Das Fastenbrechen an der Uni Kassel und der Antisemitismus seiner Sponsoren

(6. Juni 2018)

Zum diesjährigen Fastenbrechen richtete die Vizepräsidentin der Uni Kassel, Frau Prof. Ute Clement, ein Grußwort aus. Die Muslimische Hochschulgemeinde Kassel (MHG) richtete dieses Jahr schon das dritte Fastenbrechen an der Uni Kassel aus. Die MHG steht der Milli Görüs1 nahe und da verwundert es, dass solche Veranstaltungen in den Räumen einer öffentlichen Institution stattfinden, deren Verwaltung von demokratischen Gremien kontrolliert wird und dass sich eine Repräsentantin der Uni Kassel den Organisatoren gegenüber erkenntlich zeigt.

Schauen wir uns die Unterstützer der Veranstaltung näher an. In Vergangenheit wurde dieses Fest von der Organisation Islamic Relief gesponsert, einer mehr als dubiosen Organisation, wie die Beobachterin der islamistischen Szene in Deutschland, Sigrid Hermann-Marschall, festgestellt hat.2 Dieses Jahr trat als Sponsor eine Organisation auf, die sich Selaam e.V. nennt, die, zunächst ganz unverdächtig, Bedürftige mit Rollstühlen unterstützt. Der Vorsitzende des Vereins Selaam heißt Idris Aliu. Über seine Gesinnung macht dieser Herr kein Hehl und auch der Verein macht kein Geheimnis daraus, dass er mit Islamic Relief kooperiert.3

Der Vorsitzende des Vereins Selaam e.V. Idris Aliu, der von der MHG als „starke Persönlichkeit“ gepriesen wird, stellt während des Fastenbrechens seinen Verein vor.

Aliu beweist sich nicht nur als „starke Persönlichkeit“, wie ihn die MHG stolz anpreist, sondern als überzeugter Israelhasser und als Freund der Muslimbrüder. Die Startseite seiner Facebook-Präsenz ziert u.a. das R4bia-Zeichen der Muslimbrüder.4

Alius Startseite auf Facebook mit R4bia und Erdogan

Er postete am 01. April 2018 ein Bildnis von Möllemann, indem dieser mit dem Zitat gezeigt wird „Wer andere Leute Länder besetzt, muss wissen, dass die sich wehren […]“. Der Post ist unterschrieben mit „Der hat die Wahrheit die er aussprach mit seinem Leben bezahlt“. Antisemitismus ist das Gerücht über die Juden, führte einmal Theodor W. Adorno aus.5 Am 20. Mai 2018 postete Aliu ein Bild, das Auschwitz mit den Zuständen im Gaza in vergleichender Weise als ähnlich gegenüberstellt. Weil hier suggeriert wird, dass Israel für eben diese behauptete Situation verantwortlich ist, wird der Tatbestand der Dämonisierung6 Israels erfüllt. Am 22. Mai 2018 lud er das Video des Kopp-Verlages7 „Israel hat absichtlich Kinder getötet“ hoch. Neben der auf Israel übertragenen klar antisemitischen Konnotation des Juden und des Mordes an Kindern ist auch hier der Tatbestand der Dämonisierung Israels erfüllt. Am 24. Mai 2018 lud er ein Video hoch, in dem der antizionistische Aktivist Norman Finkelstein erklärt, dass „die Kinder Gazas durch Israel dem langsamen Tod“ durch vergiftetes Wasser ausgesetzt sind. Damit bediente Aliu die antisemitische Legende vom Juden als Brunnenvergifter.8 Am 5. Juni 2018 lud er sowohl eine Fotokollage Finkelsteins hoch, die verschiedene Persönlichkeiten unter dem Logo „Free Palestine“ zeigt, die mit Israel diskreditierenden Parolen zitiert werden sowie ein Bild, dass die Umrisse Israels, des Gaza und der Westbank zeigt und das überschrieben ist mit „Das Leben in Palästina“. Es ist ein Bild der stramm islamistischen Gruppe „Generation Islam“.9 Unschwer ist zu erkennen wer daran schuld sein soll, dass z. B. angeblich 2 Millionen Menschen sich nicht frei bewegen dürfen. Die Tatbestände der Delegetimierung und Dämonisierung Israels sind erfüllt.

