Zwei Wochen vor dem Ende der documenta 15, am 10.09.2022 erklären es Mitglieder des Gremiums zur fachwissenschaftlichen Begleitung der documenta fifteen zur dringlichsten Aufgabe „die Vorführung der unter dem Namen ‚Tokyo Reels Film Festival‘ gezeigte Kompilation von propalästinensischen Propagandafilmen aus den 1960er-1980er des Kollektivs ‚Subversive Film‘ zu stoppen“. Die Mitglieder begründen diese Forderung damit, dass nicht nur „die antisemitischen und antizionistischen Versatzstücke“ in den Filmen „hoch problematisch“ seien, sondern auch die zwischen den Filmen eingefügten Kommentare der Künstler, weil diese „den Israelhass und die Glorifizierung von Terrorismus des Quellmaterials durch ihre unkritische Diskussion legitimieren. […] Nach Auffassung der unterzeichnenden Mitglieder des Gremiums ist das ‚Tokyo Reels Film Festival‘ das eklatanteste Beispiel für eine Einseitigkeit der documenta fifteen in Hinblick auf den arabisch-israelischen Konflikt, mit dem sich vergleichsweise viele Werke beschäftigen. Nahezu in allen diesen Werken werden einseitig kritische bis hin zu dezidiert israelfeindlichen Haltungen zum Ausdruck gebracht. Diese schlagen sich in den bildlichen Darstellungen und Aussagen nieder, die nach gängigen Kriterien als antisemitisch bewertet werden können.“ Die Autoren sehen die Ursache für die monierte Einseitigkeit der präsentierten Positionen im kuratorischen Konzept der künstlerischen Leitung, „das bewusst auf Kontrolle über die Zusammenstellung und Präsentation der Ausstellung verzichtet hat.“1
Der Befund der fachwissenschaftlichen Begleitung bestätigt unsere Kritik und widerlegt die kolportierte Redewendung, bei unseren Darlegungen habe es sich um Antisemitismusvorwürfe gehandelt, die nicht aufrecht zu erhalten seien, oder die gar als widerlegt galten. Anfang Januar 2022 hatten wir in einer Presseerklärung dargelegt, dass es, wie schon auf der Documenta 14, nun erneut zu befürchten ist, „dass Kassel während der documenta ein Ort der antiisraelischen und antisemitischen Agitation wird.“ Unsere Annahme hatte sich bereits am Eröffnungstag der documenta 15 bestätigt, als es der Gruppe Taring Padi gelang, auf dem zentral gelegenen Friedrichsplatz ein großes Banner aufzuhängen, in dessen Mitte eine im Stil des Stürmers gehaltene Karikatur eines Juden prangte. Weitere antisemitische oder israelfeindliche Ausstellungsstücke, wie der Zyklus „Guernica-Gaza“ folgten.
Im Gegensatz zu den Mitgliedern der fachwissenschaftlichen Begleitung sehen wir jedoch die Verantwortung für die Tatsache, dass israelfeindliche und z.T. antisemitische Machwerke auf der documenta 15 präsentiert werden und wurden darin, dass in der künstlerischen Leitung, sowohl in der Ruangrupa, im ArtisticTeam als auch im documenta-Beirat Verteidiger der Israel-Boykott-Bewegung, deren Unterstützer, ja z.T. sogar deren Aktivisten agieren. Diesen Tatbestand hatten wir in unserem Beitrag „Kein Platz für Antisemitismus auf der documenta?“ am 06. Juni 2022 nochmals ausführlich dargelegt. Dass der Zyklus „Guernica-Gaza“ des antisemitischen Künstlers Mohammed al Hawajris im WH22 präsentiert wurde, ist von der Gruppe The Question of Funding zu verantworten, die Anlass unserer ausführlichen Kritik „Documenta fifteen: Antizionismus und Antisemitismus im lumbung“ im Januar 2022 war. Dass das Banner der Gruppe Taring Padi der Ruangrupa nicht bekannt gewesen sei, ist höchst unglaubwürdig. Beide Gruppen kommen aus Indonesien, Mitglieder beider Gruppen sind aktiv in der Israel-Boykottbewegung.
Die Illustration des Briefes der „lumbung community“. Die Poster „BDS: Being in Documenta is a Struggle“ und „Free Palestine from German guilt“ hängen im Fridericianum.
Und als bedürfte es eines Beweises, dass wir in der Annahme recht hatten, wer Antizionisten die Kuratierung einer Ausstellung überlässt, bekommt Israelhass und Antisemitismus geliefert, veröffentlichte am 10.09.2022 eine „lumbung community“ eine Antwort auf die Erklärung der Mitglieder der fachwissenschaftlichen Begleitung. Der Brief zeugt davon, dass diese Community aus Personen, Aktivisten oder Kollektiven besteht, denen nicht nur jedes Problembewusstsein in Sachen Israelhass und Antisemitismus fehlt, sondern dass von ihnen wie zum Trotz darüber hinaus Israel als jüdischer Staat infrage gestellt und diffamiert wird. So heißt es in der Erklärung z.B.: „Resistance to the State of Israel is resistance to settler colonialism, which uses apartheid, ethnic cleansing, and occupation, as forms of oppression.“ Der Kampf der Palästinenser gegen Israel wird zum antikolonialen Kampf erklärt und die Kritik der fachwissenschaftlichen Begleitung wird als unwissenschaftlich zurückgewiesen. Sie sehen in der Stellungnahme der Mitglieder der fachwissenschaftlichen Begleitung eine rassistische Tendenz und schädliche Zensur. In der Kritik am Antisemitismus der Israelfeinde sehen sie einen Ausdruck deutscher Schuld, die auf den Kampf der Palästinenser und andere antikoloniale Kämpfe übertragen werde.2 Zu den Unterzeichnern gehören die Ruangrupa – also die Kuratoren der „Weltkunstausstellung“ – und drei Personen aus dem Artistic Team, Frederikke Hansen, Gertud Flentge und Lara Khaldi, sprich die künstlerischen Leitung der documenta, u.a. die Kollektive Archives des luttes des femmes en Algérie, INLAND, Party Office, Subversive Film, Taring Padi, The Question of Funding und Trampoline House sowie die Einzelpersonen Graziela Kunsch, Jumana Emil Abboud, Kiri Dalena, Lara Khaldi, Safdar Ahmed und viele andere mehr. Die trotzige und höchst larmoyante Erklärung der Unterzeichner beweist, dass man es mit Überzeugungstätern zu tun hat, die sich zu allem Überfluss auch noch als Opfer stilisieren.
