: „Insbesondere diese Verantwortung verpflichtet auch uns, für das Existenzrecht Israels einzutreten“, dieser sei der dümmste Beschluss in der Geschichte der Fraktion dieser Partei. Nicht etwa weil der Begriff „Existenzrecht Israels“ tatsächlich seltsam ist, sondern weil er findet, die Partei müsse über die antisemitische Boykottorganisation BDS reden, weil er die Bootsfahrer der Mavi Marmara gegen den Vorwurf, Antisemiten zu sein, verteidigen möchte und weil er die Abschaffung des jüdischen Staates Israel für diskussionswürdig hält (Cakir / Meinungsdiktat).

Vielen Referenten des Friedensratschlages vertreten eine Doppelmoral hinsichtlich ihrer Kritik an der Gewalt im Allgemeinen und in Bezug auf Israel im Besonderen. So wird einerseits Israel mit Vehemenz verurteilt, wenn es die Pflicht eines jeden Staates wahrnimmt, seine Bürger gegen terroristische Angriffe zu verteidigen und es werden andererseits die Terroranschläge der palästinensischen Banden immer wieder als legitime Widerstandsaktionen gerechtfertigt. Dass diese und andere Gewaltausbrüche palästinensischer Aktivisten als Aktionen Verzweifelter verteidigt oder sogar offen mit Rat und Tat unterstützt werden, ist typisch für das antisemitische Weltbild der Antizionisten, das die Ursache antisemitisch motivierter Gewalttaten beim Juden, resp. beim jüdischen Staat sucht. Es sind hier nicht alle Referenten des Ratschlages aufgeführt. Was sich aber sagen lässt ist, dass die Veranstalter keine Berührungsängste mit Personen haben, die entweder die antisemitische BDS-Kampagne  direkt unterstützen oder diese zumindest für Diskussionswürdig halten und die zum Teil dem Querfrontspektrum und Verschwörungstheoretikern nahe stehen. Der Friedensratschlag entpuppt sich bei näherem Hinsehen als Plattform für Antizionisten, Israelkritiker und Antisemiten. Dieser Umstand ist hinlänglich bekannt und wird von den Veranstaltern auch gar nicht groß verheimlicht, so findet der gemütliche Abend („Smalltalk“) im einschlägigen Café Buchoase statt.

Sich darüber zu erregen ist freilich so überflüssig, wie sich im November über das Wetter zu beklagen oder im Schweinestall über den üblen Geruch. Wenn jedoch den politischen Vertretern des politischen Wahns in den Räumen der Universität Kassel die Möglichkeit geboten wird, ihre Weltanschauung zu verbreiten, wird das Leitbild einer sich selbst gerne als weltoffen präsentierenden Universität mit Füßen getreten. „Denken und Handeln an der Universität Kassel sind gekennzeichnet durch Offenheit gegenüber Problemen und Herausforderungen in Gesellschaft und Natur“ heißt es dort. (Leitbild der Universität Kassel, 2007) Antisemitismus ist allerdings das genaue Gegenteil von Denken in Offenheit, sondern eine in sich abgeschlossene wahnhafte Weltanschauung.

bga kassel

Wahnfrieden in Wanfried

Lieberknecht heißt er, und lieber Knecht unter der Knute des Zaren will er auch sein, als sich mit den Glücksversprechen des Kapitalismus und der bürgerlichen Demokratie sowie der Frage, warum diese niemals vollständig eingelöst werden, auseinander setzen zu müssen. Aus Wanfried kommt er, und in seinem Tun geht es denn auch um Wahn und Frieden.

Somit gehörte Wolfgang Lieberknecht zum kleinen, aber lautstarken Grüppchen der Wahnwichtel und Blechhüte, die um die Jahreswende 2014/15 den deutschen Friedenswinter ausgerufen haben.

Bekanntlich ist der nicht so gut gelaufen, da die etwa zur selben Zeit die Pe-, Le-, Ka- und sonstigen -gidas aufgekommen sind und das Potential derer, welche bereit waren, für Putin auf die Straße zu gehen, absorbiert haben. Anscheinend war es für den größten Teil dieser Klientel doch attraktiver, den eigenen Rassismus offen auszuleben, an Stelle sich um des – wortwörtlich – lieben Friedens willen in Wortwahl und Habitus an die Veteranen der Friedensbewegung des kalten Krieges anzupassen und auf diesem Wege auch für seriöse Partner in der Politik, den Gewerkschaften oder in der akademischen Friedens- und Konfliktforschung anschlussfähig zu werden.

Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben, und da der Wahn in Wanfried noch keinen Frieden gefunden hatte, gründete Lieberknecht einen von ihm ein als „Think Tank“ – kleiner hat er es nicht – bezeichnetes „Friedenszentrum“ in seiner Heimatstadt, das er – wahrscheinlich ganz ohne Ironie – „Demokratische Werkstatt Wanfried“ (DWW) nannte.

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König Zauselbart vor dem Zeugungsakt

Dort darf zum Beispiel Kai Ehlers, ein Anhänger des Neoeurasianismus, erfunden vom notorisch rechten postmodernen Zauselbart und Dampfplauderer Alexander Dugin (der böse Zwilling des notorisch linken postmodernen Zauselbarts und Dampfplauderers Slavoj Zizek) darüber berichten, wie er das Nibelungenlied aus dem Tschuwaschischen Original ins Deutsche übersetzt hat. Trotzt des kleinen Rückschlags auf den katalaunischen Feldern und der bedauerlichen Tatsache, dass es mit Kriemhild und Etzel letzten Endes eher suboptimal gelaufen ist, wird in Wanfried fleißig weiter am eurasischen Imperium gearbeitet, das dem dekadenten Westen dereinst endgültig den Garaus machen soll.

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Kein Spitz wie Nachbars Lumpi: Der Eurasier

Eine Meinung zu Israel hat man im Wanfrieder Friedensthinktank natürlich auch, aber keine eigene, sondern praktischer Weise gleich die des unvermeidlichen Noam „Pycelle“ Chomsky, der sich dort darüber auslassen darf, Israel plane nicht nur den Atomkrieg gegen den Iran, sondern sei durch seine U-Boote auch an der Flüchtlingskrise schuld. Das U-Boot ist in der Kanalisation von Homs und Aleppo ja auch bestimmt eine wirksame Waffe.

Auch andere Koniferen wie Charles Enderlin, Urheber der inzwischen gerichtsnotorischen Mohammed-al-Durrah Kolportage, kommen gern und viel zu Wort. Über all dies wäre eigentlich in Kasseler Zusammenhängen kein weiteres Wort zu verlieren, auch wenn Lieberknecht schon zusammen mit anderen einschlägig bekannten Größen aus der Blechhutszene wie Ken Jebsen und Lars vom Mars schon in Kassel aufgetreten ist, wenn es der DWW nicht gelungen wäre, die Bürgermeister der Nachbarstädte Treffurt und Wanfried davon zu überzeugen, am 08.09.2016 einen Friedensmarsch über die ehemalige Zonengrenze hinweg zu veranstalten.

Der DWW ist also im lokal begrenzten Maßstab das gelungen, woran der Friedenswinter seinerzeit noch gescheitert ist: Sie hat honorige Provinzpolitiker, die höchstwahrscheinlich weder an Echsenmenschen noch an Chemtrails glauben, für ihre Ziele gewinnen können.

Das Bemerkenswerte am diesjährigen Antikriegstag war weniger der Basteleifer (das Basteln scheint eine Passion der Friedensbewegten zu sein) des Nachwuchses als die positiven Bezüge auf die Wahnwichtel aus Wanfried.

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Der Kasseler Friedenssratschlag hat den Wanfrieder Wahnfriedensmarsch in seiner Veranstaltung zum Antikriegstag am 01.09. sowohl verbal als auch mit Flugblättern heftig beworben. Mit der Sicherheitsdistanz zu den Blechhüten, die der Friedensratschlag zunächst noch bewahrt hatte, ist es somit endgültig vorbei. Dass hier vor einem überwiegend kurdischen (!) Publikum – das mutmaßlich von den Hintergründen nicht allzu viel gewusst haben dürfte, sonst wäre die Friedensdemo recht unfriedlich geendet – mit den grauen Wölfen das Lied vom Ergenekontal geheult wurde, beweist einmal mehr, das für das Kasseler Friedensforum längst alle Schamgrenzen gefallen sind.

(jh)