Aliu postet ein antisemitisches Video des Kopp-Verlages

Die Gruppe „Generation Islam“ hat am 18. Mai ein Propaganda-Video veröffentlicht, das Israel nicht beim Namen nennt, sondern als Apartheidsregime, als zionistisches Besatzungsregime und als Unrechtsregime bezeichnet, das die Gleichsetzungen Israels mit dem deutschen Naziregime in vergleichender Weise als ähnlich gegenüberstellt, das die terroristischen Aktionen der Aktivisten aus dem Gaza an der Grenze zu Israel als legitime Heldentaten verklärt und Israel jede Berechtigung zur Selbstverteidigung gegen diese Aktionen abspricht. Im Video wird schließlich die Frage, ob Israel weitere 70 Jahre bestehen soll, eindeutig beantwortet. Dieses Video erfüllt unschwer erkennbar alle drei Tatbestände des Drei-D-Test. Dieses Video postete Aliu am 19. Mai 2018. Auch in anderen Fragen zeigt Aliu seltsame Präferenzen. Am 10. April verlinkt er einen Artikel, in dem behauptet wird, der Anschlag auf das World-Trade-Center sei eine kontrollierte Sprengung gewesen. Am 2. Juni 2018 lädt er sowohl ein Video des dubiosen Christoph Hörstel hoch, der behauptet, dass Erdogan für Freiheit, Frieden und Wohlergehen kämpfe, sowie ein illustriertes, Demokratie verächtlich machendes Zitat des einschlägigen Hagen Rether.10

Aliu postet ein antisemitisches Video der islamistischen Gruppe „Generation Islam“

Der Verein Selaam e.V. hat nicht nur das Fastenbrechen der Muslimischen Hochschulgruppe unterstützt, er ist am 24. Juni 2017 in der Salafisten nahestehenden Al Huda Moschee in Kassel aufgetreten und hat offensichtlich Verbindungen mit dem gleichermaßen beleumundeten Islamischen Zentrum Kassel,11 wo er sich am 21. Mai 2018 präsentieren durfte.

Selaam e.V. in der salafistischen Al-Huda Moschee in Kassel

1 Recherche Gruppe: Gruppe „Frischer Wind“ an der Hochschule – Sammelbecken für türkisch-nationalistische IslamistInnen.

2 Zu dieser Organisation, vgl. den Tag „Islamic Relief“. In: Vorwärts und nicht Vergessen. Islamismus und Gesellschaft.

3 Vgl. dazu die Startseite des Vereins: http://dev.selaam.org/

4 Das R4bia-Zeichen wurde zunächst bei den von der Muslimbruderschaft stark beeinflussten Protesten gegen den ägyptischen Autokraten Hosni Mubarak verwendet und ist von Aliu auch in diesem Zusammenhang gepostet worden. Die Wissenschaftlerin Cilja Harders, Leiterin der Arbeitsstelle Politik des Vorderen Orients an der FU Berlin formuliert, dass das Zeichen „de facto als Solidaritätsbekundung für die Muslimbrüder verstanden wird, in Ägypten zumindest.“ Es wird auch über diesen engen Zusammenhang hinaus benutzt. Dazu: R4BIA – Zeichen hat Bedeutungserweiterung erfahren, in: prenzlauerberg nachrichten, 15. Januar 2014.

5 Indem hier Möllemanns Tod mit seinem Engagement gegen die israelische „Besatzungspolitik“ in einen Zusammenhang gebracht wird, bedient die Illustration Gerüchte einschlägiger Kreise über gemutmaßte Tötungsabsichten. Möllemann hatte Selbstmord begangen.

6 Nathan Sharansky hat den sogenannten „Drei-D-Test“ formuliert. Anhand diesem kann nachvollzogen werden, wann „Israelkritik“ als antisemitisch zu bezeichnen ist. (Natan Sharansky / Antisemitismus in 3-D). Dieser Drei-D-Test hat die Arbeitsdefinition für Antisemitismus, die die Europäische Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (EUMC) 2005 beschloss, beeinflusst.

7 Der Kopp Verlag ist ein deutscher Verlag und eine Versandbuchhandlung. Das Verlagsprogramm beinhaltet vor allem Bücher aus den Bereichen Esoterik, Verschwörungstheorien, Ufologie, aber auch Alternativmedizin und Pseudowissenschaften. Angeboten werden auch Werke von bekannten Antisemiten oder Propagandisten brauner Esoterik. (Psiram / KoppVerlag)

8 (Robert Schlickewitz / „Brunnenvergiftungslegenden“)

9 „Generation Islam“ ist ein islamistisches Portal, das nach Einschätzung der Szenekennerin Hermann-Marschall der Hizb ut Tahrir-nah nahe steht. Vgl., „Generation Islam: Kampfaufruf über 200.000 mal angeklickt“, in: Vorwärts und nicht vergessen. Islamismus und Gesellschaft, 6. März 2018.