Die fachwissenschaftliche Begleitung der documenta 15 hat mit der Forderung die Terrorismus propagierende Filmvorführung des Kollektivs Subversive Film zu stoppen eine dringende Konsequenz gefordert. Die Forderung wäre zu erweitern: Die Liste der Unterzeichner verweist darauf, wer dringend nach Hause geschickt werden sollte.
Die Erklärung des Gremiums zur fachwissenschaftlichen Begleitung der documenta fifteen kommt freilich zu spät, insbesondere wenn man zur Kenntnis nimmt, dass die Problematik der israelfeindlichen Ausrichtung der documenta 15 seit Januar 2022 bekannt ist und die Beispiele, die unsere Darlegungen bewiesen haben, seit der Ausstellungeröffnung vielfach dokumentiert und diskutiert wurden. Für Konsequenzen ist es jetzt zu spät.
2We are angry, we are sad, we are tired, we are united: „A new line [is] crossed. This line marks a racist drift in a pernicious structure of censorship. […] The Palestinian anti-colonial struggle emerges in many lumbung artists’ works because of the historical solidarities between these transnational anti-colonial struggles. […] We refuse the simplistic, oppressive, pseudo-scientific approach of the Supervisory Board and the preliminary report’s lack of rigour. We understand this as a way of projecting onto and transposing German guilt and history into the Palestinian and other anti-colonial struggles.“
Die Probleme einer Weltanschauung und die Ignoranz der politisch Verantwortlichen
Am 09.01.2022 schrieben wir dem Oberbürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzenden der documenta gGmbH eine E-Mail. Hier der Text:
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Christian Geselle,
Sie stehen persönlich dafür ein, dass Kassel eine besondere Verbundenheit zu Israel und zur Partnerstadt Ramat Gan auszeichnet. Seit zwei Jahren wird zum Zeichen der Verbundenheit mit Israel am 14. Mai die Fahne Israels am Rathaus gehisst. Wir begrüßen diese auch heute nicht selbstverständliche Haltung in der Kommunalpolitik.
Als Vorsitzender des Aufsichtsrates der documenta-GmbH können Sie sicherlich nicht alle Persönlichkeiten und Künstler kennen, die im Rahmen der kommenden documenta fifteen kuratiert werden und dort in den diversen Gremien sitzen. Der Bundestag fordert in seinem Beschluss vom 17. Mai 2019, „BDS-Bewegung entschlossen entgegentreten – Antisemitismus bekämpfen“, Organisationen und Personen, die das Existenzrecht Israels in Frage stellen nicht mit öffentlichen Geldern finanziell zu fördern und hat Länder, Städte und Gemeinden aufgefordert, sich dieser Haltung anzuschließen.
Mit der „Künstlergruppe“ „The Question of Funding“ aus Ramallah, die zunächst als „Cultural-Center Khalil Sakakini (KSCC)“ vorgestellt wurde, ist jedoch genau eine Gruppe als „member“ des „lumbung“ geladen worden, die die BDS-Bewegung und ähnliche Initiativen unterstützt. Auch weitere Künstler, die sich in dieser Richtung engagieren, werden als member des lumbung genannt. Das verwundert nicht, weil in den verschiedenen Gremien der documenta fifteen Unterstützer der Boykottbewegung gegen Israel agieren.
Das Bündnis gegen Antisemitismus Kassel hat eine Presse-Erklärung und einen ausführlichen Blogbeitrag zu dem unmittelbar dem KSCC zuzurechnenden Personenkreis, zu den zu verurteilenden Bezügen des KSCC und zu weiteren Personen aus dem Unterstützerkreis der Boykottbewegung gegen Israel veröffentlicht.
Wir wünschen uns eine klare Stellungnahme und Intervention von Seiten der Stadt und von Ihnen als Oberbürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzender der documenta-GmbH, der Absicht von BDS-Unterstützern und anderen Boykottbefürwortern gegen Israel, namentlich der Gruppe „The Question of Funding“ im Rahmen der international beachteten documenta auszustellen und zu agieren, entgegenzutreten.
Für Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Eine Antwort gab es nicht.
Inkompetenz, Desinteresse und Abwehr der Kritik auf allen Ebenen
Was war der Anlass unserer E-Mail?
Am 07. 01.2022 veröffentlichten wir den Beitrag „Documenta fifteen: Antizionismus und Antisemitismus im lumbung“. Dort kritisierten wir in einigen Sätzen die grundlegende Ausrichtung der documenta, die unseres Erachtens in einem systematischen Zusammenhang mit Antizionismus, Israelhass und Antisemitismus steht. Wir nannten Gründe dafür, warum die Gefahr bestand, dass die Kunstausstellung antizionistischer Propaganda eine Bühne bietet. In der Findungskommission, die als documenta-Beirat während der documenta 15 fortgeführt wird, sitzt mit Amar Kanwar eine Person, die die Boykottbewegung gegen Israel unterstützt und mit Charles Esche eine, die den Bundestagsbeschluss zur antisemitischen BDS-Bewegung kritisierte. Im aus fünf Personen bestehenden „Artistic Team“, der künstlerischen Leitung der documenta 15, unterstützen vier den antiisraelischen Hassbrief „A Letter Against Apartheid“. Die von der Findungskommission berufene ruangrupa besteht aus zehn Personen. Sie soll die kuratorische Arbeit der documenta 15 übernehmen. Vier, davon die beiden führend tätigen Ade Darmawan und Farid Rakun gehören zu den Unterstützern dieses Briefes oder andere antiisraelische Pamphlete. Der „A Letter Against Apartheid“, und das ist in diesem Kontext das Entscheidende, fordert auch den kulturellen Boykott Israels. Er steht für die Parole: Israelis raus!
Wir stellten am Beispiel der kuratierten palästinensischen Gruppe „The Question of Funding“ heraus, dass deren Protagonisten, insbesondere einer der beiden bekannten Akteure dieser Gruppe, Yazan Khalili, sich in antisemitischer Art und Weise öffentlich geäußert hat und zu den Unterstützern der BDS-Bewegung zählt. Ferner stellten wir heraus, dass diese Gruppe aus dem Umfeld des „Khalil Sakakini Cultural Centers“ kommt, das zu den Mitgründern der antisemitischen BDS-Bewegung gehört und sich nach einem palästinensischen Pädagogen und Nationalisten benennt, der sowohl antisemitische Aussagen getroffen als auch sich lobend über Hitler geäußert hat.
Sofern der Bundestagsbeschluss zur antisemitischen BDS-Bewegung und die Bekenntnisse der Stadt Kassel und ihrer Repräsentanten zu Israel, zu den hier lebenden Juden und zur deutschen Vergangenheit irgendeine politische Bedeutung haben sollen, gab es zu diesem Zeitpunkt genug Gründe, erstens mit uns in Kontakt zu treten, zweitens darauf hinzuwirken, dass die Arbeit der Kuratoren kritisch begleitet wird und drittens vielleicht sogar zu erwägen, das „Artistic Team“ abzulösen und die Gruppe „The Question of Funding“ nach Hause zu schicken.
Ein Problembewusstsein ließen weder Christian Geselle noch irgendein anderer Akteur der Stadt erkennen. Im Gegenteil. Der Oberbürgermeister ließ am 16.01.2022 in einer Pressemitteilung verlauten: „Mit dem indonesischen Künstlerkollektiv ruangrupa kuratieren 2022 zum ersten Mal Vertreter aus Asien die documenta, die auch die Perspektive des globalen Südens berücksichtigen. Dabei seien unter anderem die Hinterfragung von Machtverhältnissen und dekoloniale Ansätze zentrale Gegenstände. […] Die Freiheit der Kunst zu wahren und zu verteidigen sei [..] Aufgabe aller, die an die Werte unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung glauben. Eine Überprüfung […] dürfe es nicht geben […]“.1
Nachdem zunächst die CDU-Fraktion eine Resolution für die Stadtverordnetenversammlung entwarf, in der die Überprüfung der von uns geschilderten Tatsachen gefordert wurde, zog die CDU nach der Stellungnahme des Oberbürgermeisters und der dünnen Erklärung der documenta, sie wende sich auch gegen Antisemitismus, diese Resolutionsentwurf zurück.2
Die documenta reagierte am 12.01.2022 mit einem vollkommen inhaltsleeren Dementi, das in der überregionalen Presse auf Unverständnis stieß.3 Einige Tage später, am 19.01.2022 folgte dann eine ausführlichere Stellungnahme in der zunächst die Rede von rassistischen Diffamierungen und von Falschmeldungen war: man habe Künstler eingeladen, die sich im „Sinne der lumbung-Praxis mit künstlerischen Mitteln für ihre jeweiligen lokalen Kontexte engagieren. […] Grundlage der documenta fifteen ist die Meinungsfreiheit einerseits und die entschiedene Ablehnung von Antisemtismus, Rassismus, Extremismus, Islamophobie und jeder Form gewaltbereitem Fundamentalismus andererseits.“ Die Macher der documenta kündigten dann an, unter dem Titel „We need to talk! Art – Freedom – Limits“ eine vielstimmige Debatte zu führen.4 Für den Aufsichtsratsvorsitzenden der documenta gmbH Christian Geselle war damit alles erledigt. In dem ihm eigenen Stil ließ er am verlautbaren: „Für mich ist die Angelegenheit mit dieser Erklärung erledigt“. Die HNA berichtete am 20.01.2022, der Kasseler Oberbürgermeister sehe keine Anzeichen dafür, dass das Existenzrecht Israels seitens der documenta fifteen infrage gestellt werde. Die Menschen in Palästina hätten ebenso das Recht auf ein selbstbestimmtes, friedliches und würdevolles Leben – ein Wunsch, den die Künstler mit ihrem Ansinnen einer ökonomischen und sozialen Autonomie zum Ausdruck brächten.“ Geselle und die hessische Kunstministerin Angela Dorn sahen keine Notwendigkeit, das Gremium des Aufsichtsrates einzuberufen.5