10 (Alex Feuerherd / Der Jürgen Klopp der deutschen Ideologie)

11 Vgl. hierzu den kurzen Überblick bei regiowiki.hna

(jd)

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Reminiszenzen zur Kollaboration mit der Faschoislam-Connection in Kassel

(13. August 2017)

Verschiedentlich ist ausgeführt worden, dass es ideologische Affinitäten von Faschismus und Islamismus gibt. (Thomas Osten-Sacken, Matthias Küntzel, Hamed Abdel Samad u.a.) Dann sei hier darauf verwiesen, dass die wohlfeile Trennung von Islam und Islamismus falsch ist. Islamismus ist gemeinhin der Begriff für politischen Islam, was aber ein Pleonasmus ist, weil der Islam im Gegensatz zum Christentum (und zur jüdischen Religion) explizit einen Anspruch auf die weltliche Herrschaft formuliert und dieser Herrschaftsanspruch ist durchweg reaktionär. Zwar gibt es auch von der Weltlichkeit abgekehrte Muslime, wie z.B. einige Sufisten auch einige liberale Muslime, die die totalitären politisch-gesellschaftlichen Ansprüche des Islam zurückweisen. Dennoch, der Islam wird von seinen Anhängern gelebt und es liegt in der Natur der Sache, dass beide genannte Spielarten der Interpretationen des Islam keine oder nur eine marginale Rolle spielen. Deswegen ist es so, dass zwar nicht jeder Muslim ein potentieller Demokratieverächter, Reaktionär, Frauenfeind oder gar Terrorist ist, dass aber die, die „im Namen des Islam“ morden oder ein reaktionäres Weltbild verbreiten natürlich auch Muslime sind. Und angesichts eines weiteren gern vorgebrachten Einwands, es gibt auch Anhänger anderer Religionen, die mit einem totalitär politischen Anspruch, einen Gottesstaat zu errichten, daherkommen. Doch anders als beim Islam können diese nicht als Hauptströmung betrachtet werden, zumindest nicht im Falle des Christen- und Judentums.

Der oben genannten Affinität steht dem Anschein nach die, von rechten und rechtspopulistischen Gruppen formulierte „Kritik“ am Islam entgegen. Doch beim näheren Hinsehen entpuppt sich diese Kritik am Islam überwiegend als Produktion eines kulturalistisch geprägten xenophoben Feindbildes oder ist Ausdruck eines Neids auf Opferbereitschaft, Gemeinschaftssinn und politische Schlagkraft, was aber nicht heißt, dass alles von der Hand zu weisen oder Ausdruck von Fremdenhass oder Rassismus ist, was im sehr heterogenen politischen Spektrum des sogenannten Rechtspopulismus gegen die Zumutungen des Islam formuliert wird. Das um so mehr, als eine Kritik am Islam von links heute so gut wie nicht stattfindet. Im Gegenteil: Politisch mehr oder weniger sich als links verstehende Gruppen, Parteien und Verbände halten (sich) Augen und Ohren zu, wenn es um das Thema Islam geht oder sie kollaborieren gleich mit dem Islam und stimmen das Lied vom „antimuslimischen Rassismus“ an, um eben jene zu diskreditieren, die die Werte von der Freiheit des Individuums, der Emanzipation der Frau und von Recht und Demokratie gegen den islamischen Totalitarismus verteidigen. Das ist nicht nur in Europa und Deutschland so, sondern Gang und Gäbe in Kassel.

Ben Hilgen auf einer Veranstaltung der DITIB. Der gleiche Hilgen, der aufgrund eines AfD-Standes den Besuch auf der Frühjahrsmesse absagte. (Vgl. HNA 16.02.2017)

Das fängt in dieser Stadt mit der SPD und Sultan Ben Hilgen an und hört mit jenen auf, die in pawlowscher Manie Rassismus oder Faschismus (oder im akademischen Jargon „antimuslimischer Rassismus“) rufen, wenn es mal wieder darum geht im Namen des Dialoges, des Respekts und der Integration den Islam vor notwendiger Kritik abzuschirmen, mit den sich auf ihn berufenen Organisationen zusammenzuarbeiten, zu dialogisieren oder dafür zu sorgen, dass der islamischen Propaganda Raum gegeben wird. (vgl.: Unrat der Religionen – Der Kasseler Aufruf zum Märtyrertod)

Zum Thema institutionalisierter interreligiöser Dialog ist das Wesentliche hier schon gesagt worden. Hinter dem dort für die muslimischen Gemeinden platzierten Dialogaugust Mahmut Eryilmaz tummeln sich in Kassel Gruppierungen, wie der Spionageverein des türkischen AKP-Staates DITIB und die islamofaschistische und antisemitische Milli Görüs. Im Umfeld beider agieren wie weiland die Harzburger Front die Auslandsorganisation der islamisitischen AKP die UETD, die ATIP und die ebenfalls islamofaschistische BBP. Obwohl diese Gruppierungen sich in der Vergangenheit nicht immer grün waren, stehen sie heute mehr oder weniger zusammen. Zuletzt manifestierte sich dies im Zusammenhang mit dem Putschversuch in der Türkei und im auch in Deutschland geführten Wahlkampf zur Volksabstimmung in der Türkei in dem auch deutlich wurde, dass eine Verbundenheit zu den Muslimbrüdern existiert.