Am 16. März besuchte die Kulturstaatsministerin Claudia Roth Kassel. Auf sie dürfte zurückgehen, dass sich die documenta-Macher dazu herabließen, eine Diskussion zu simulieren. In der HNA führte sie aus, dass sie es gewesen sei, die diese Gesprächsreihe angeregt hätte. Die HNA zitiert Roth: „Antisemitismus ist keine Meinung, für Antisemitismus, für Rassismus, für jede Form der Menschenfeindlichkeit ist in unserer Gesellschaft überhaupt kein Platz. Das ist nicht verhandelbar. Das Existenzrecht Israels infrage zu stellen, ist absolut inakzeptabel.“ Man müsse sich zwar auch auf Menschen aus Weltregionen wie Indonesien einlassen, die einen anderen kulturellen und religiösen Hintergrund haben. […] Nach dem Gespräch mit Ruangrupa teilte Roth gestern mit, sie habe sich ein Bild von den Vorbereitungen gemacht und wolle den Verantwortlichen sowie den Gesellschaftern Dank und Respekt aussprechen: „Das Engagement aller Beteiligter im Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus ist noch einmal deutlich unterstrichen worden, und ich messe den Versuchen aller Beteiligter, die notwendigen Diskussionen offen und transparent zu führen, eine hohe Glaubwürdigkeit bei. Ich würde mich freuen, wenn deren Gesprächsangebot zu einer friedlichen und lösungsorientierten Debatte breite Zustimmung erhält.“6
Dieses Statement nahmen wir dann wiederum zum Anlass, der Kulturstaatsministerin am 21.03.2022 eine E-Mail zu schreiben:
Sehr geehrte Frau Staatministerin Claudia Roth,
am 16.03.2022 besuchten Sie, Frau Staatsministerin Roth, Kassel. Anlass war ein Gespräch mit den künstlerischen Leitern der documenta fifteen, Ruangrupa. Gegen das Künstler- und Kuratorenkollektiv aus Indonesien hatte es wegen der Nähe zur israelkritischen BDS-Bewegung Antisemitismusvorwürfe gegeben. In einem Gespräch mit der HNA verkündeten Sie, dass Sie „den Versuchen aller Beteiligten, die notwendige Diskussion offen und transparent zu führen, eine hohe Glaubwürdigkeit“ beimessen. Die documenta stehe „beispielhaft als geschützter Raum für eine offene Debatte.“
Wir, die Mitglieder des Bündnis gegen Antisemitismus Kassel (BgA-Kassel), hatten in einem am 07.01.2022 veröffentlichten Blogartikel nachgewiesen, dass zahlreiche Personen in wichtigen Gremien der documenta 15 dem Umfeld der Israel-Boykott-Bewegung angehören oder zu den Kritikern des Bundestagsbeschlusses zur antisemitischen BDS-Bewegung zählen. Ferner hatten wir darauf hingewiesen, dass mit „The Question of Funding“ eine Personengruppe aus dem unmittelbaren Umfeld des palästinensischen „Khalil Sakakini Cultural Centrum (KSCC)“ von den Documenta – Verantwortlichen zur Weltausstellung eingeladen wurde. Das KSCC war, bevor es sich in eine NGO wandelte, eine Institution der Palästinensischen Autonomiebehörde und ist nach dem palästinensischen Nationalisten, einem Anhänger Hitlers und einem Befürworter des Terrors, Khalil al-Sakakini benannt. Die beiden Personen, Yazan Khalili und Fayrouz Sharkawi, die bisher für diese Gruppe in Erscheinung getreten sind, sind Anhänger der Boykottbewegung gegen Israel. Deren Sprecher, Yazan Khalili, hat sich außerdem mit antisemitischen Äußerungen und Gewaltfantasien hervorgetan.Unsere Recherche fand große Beachtung in den Medien.
Versuche, die Argumentation des BgA-Kassel zu entkräften, erwiesen sich als substanzlos.
[…]
Wir vom BgA-Kassel interpretieren die gegen uns an den Tag gelegte Gesprächsverweigerung und die gleichzeitig gegen uns unternommenen rechtlichen Schritte jedoch als Verweigerung, sich mit unangenehmen Fragen auseinander zu setzten. Uns drängt sich der Verdacht auf, dass es nicht darum geht, eine offene Debatte zu führen, sondern die angeschlagene Reputation der documenta 15 zu retten. Es ist offensichtlich, dass eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema Antisemitismus, Boykott-Bewegung gegen Israel unter den „Kulturschaffenden“ und in der postmodernen Kunst-Szene nicht stattfinden soll. Diese Auseinandersetzung ist jedoch notwendig und falsche Rücksichtnahme wäre hier fehl am Platz.
[…].
Wir jedenfalls werden diese Debatte öffentlich führen! Außerdem gehen wir davon aus, wenn Sie dabei bleiben, dass eine offene und transparent zu führende Diskussion notwendig sei, dass am Ende auch an uns vom BgA-Kassel seitens der Stadt und den Verantwortlichen der documenta und aus Kunst und Kultur ein Gesprächsangebot gerichtet wird.
Mit freundlichen Grüßen
Eine Antwort gab es auch auf dieser Ebene nicht.