Zu den Umtrieben des Milli-Görüs Ablegers MHG und seiner Tarnorganisation „Frischer Wind“ in der StuPa der Uni Kassel sei auf einen früheren Text von uns (MHG an der Uni Kassel) und auf einen aktuelleren der Kasseler Hochschulgruppe „Unabhängige Linke Liste LiLi“ verwiesen. Der Abgrund der Unterwerfung und Kollaboration sowie der Verrat an dem was man als links oder der Aufklärung verpflichtet bezeichnen möchte, zeigt sich, wenn es der mit Islamic Relief zusammenarbeitenden MHG ermöglicht wurde, öffentliche Räume wie zum Beispiel die Zentralmensa für ihr Fastenbrechen zu nutzen, das Gebetsräume an der Uni Kassel eingerichtet wurden und wie jüngst, wenn das Fastenbrechen von sich als links wähnenden Gruppen wie zum Beispiel „No One is Illegal 2017“ im Kasseler Nordstadtpark begangen wird. Vor einigen Jahren machte eine Gruppe in in den Sozialen Netzwerken mit einer mutigen Aktion Furore. Sie nennt sich my stealthy freedom. Die Gegenseite hat längst zur Offensive in den Sozialen Netzwerken geblasen und ihre Bündnispartner auch in Kassel gefunden.

Die sich progressiv gebende Lara Kannappel, Aktivistin der Jusos und Sachbearbeiterin am Referat Antidiskriminierung des AstA der Uni Kassel, hat sich die Ehre gegeben, den Hijabträgerinnen ihre Gefolgschaft (und die der Jusos gleich mit) anzudienen.

Aber auch im Zusammenhang der Ermordung Halit Yozgats in Kassel gibt es eigenartige Verbindungen und Bündnisse. Die Frankfurter Rundschau führte am 17.12.2016 aus (FR / Temme führte V-Männer), dass der V-Mann-Führer Kleinadolf aus Hofgeismar nicht nur deutsche Nazis im Portefeuille führte, sondern auch Islamisten und andere Figuren, die dem „Ausländerextremismus“ zuzurechnen sind. Auch dieses könnte ein Grund dafür gewesen sein, dass er sich zum Zeitpunkt des Mordes in Halit Yozgats Laden aufhielt und als die polizeilichen Ermittlungen durchgeführt wurden, sich unkooperativ verhielt und / oder ihm ein geheimdienstlicher Maulkorb verpasst wurde. Dass Halit Yozgat eben diesem Spektrum zugehört hat oder mindestens mit Aktivisten der Grauen Wölfe freundschaftliche Kontakte hatte, ist in Kassel ein offenes Geheimnis, dass er vielleicht ein V-Mann Temmes war, eine Möglichkeit unter vielen.

Es ist auch (nicht nur) von von uns schon angemerkt worden, dass die Gedenkveranstaltungen für das Mordopfer Halit Yozgat den Satrapen der Milli Görüs, der Grauen Wölfe, der UETD und der DITIB als Plattform für ihre öffentliche Auftritte dienen. Auf den Kundgebungen sprechen nicht nur Erdogan-Gesandte wie 2016 der Konsul Mustafa Celik und der UETB-Mann Kamil Saygin (besser bekannt als Vorsitzender des Ausländbeirates Kassel) und wie 2017 der Konsul der Türkei Burak Kararti, der keine Berührungsängste mit den grauen Wölfen und anderen islamfaschistischen Gruppierungen hat (Die Linke / Generalkonsul Karati), sondern Milli-Görüs-Aktivisten und Graue Wölfe fungierten auf den Gendenkveranstaltungen als Ordner. Die Gedenkaufmärsche starteten aus der DITIB-Moschee im Westring, einer Örtlichkeit in der Frauen den Seiteneingang benutzen müssen. Die Zusammenarbeit mit Milli Görüs und Grauen Wölfen ist freilich kein Alleinstellungsmerkmal des offiziösen Antifaschismus der Stadt Kassel, sondern diese Bündnisse werden immer wieder auch von den Kasseler Friedens- und Palästinafreunden eingegangen.