Dass genau der von allen Beteiligten angeführte postkoloniale Ansatz, vulgo „Sichtweise des globalen Südens“ oder die sogenannte Multiperspektivität problematisch ist, sollte seit den Ereignissen um die Ruhrtriennale 2020 und der darauf folgenden Debatte bekannt sein. Uns ist klar, dass es nicht die Aufgabe eines Bürgermeisters einer Provinzstadt ist, die verschiedenen Facetten der Diskussionen und Auseinandersetzungen zum zeitgenössischen Antisemitismus, zur postmodernen Ideologie im Allgemeinen und zum Postkolonialismus im Besonderen zu kennen. Vor dem Hintergrund des Bundestagsbeschlusses und spätestens nach unserer E-Mail hätte es aber gute Gründe gegeben, einfach mal beim BgA-Kassel nachzufragen, anstatt dieses dem Verdacht der Verfassungsfeindlichkeit auszusetzen. Aber es kam noch schlimmer. Weil wir angeblich eine urheberrechtlich geschützte Zeichnung des lumbung verfremdeten und zur Illustration unseres Blogbeitrages nutzten, erreichte uns am 07.02.2022 ein Abmahnschreiben einer renommierten Anwaltskanzlei im Auftrag der documenta-gGmbH. Aus dem Text des Abmahnschreibens ging hervor, dass man wohl zuerst versuchte, uns der „unzulässigen Meinungsäußerung“ zu überführen. Zusammengefasst, man nahm uns zwar ernst, versuchte uns aber mundtot zu machen.
Obwohl dann einige Autoren wichtiger überregionaler Zeitungen (Die Zeit, NZZ, FAZ, TAZ und Die Welt und zuletzt sogar Spiegel) so etwas wie ein Problembewusstsein hatten7 und sich im Mai dann auch der Zentralrat der Juden, die WerteInitiative und das American Jewish Comittee (AJC) sehr deutlich zu Wort meldeten8, fochten dies weder die Verantwortlichen und die Leitung der documenta 15, noch die lokale Politik oder andere Akteure der sogenannten Zivilgesellschaft in Kassel an. Noch am Mittwoch, den 15.06.2022, also unmittelbar vor der Eröffnung der documenta 15, feierten sich Christian Geselle, Angela Dorn und Sabine Schormann im Auestadion selbst und Kassel und wiesen die mittlerweile immer deutlicher werdende Kritik als von außen aufgezwungen und dem Gegenstand als unangemessen zurück. Wie zum Trotz überließen sie dem Israelfeind Agus Nur Amal (Pmtoh) die Bühne.
Der offene Antisemitismus war kein Zufall
Am 18.06.2022 hängte die Gruppe Taring Padi das nun weltbekannte Banner auf, dessen Mitte eine im Stil des Stürmers gehaltenen Karikatur eines Juden zeigte. Hätte die Partei „Der Dritte Weg“ oder „Die Rechte“ ein solches Banner aufgehängt, halb Kassel hätte auf den Beinen gestanden und „No Pasaran!“ skandiert. Man hätte nicht nur die Entfernung des Plakats, sondern mit dem sattsam bekannten Slogan „Nazis raus!“ die Verbannung der Gruppe aus Kassel gefordert. Nichts dergleichen passierte anlässlich des Propaganda-Coups durch die Gruppe Taring Padi. Man nahm die fadenscheinige Entschuldigung der Gruppe hin, die im Duktus fast gleichlautend daher kam, wie man ihn von rechten Politikern vernehmen kann, wenn sie bei antisemitischen Rülpsern erwischt werden. Man suchte den Diskurs und war froh, dass zunächst mit Meron Mendel ein Experte engagiert werden konnte, der sowohl weiß, wovon er spricht, wenn er sich zum Thema Antisemitismus äußert und der gleichzeitig, sich dem von der documenta verkündeten Dogma der Multiperspektivität unterwerfend, die palästinensische Perspektive als legitim betrachtet und keinen strukturellen Zusammenhang von Postkolonialismus und Antisemitismus erkennen will.9
Allen, bis auf den Anführer der VVN-BdA Kassel, Ulrich Schneider10, war klar, dass die Karikatur des Juden auf dem indonesischen Banner antisemitisch ist. Dennoch, die einhellige Verurteilung des Banners – wohlgemerkt nicht der Gruppe – verstellt die Debatte, um die es eigentlich gehen müsste: Warum war es möglich und was hat es zu bedeuten, dass eine sich progressiv gebende Gruppe einen Juden im Stürmer-Stil als Repräsentant für das Schlechte in der Welt präsentiert?
Das jetzt abgehängte Banner der Gruppe Taring Padi wäre ohne die Judenkarikatur und ohne den Mossad-Mann genauso unbeanstandet goutiert worden, wie das am Opernplatz aufgehängte Bild, in dem die Ami-Sau unten rechts im Bild zu finden ist, oder die zahllosen Papp-Aufsteller am Hallenbad Ost, die in bisweilen rassistischer Überzeichnung, Kapitalisten und Politiker als Ratten und Schweine darstellen. In diesen vermeintlich kritischen Darstellungen von Unterdrückung und Ausbeutung sowie der Illustration des Kampfes für eine angeblich bessere Welt zeigt sich die gemeinsame Grundlage der Ideologie der umworbenen Aktivisten aus dem Süden und der saturierten Kunstschaffenden und -konsumenten in den Metropolen des sich selbst hassenden Westens.