Es liegt auf der Hand, dass das mörderische Agieren des NSU eine Gefahr für die Demokratie war und Nazis es auch heute sind, eine Gefahr, die sich besonders als eine potentiell tödliche für (vermeintliche oder tatsächliche) Migranten erwies. Dass dies keine neue Entwicklung ist, sondern eine lange Tradition in Deutschland darstellt, zeigt, wie hilflos der offiziöse Antifaschismus ist, der eher eine Institution für den guten Ruf Deutschlands, denn eine der wirksamen Bekämpfung des Rechtsextremismus ist. Angesichts der globalen Bedeutung des Islamfaschismus erweist sich der Antifaschismus und -rassismus zudem auch noch dann als anachronistischer Popanz, wenn er sich mangels echter Nazis an der AfD austobt und im Islam aber entweder keinen Gegner kennt, ihn zum schützenswerten Kulturgut auslobt oder ihn sogar zum auserkorenen Bündnispartner erklärt.

Auch wenn eingangs erwähnt wurde, dass es Affinitäten von Rechtsextremismus und Islam gibt: Die NSU-Terroristen haben mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zum einen nicht gemutmaßt, dass Yozgat vielleicht selbst mit faschistischem Gedankengut geliebäugelt hat, und hätten sie es gewusst, zum anderen wahrscheinlich auch keine Rücksicht auf diesen Umstand genommen. Halit Yozgat, egal welcher Ideologie er anhing, war Opfer rassistisch motivierten Terrors. Aber ob der Name Halit Yozgat dafür taugt, ein Zeichen gegen Rechtsextremismus zu setzten, oder ob er als Identifikationsobjekt eines zeitgemäß adäquaten Antifaschismus dienen kann, soll hier bezweifelt werden. Der Name steht viel mehr für die allgemeine Blindheit und Impotenz des Antifaschismus von heute. Nicht nur die Haltestelle, die vorher nach dem tatsächlich antifaschistisch agierenden Philipp Scheidemann benannt wurde, wird jetzt nach einer Person benannt, die mit den islamofaschistischen Organisationen der türkisch rechten Szene zu tun hatte.
(jd)

MHG an der Uni Kassel, Elektrosmog und die Nähe zur Milli Görüs

Die Muslimische Hochschulgemeinde (MHG) lädt zu Vorträgen an die Uni Kassel
(letztes update 12.03.2017)

In Kassel existiert eine Hochschulgruppe, die sich Muslimische Hochschulgemeinde (MHG) nennt. Angeführt wird sie von dem Pierre-Vogel-Look-Alike Caglar Öztürk. Caglar Öztürk scheint der islamfaschistischen Gruppierung IGMG (= Milli GÖRÜS)* mindestens nahezustehen. Der hessische Verfassungsschutz stuft die IGMG als Organisation ein, die die „freiheitlich demokratische Grundordnung“ abschaffen will. Diverse Postings der IGMG und sowohl über als auch vom (mittlerweile verblichenen) Anführer der IGMG und Antisemiten Necmettin Erbacan werden von Öztürk auf seinem Facebook-Account verbreitet. Öztürk sitzt für die „Gemeinschaft (G) 2000“ im Ausländerbeirat Kassel. Öztürks Kandidatur im Ausländerbeirat und der Gruppe „Gemeinschaft 2000“ ist von der Milli Görüs beworben worden. Öztürk ist regelmäßig Gast in der Milli Görüs-Moschee.

Die MHG arbeitet wie es scheint auch mit Aktivisten aus dem Umfeld der Lieskampagne zusammen. Am 15.02.2017 fand eine Mitgliederversammlung der MHG in den Räumen der Uni statt. Zugegen war nicht nur der Redner der die Sharia kompatibel mit dem Grundgesetz hält (dazu weiter unten) sondern auch ein Aktivist aus der mittlerweile verbotenen Lieskampagne des Ibrahim Abou-Nagie.

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Am Liesstand links mit Kappe und bei der MHG-Mitgliederversammlung (rechtes Bild) links vor dem Fenster (hier ohne Mütze) einer der führenden MHG-Aktivisten

 

Die MHG trat mit Öztürk als Spitzenkandidat zudem bei den Hochschulwahlen an, konnte aber nicht genug Stimmen auf sich vereinigen, um in das Studentenparlament einzuziehen. Trotz alledem geht von der Gruppe ein reges Engagement aus, Vorträge zu organisieren. Die MHG erregt komischerweise nicht die Aufmerksamkeit derjenigen, die sonst jede rechtspopulistische Gruppierung mit missionarischem Eifer beobachten oder bekämpfen. Dabei könnte schon über das Selbstverständnis dieser Gruppe gestolpert werden. Dieses umfasst einen „kulturellen Dialog“, einen Gegenentwurf zur „Islamophobie“ und die klare Forderungen nach Gebetsräumen in der Universität Kassel. Mitmachen können Menschen, die „muslimisch, motiviert, engagiert, und gemeinnützig“ sind. Gemeinnützig sind Vereine, als Attribut für eine Gesinnung kennt man den Begriff aber aus anderen Zusammenhängen.