Die Ideologie, die sich im Banner der Gruppe Taring Padi mit oder ohne Jude in der Mitte darstellt, ist geprägt von einem simplen Gut-Böse-Dualismus, der Personalisierung abstrakter Herrschaftsverhältnisse, einem zivilisationsfeindlichen Zurück-zur-Natur-Mythos und in der Verherrlichung des Landlebens. Die als Befreiung interpretierte Anbetung des Kollektivs und autochtone Tradition und die letztendlich autoritäre Verachtung des Individuums paart sich mit der auf der documenta allenthalben gefeierten Ursprünglichkeit, die sich in der politischen Aufladung der präsentierten Kollektive, Gemüsebeete, und Komposthaufen darstellt. Heraus kommt dabei ein Gebräu einer Weltanschauung, die sich durch die Feindschaft gegenüber der Moderne und ihrer Ideen von der Freiheit des Individuums, der Aufklärung, von der Befreiung aus der Knechtschaft und aus den Zwängen der Natur auszeichnet und die der Nährboden antisemitischer Weltanschauung ist. Dieses Konglomerat an Vorstellungen von einer „anderen Welt“ der ruangrupa und ihrer Protegés und Anhänger kommt als eine Weltanschauung der Antimoderne daher, die schlicht und ergreifend eine offene Flanke zum Antisemitismus hat. Und zu dieser Weltanschauung gehört das Bündnis mit den Antizionisten aus dem Nahen Osten, wie der Komposthaufen zum Gemüsebeet an der documenta-Halle. Aus diesen Gründen war die von Mendel erwogene Schnüffelei nach weiteren offen antisemitischen Exponaten fehl am Platze.
Es ist kein Wunder, dass so lupenreine Antisemiten wie Mohammed Al Hawajri, Hamja Ahsan, dass beinharte Israelfresser wie Khalid Albaih, Jumana Emil Abboud, das Party-Office und mindestens 60 weitere Unterzeichner des „A Letter Against Apartheid“ auf der documenta präsentiert werden11, nur dass diese es im Gegensatz zu den Indonesiern vielleicht verinnerlicht haben, dass man nach 1945 in Deutschland den Juden nicht (mehr) mit Hakennase und blutunterlaufenen Augen, ihn nicht als Gottesmörder oder blutrünstigen Militär präsentiert. Das macht man zuhause, wenn die Weltöffentlichkeit nicht hinschaut. Sie wissen, dass man es ihnen als „Israelkritik“ durchgehen lässt, wenn die einzige Demokratie im Nahen Osten als Apartheid-Regime bezeichnet wird und wenn Israel selbst dafür verantwortlich gemacht wird, wenn die Hamas Israel mit Raketen beschießt. In der Sitzung des Ausschusses für Kultur und Medien des Bundestages konnte man nachvollziehen wie das funktioniert. Einer der beiden Sprecher der ruangrupa, Ade Darmawan, äußerte sich gemäß eines Artikels des Tagesspiegels wie folgt: „‘Es gibt keinen stillen Boykott gegen Israel oder gegen Juden.‘ Jüdische und israelische Künstler seien bei der documenta vertreten, würden auf eigenen Wunsch namentlich nicht genannt, da sie mit dem Konzept des Nationalstaates nicht in Verbindung gebracht werden möchten.“12 Damit dürfte er den antizionistischen Konsens der documenta 15 ausgedrückt haben, den Yazan Khalili so ausdrückte, dass er die Juden vom Zionismus emanzipieren wolle. Nach der Expertise der Elke Buhr und eines Joseph Croitoru ist das kein Antisemitismus, nach Meron Mendel Ausdruck des legitimen Widerstandes gegen die „Besatzung“ und als Äußerung mindestens von der Kunstfreiheit gedeckt. Zwar ist Antizionismus nicht das gleiche, wie Antisemitismus, aber es gibt keinen Antizionismus ohne Antisemitismus. Dieser Zusammenhang wurde nirgends deutlicher als auf der aktuellen documenta. Dafür stehen die Gruppe Taring Padi, die Personen Mohammed Al Hawajri, Hamja Ahsan, Khalid Albaih, das Party-Office u.a.
Die offensichtliche Hoffnung der Ausstellungsmacher, dass man zwar die Judenkarikatur des Taring-Padi-Banners von Experten und Juristen als antisemitisch definieren lässt, die Bildreihe Gaza-Guernica aber als schlechte Kunst, als „Israelkritik“ oder im Rahmen der Multiperspektivität als künstlerischen Ausdruck des legitimen Widerstands gegen die „Besatzung“ durchgehen lässt, dürfte also nicht ganz abseitig sein. Zudem werden die Bilder Gaza-Guernica an einem Ort präsentiert, der den traditionsbewussten Kasseler Bürger an die „Luftgangster“ erinnert, die in ihrer Vorstellung gleich der Legion Condor, die wunderschöne Stadt Kassel aus Rachsucht in Schutt und Asche legten.
Es stellt sich die Frage, ob es die Sache besser gemacht hätte, wenn man, wie es sich mittlerweile herausgestellt hat, auf den Rat Claudia Roths gehört hätte, die Arbeit der Kuratoren kritisch zu begleiten.13 Die HNA berichtete jüngst, dass auch die documenta-Generaldirektorin versuchte, einen Dialog mit dem Zentralrat der Juden mit Vertretern des „Artistic Teams“ über den Ansatz der Multiperspektivität zu initiieren. Ob man über die Naivität, die den Versuch auszeichnet, Vertreter des Zentralrats der Juden mit Israelhassern an einen Tisch zu setzen, lachen oder weinen soll, ist die eine Frage. Dass man es gleichzeitig für eine probate Maßnahme hält, die Gegner und Feinde Israels durch die Teilhabe an der Erinnerungskultur Deutschland davon abzuhalten, ihrem Hass Ausdruck zu verleihen ist die andere Frage.14 Dass darüber hinaus der Zentralrat der Juden, oder die örtliche Jüdische Gemeinde herangezogen werden, wenn es um die Frage Antisemitismus, Antizionismus, Israelhass und „Israelkritik“ geht, verdeutlicht, dass man Antisemitismus offensichtlich für ein jüdisches Problem hält.
Der Aufsichtsratsvorsitzende der documenta, Oberbürgermeister Christian Geselle, die hessische Ministerin Angela Dorn und die Bundesministerin Claudia Roth, sie alle wussten vom Problem und schwiegen oder taten so, als ob die Luftnummern Hauensteins, Buhrs und des Dünnbrettbohrers Croitorus und letztlich auch die Versuche der tragischen Figur Mendels die Quadratur des Kreises hinzubekommen, irgendeine Substanz gehabt hätten. Obwohl Mendel bekanntlich die palästinensische Sichtweise für legitim hält, immer wieder davor warnte, die documenta unter Generalverdacht zu stellen, musste er erfahren, dass man im WH22 mit Juden nicht spricht und dass auf seiner Diskussionsveranstaltung der Vertreter der ruangrupa (und Unterzeichner des „A Letter Against Apartheid“) Ade Darmawan sich frech hinstellte und bekundete: Hier bin ich.15
Geselle, Dorn und Roth sind für das Desaster, dass vor den Augen der Weltöffentlichkeit faktisch Nazi-Propaganda gegen Juden und Israel betrieben wurde, politisch verantwortlich. Als Generaldirektorin steht Frau Sabine Schormann im engeren Sinne in der Verantwortung dafür, was im Namen der documenta der Öffentlichkeit präsentiert wird. Direkt dafür verantwortlich sind die Künstlerische Leitung, also die ruangrupa und das leitend tätige „Artistic Team“. Während Schormann sich vielleicht nicht ganz der Tragweite ihrer den Antisemitismus relativierenden und verharmlosenden Ideologie von der Multiperspektivität bewusst ist, sind die Vertreterinnen des „Artistic Teams“ und Teile des documenta-Beirats, sowie der ruangrupa Überzeugungstäter. Letzteres war durch unsere Veröffentlichung seit Januar bekannt.
Wollte man das, was mit dem Bundestagsbeschluss gegen die BDS-Bewegung intendiert wurde, ernst nehmen, müssten alle hier genannten Beteiligten von ihren Funktionen entbunden werden. Die ruangrupa und alle hier genannten members of the lumbung müssten schlicht nach Hause geschickt werden.
1 Antisemitismus-Vorwürfe gegen die documenta fifteen: Stellungnahme von Oberbürgermeister und documenta-Aufsichtsratsvorsitzenden Christian Geselle, Pressemitteilung, 16.01.2022
2 Die Resolution der CDU ist am 13.01.2022 formuliert worden. Dort hieß es: „Die Stadtverordnetenversammlung distanziert sich von jeglichen antisemitischen Umtrieben, die möglicherweise im Umfeld der Organisation der documenta 15 Raum greifen. Die Organisatoren der documenta 15 mögen Stellung dazu nehmen, ob der Vorwurf zutrifft, dass Unterstützer der so genannten BDS-Bewegung und andere Boykottbefürworter gegen Israel, namentlich der Gruppe „The Question of Funding“, im Rahmen der international beachteten documenta ausstellen und agieren. Falls das der Fall ist, verwahrt sich die Stadtverordnetenversammlung ausdrücklich und nachdrücklich gegen antisemitische Tendenzen im Rahmen des Programms der documenta 15.
5 Das sagen OB Christian Geselle und Kunstministerin Angela Dorn, HNA, 20.01.2022.
6 „Für die Freiheit kämpfe ich wie eine Löwin“, Kulturstaatsministerin Claudia Roth traf Ruangrupa und war bei der HNA zum Gespräch, HNA, 17.03.2022.
7 Israelkritik, Kunstfreiheit und Meinungsfreiheit sind keineswegs dasselbe, Die Zeit, 02.02.2022; Documenta in der Kritik. Hetzkunst, FAZ, 13.01.2022; Kassel. Antisemiten, Sexisten und falsche Indianer?, NZZ, 10.01.2022; Kunstfreiheit und Antisemitismus. Debatte um BDS und documenta 15, taz, 14.01.2022; Wie man die rote Linie klar und deutlich markiert, Die Welt, 22.01.2022. In der Folge war es vor allem Die Welt, die kontinuierlich Kritik an der documenta 15 formulierte.
8 Dahinter verbirgt sich ordinärer Antisemitismus, Die Welt, 25.05.2022.
9Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt am Main, sieht den Vorwurf des Antisemitismus gegen das Kollektiv nicht begründet. Klaren Antisemitismus würde er der NGO „auf keinen Fall“ vorwerfen, sagt er. Es gebe sicherlich Grauzonen, wo sich der legitime Widerstand der Palästinenser gegen die israelische Besatzung mit antisemitischen Narrativen vermische, so Mendel. Doch habe sich die Organisation nicht besonders durch Antisemitismus hervorgetan. Palästinenser hätten sehr wohl das Recht, die Forderung zu stellen, dass Israel boykottiert werde, unterstreicht der Bildungsstättendirektor. „Diese Forderung würde ich nicht per se als antisemitisch sehen.“ Vorwürfe gegen Kasseler Kunstschau. Hat die Documenta ein Antisemitismusproblem?, Deutschland Funk, 13.01.2022.