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Links: Caglar Öztürk bei einer Aktion der Milli Görüs Kassel. Rechts: Eines der vielen Postings auf der FB-Seite Öztürks

Die MHG ist mit einigen Veranstaltungen an der Uni in Erscheinung getreten. Die Veranstaltungen stießen auf keinerlei Widerspruch, wie es verdientermaßen etwa die Personen erfahren, die in Bezug auf die Kasseler Soziologieprofessorin Elisabeth Tuider gegen „Frühsexualisierung“ und „Genderwahn“** pöbeln, oder die gleich mit professoraler Weihe in das Horn der Maskulisten blasen (vgl.: Professor gegen Genderforschung). Zugegeben, auch in unseren Reihen fanden die Aktivitäten der nach außen hin anscheinend „nur religiös“ agierenden Hochschulgruppe kaum Beachtung. Zwei Veranstaltungen statten unsere MitstreiterInnen jedoch einen Besuch ab, sie machten sich Notizen und Gedanken, die in diesen Artikel eingeflossen sind.

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Der Aktivist vom Liesstand und Öztürk, der der Milli Görüs nahesteht, auf der Propagandaveranstaltung der Islamic Relief „Speisen für Waisen“ an der Uni Kassel

Über den Wald und das Grundgesetz

Aufmerksamkeit hätte der bereits am 19. Mai 2016 stattfindende Vortrag von Mehmet Osman Gülyesil „Ist der Islam mit dem Grundgesetz vereinbar?“ wecken können. Beachtenswert im Rahmen des Vortrages war dessen Interpretation des Begriffs „Religionsfreiheit“. Diese besteht für Gülyesil nicht darin, dass es jedem Individuum frei gestellt ist, ob es sich, und falls ja zu welcher, Religion bekennt – Nein Religionsfreiheit sei der grundgesetzlich verankerte Schutz der Religion. Dann führte er im Folgenden aus, dass es in Deutschland keineswegs einen Laizismus gebe (Religion sei eben nicht nur Privatsache – womit der Referent leider Recht hat), sondern den Religionsverbänden käme ein privilegierter Status zu. Dieser habe gleichermaßen für den Islam zu gelten, denn und hier wurde es tricky, den Muslimen stünden die gleichen Rechte zu, wie den anderen Bürgern Deutschlands, als hätte das jemand jemals bestritten. Aber darum ging es dem Referenten nicht. Viele stören sich daran, wenn von dem Islam gesprochen wird und dieser Gegenstand der Kritik sei. Dies sei eine essentialistische Konstruktion und eine Zuschreibung die die Anderen von einem Wir abgrenzten. Gülyesil erklärte jedoch ganz unbekümmert die Muslime zum Kollektiv. Mit den Muslimen verhalte es sich zum Islam, wie mit den Bäumen zum Wald, man könne sie als Menschen nicht vom Islam trennen, deswegen sei Kritik am Islam auch immer Kritik an den Muslimen. Schließlich erklärte er, dass auch die Scharia nicht im Gegensatz zum Grundgesetz stünde. Die Scharia sei in drei Bereiche geteilt, die „fünf Säulen des Islam“, die verbindlich für alle seien, das private Recht, dass in Teilen sowieso schon geltendes Recht sei, nämlich als internationales und als freiwillig zu befolgendes im Privaten und dem staatlichen, dass in unseren Gesellschaften keine Geltung habe, weil hier anderes staatliches Recht gelte. Die sich aufdrängende Frage, inwieweit der politische Anspruch des Islam gerade den zuletzt angeführte Zustand als nur temporär zu tolerierenden aber prinzipiell zu überwindenen begreift, wurde nicht thematisiert.

Mit dem Islam gegen die Medienmacht

Was für eine Suppe kommt heraus, wenn man einen poststrukturalistischen, in Noam Chomsky vernarrten, Islamwissenschaftler und selbsternannten Medienexperten namens Redoine Baghdadi mit einem Haufen gläubiger, aber scheinbar überforderter, Muslime für zwei Stunden zum Thema Medienkompetenz und -manipulation, so geschehen am 6. Dezember 2016, in einen Hörsaal packt? Eine übelriechende Suppe aus Geraune über die Kontrolle der Medien und deren Einflüsterungen, gegen die es sich zu immunisieren gelte. Der Vortrag kommt daher mit suggestiven Fragen, die das Publikum zwar nicht zu beantworten weiß – wozu ja der Experte da ist – und der These, dass in Deutschland die Medien stärker sind als die Demokratie, was auch immer mit letzterem gemeint sei. Der Referent trat schon einmal zum Thema mit Martin Yahya Heising auf. Der ist Fachmann u.a. für Fragen wie „Befreiung“ von Mädchen vom Sport- und Schwimmunterricht sowie Klassenfahrten (vgl., Islamische Hochschulvereinigung Bonn mit fragwürdiger Vortragsreihe). Aber zum Kassler Abend: Was sich im ersten Moment als Workshop-Wochenende in Medienkompetenz darstellte, wurde im Laufe des Vortrags zu einem verbalen Beißreflex gegen die angeblich „einseitige“ Berichterstattung über Muslime in den deutschen Medien. Wenn dann noch die Begrifflichkeit der Einflüsterungen und Immunisierung ins Spiel gebracht wurden, wurde semantisch eine böswillige Intention weniger, die Medien kontrollierender Mächtiger impliziert, die den Islam, resp. die Muslime in ein schlechtes Licht rücken sollen. Der sichtlich übereifrige Baghdadi traf damit in Kassel auf ein williges und bemühtes Publikum. Medien, also all das, das eine Verlängerung der „gottgegebenen“ fünf Sinne darstellt, sind Einflüsterungen, vor denen sich die Gläubigen schützen müssen. Aber nicht nur „wir werden für unsere Handlungen zur Rechenschaft gezogen werden“ so Baghdadi, sondern auch die Medien für ihre Verzerrungen und Hetze – Inschallah. Denn „was in einer Diktatur die Waffe ist, sind in der Demokratie die Medien.“ Auch Verschwörungsfantasien wurden zum besten gegeben. Der Referent munkelte, ob nicht vielleicht der Bundespräsident a.D. Christian Wulff von den Medien ausgeschaltet wurde, weil er zu islamfreundlich gewesen sei. Im fünf Minuten Eilverfahren stellte Baghdadi dann noch drei Ebenen der Medienmanipulation vor: eine strukturelle Ebene (die scheinbar entschuldbar ist, Fehler macht ja jeder), eine intentionale (die Medien als Instrument der „Mächtigen“) und eine der sublimen Manipulation (zu der es leider nur einen Verweis auf ein Youtube-Video gab, schade).

Wie endet so ein Abend? Natürlich nur der Zeitdruck hinderte den Referenten daran, die Abgründe der Verschwörung der Medien gegen den Islam offen zu legen. Aber das war auch gar nicht notwendig. Es weiß doch jede*r (im Saal), dass die unterdrückte Gruppe der Muslime, tagtäglich unter den Angriffen einer kleinen, im Hintergrund und Schatten agierenden Gruppe leidet. Und so endete der Abend mit der passenden Bildcollage: Einem wilden Mix aus Matrix, weltumspannendem Tentakelmonster und jungen Mädchen mit Kopftuch vor einem Computer. Und vielleicht findet sich ja der eine oder die andere, der Gottes Wille nach Rechenschaft schon im irdischen Leben umsetzt – Inschallah.

Der Mann und ein Recht auf Intimität

Am 24.01.2017 lud nun die MHG Kassel Dr. Martin Maḥmūd Kellner in die Räumlichkeiten der Kasseler Universität ein. Wer ist dieser Dr. Kellner? Im Zusammenhang eines Prozesses gegen einen Vergewaltiger führte Kellner aus: „Nach der Scharia“ , die nach Aufassung des o.g. Gülyesil keineswegs im Widerspruch zum Grundgesetz stehe, „führt eine Vergewaltigung in der Ehe nicht zu einer Strafe. Der vom Imam geschlossene Heiratsvertrag gewährt dem Ehemann das Recht auf Intimität.“(sic!) Doch Kellner antwortet nicht nur BILD (was für viele Wohlmeinende nach wie vor ein Sakrileg zu sein scheint), nein er gibt auch Islamic Relief Deutschland Auskunft über den Ramadan (Ramadan, die beste Zeit im Jahr). Islamic Relief Deutschland ist ein Chapter des Islamic Relief Worldwide (IRW), der nach Erkenntnissen des israelischen Verteidigungsministeriums u.a. Terrorbanden wie die Hamas unterstützt.