10 Die HNA zitiert am 23.06.2022 Dr. Ulrich Schneider wie folgt: „Dagegen verteidigt der Historiker Ulrich Schneider (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes) das Kollektiv und weist darauf hin, dass die ‚Figur mit einem Schweinegesicht‘ und einem Helm, auf dem Mossad steht, Teil einer Gruppe von Geheimdiensten ist. Es würde aber nur die Mossad-Figur kritisiert. Die Antisemitismusvorwürfe entbehrten jeglicher Grundlage.“
12 Documenta-Skandal ist Thema im Bundestag. Kasseler Verantwortliche bleiben fern, Tagesspiegel, 06.07.2022.
13 Skandal um antisemitische Kunstwerke. Documenta-Leitung ließ Claudia Roth abblitzen, Spiegel, 27.06.2022.
14 Was Schormann unternommen hat, HNA, 09.07.2022 In der HNA wird berichtet, dass Schormann für die Künstlerische Leitung einen Besuch an den Kasseler Gedenkstätten initiierte. Den toten Juden zu gedenken, den Antizionismus jedoch mit Gleichgültigkeit oder Ablehnung zu begegnen, sind typisch für die deutsche Erinnerungskultur. Nichts verdeutlicht das so, wie die Kombination der Stolpersteine vor dem Kasseler Kino Gloria indem den japanischen und palästinensischen Terroristen unter dem Motto „antiimperialistischen Solidaritätsbeziehungen“ zwischen Japan und Palästina gehuldigt wird. Die Attentäter der japanischen „Roten Armee“ und palästinensischer Terroristen ermordeten am 30.05.1972 auf dem israelischen Flughafen Lod 26 Menschen. Vgl.: Documenta ehrt Initiatoren eines Selbstmordattentats, Mena-Watch, 24.06.2022.
15 Obwohl Meron Mendel mehrfach Verständnis für Sache der Palästinenser geäußert hat, die Kritik des Bündnis gegen Antisemitismus Kassel als unzutreffend zurückgewiesen hat, musste er erfahren, dass der Künstler Al Hawajri aus dem Gazastreifen nicht mit Juden reden wolle und biss mit seinem Vorhaben, sich als Experte der documenta 15 zum Zwecke der Sensibilisierung in Sachen Antisemitismus anzudienen auf Granit und . Vgl.: „Wir stehen vor einem Scherbenhaufen“, Meron Mendel über das Versagen der Documenta-Verantwortlichen – und den antisemitismus-Vorwurf als politisches Spiel, Tagesspiegel 24.06.2022; Eine Unverschämtheit, die keiner bemerkte, FAZ, 01.07.2022; Antisemitismus-Eklat. Meron Mendel nicht länger Berater der documenta, hessenschau, 08.07.2022.
Illustrationen: There ist no Antizionism without Antisemitism!
Der durch die im WH22 ausgestellte Bilderserie „Guernica-Gaza“ bekannt gewordene Künstler aus dem Gaza-Streifen Mohammed Al Hawajri (Eltiqa) hat hier ein Bild geschaffen, das eindeutig das antisemitische Stereoptyp vom Juden als Christusmörder bemüht und dieses antijüdische Feindbild auf die aktuelle Situation des Konflikts zwischen Israel und Palästinensern überträgt. Jesus tritt mit dem Schlüssel auf dem Rücken vor seine Mörder. Der Schlüssel steht für den Anspruch der Palästinenser auf das israelische Staatsgebiet. Das Bild ist nicht auf der documenta 15 ausgestellt, verbürgt aber die Weltanschauung des ausstellenden Künstlers, der vom Kollektiv The Question of Funding eingeladen wurde.Der Künstler Khalid Albaih, der für das Kollektiv Trampolin House auf der documenta ausstellt, hat sich auch als israelfeindlicher Karikaturist versucht. Einige seiner Karikaturen präsentieren seine Weltsicht von der Grausamkeit und von dem mörderischen Wesen der israelischen Politik. Hier wird Palästina tranchiert. Jumana Emil Abboud ist eine der wenigen Künstlerinnen, die als Personen und nicht als Kollektiv als member des Lumbung auf der documenta 15 kuratiert wurden. Auch sie hat den „A Letter Against Apartheid“ unterzeichnet und verbreitet durch Steuern finanziert im documenta-Handbuch und auf der Ausstellung anitiisraelische Propaganda: „Abbouds Arbeit für die documenta fifteen erweitert ihre bisherige künstlerische Praxis um das Thema Wasser. […] In den sogenannten ‚Wünschelruten-gänger*innen‘-Workshops […] ging es darum, den hier lebenden Menschen ihr Recht auf Wasser symbolisch zurückzugeben. Der Verlust von Wasserrechten erscheint hier als Bestandteil der Siedlungspolitik des israelischen Staates: Wasser wird von den Quellen in Palästina abgezapft und in nahe gelegene Neusiedlungen umgeleitet. […] Um ‚Rückgabe des Wassers‘ geht es sowohl in konkreter als auch in kultureller Hinsicht.“