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Die MHG arbeitet offen mit Islamic Relief Deutschland (rechts) zusammen und postet Propagandavideos von Islamic Relief International auf der FB-Seite (links)

Einige unserer MitstreiterInnen statteten auch dieser Veranstaltung einen Besuch ab. Kellner sollte über die Bedeutung der menschlichen Seele referieren. Auf eine arabische Rezitation des Korans folgten eine Ansammlung von esoterischen Lebensweisheiten, islamischer „Kapitalismuskritik“ und die Skizzierung eines vormodernen Menschenbildes.

Islam, Elektrosmog und Kapitalismus

Der Vortrag begann mit der Behauptung, dass Elektrosmog eine negative Auswirkung auf die Schlafqualität habe. Aber Gläubige würden weniger Schlaf als Ungläubige benötigen, da es ihnen leichter fiele, ihre Seele zur Schlafenszeit zu entlasten. Die Frage, ob Muslime daher die passionierteren Smartphonebenutzer seien, oder,ob diese als Verführungsinstrument der Moderne abzulehnen sind, blieb der Referent dem Publikum schuldig.

War man in einem Vortrag vom Wahn geplagter Ökopaxe und Greenpeaceniks gelandet? Man könnte es annehmen. Im Folgenden versuchte Kellner sich an einer „Kritik“ des modernen Kapitalismus. Weil es wohl zu wenige mit Gemeinnützigkeit ausgestattete Subjekte gibt und der schnöde Eigennutz regiert, würden die Reichen immer reicher und die soziale Ungleichheit würde sich zuspitzen. Das klang nicht nur wie die stümperhaften Ausführungen eines Beitrags in einem linken Plenum, sondern entpuppte sich recht schnell als ebensolche ideologische Einbahnstraße. Wissen die TeilnehmerInnen diverser linker Diskussionszusammenhänge nach ihren Analysen oft nicht weiter, so wies ihnen hier der Redner den Weg. Einzig die muslimische Frömmigkeit führe die Menschen weg von den unangenehmen Teilen der vorherrschenden Produktionsweise. Sämtliche Weltrettungsversuche des Herrn Kellner setzen beim Menschen an. Es scheint als sei dieser für den Kapitalismus nicht passend konstituiert und müsse daher durch den muslimischen Glauben optimiert werden. Auch wenn sich aus seinen Ausführungen kein klares Menschenbild herleiten lässt, so schimmerten doch einige Aspekte seiner Vorstellung durch, die er Mithilfe der arabischen Bezeichnung des Wortes Mensch zu begründen versuchte. Nach dieser sei der Mensch von Allah als überaus schwach geschaffen worden, aber zum Glück gibt es ja den Willen Gottes, den Allerbarmer, der die Gottesfürchtigen durch die Wirrnisse der Moderne leite.

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Anhänger der MHG im Einsatz gegen Elektrosmog am Tor des himmlischen Fiebig

Ob die durch Herrn Kellner gepriesenen Lösungsansätze zu einer verbesserten Schlafqualität bei der Mehrzahl seiner Zuhörer geführt hat, wir wissen es nicht. Einigen von uns hat der Vortrag in den Abendstunden doch noch eine ganze Weile wachgehalten. Vielleicht lag dies aber auch lediglich am Elektrosmog.

Nachbemerkung

Sowohl Kellner als auch Gülyesil sind Bestandteil des universitären Lebens. Die IGMG sitzt auch beim Rat der Religionen in Kassel mit am Tisch. Die Propaganda von der Toleranz und vom Dialog, den die MHG, wie viele andere islamische Gruppierungen, meist ungestört betreibt, ist fester Bestandteil des gesellschaftlichen Diskurses in Deutschland, der einen tatsächlich um den Schlaf bringen kann.

*Die Kasseler Milli Görüs war 2009 an einer vom Kasseler Friedensforum organisierten Kundgebung beteiligt, aus deren Reihen es zu gewalttätigen Übergriffen gegen einen Stand gab, der am Rande des Demonstrationszuges einen Informationsstand mit dem Schild „Israel will Frieden“ aufgebaut hatte.

** Dass die Genderforschung auch so manche Sumpfblüten hervorbringt, geschenkt. Elisabeth Badinter sieht in der Entwicklung, die vor allem von Judith Butler hervorgebracht wird, auch den Wahnsinn wirken. Der Feminismus wäre gegen verschiedene Richtungen, die heute unter dem Label (Post-)Feminismus daherkommen zu verteidigen, aber das ist ein anderes Thema. (Vgl. z.B.: Elisabeth Badinter, Für die Gleichheit der Geschlechter)

(mr / bw / jd / jh)