From the River to the Sea – Der Mob formierte sich auch in Kassel

Am Samstag, den 15. Mai 2021, so kündigte die deutschlandweit agierende Initiative „Palästina spricht“ an, sollte dem „Tag der Nakba“ gedacht werden. Im mit „Wir werden zurückkehren! Wir werden nach Hause kommen!“ überschriebenen Ankündigungstext zu den Kundgebungen, hieß es, „im Zuge der Gründung des israelischen Staates, zogen zionistische paramilitärische Gruppen durch Palästina, massakrierten Hunderte und vertrieben Hunderttausende.“ Die Gruppe schreibt weiter, dass diese „Nakba“ bis heute vom israelischen Staat vollzogen wird. Ziel sei es, „so viel Land wie möglich mit so wenig Palästinenser*innen wie möglich zu erreichen. Und deshalb werden bis heute Häuser zerstört, Menschen vertrieben, eingesperrt und erschossen …“ Zum Schluss heißt es: „Wir fordern alle emanzipatorischen […] Kräfte und Individuen dazu auf, an diesem Tag […] für ein freies Palästina, vom Jordan bis zum Mittelmeer […]“ zu demonstrieren.1 Inhaltlich weitgehend übereinstimmend gestaltete sich der Aufruf der Gruppe Samidoun. Diese Organisation ist eine Organisation mit Verbindungen zur PFLP. Auch die Gruppe Samidoun mobilisierte für alle Städte in Deutschland.2

Lügen …

Dieser Text war auch Bestandteil des Aufrufs zur Kundgebung am 15. Mai 2021 in Kassel.3 Der Text ist durch seine bewussten Auslassungen schlicht eine Geschichtslüge. Der 15. Mai 1948 ist der Tag, der dem Tag der Gründung Israels folgte. Zu diesem Datum überfielen die Armeen Jordaniens, Ägyptens, Syriens und des Libanons den gerade gegründeten jüdischen Staat. Ihnen folgten die Anhänger des Nazikollaborateurs, Kriegsverbrechers und palästinensischen Anführers al-Husseini. Ziel dieses Krieges war die Vernichtung des jüdischen Staates und die Vertreibung seiner Bewohner. Im Zuge der ausgebrochenen Kampfhandlungen kam es sowohl zu Vertreibungen, aber auch zur Flucht von arabischen Palästinensern. Zur Flucht riefen jedoch auch die palästinensischen Autoritäten die arabische Bevölkerung selbst auf. „Eine Minderheit wurde von israelischen Truppen vertrieben. Die Mehrheit flüchtete aus Angst vor den Kampfhandlungen wie auch aus Angst vor den israelischen Streitkräften. Dabei setzten sich erst die vermögenden Eliten, dann die Mittelklasse und später die ärmeren Gesellschaftsschichten ab. Israelische Kräfte waren an Vertreibungen und vereinzelten Massakern beteiligt. […] Eine konsistente Politik der Vertreibung wurde jedoch […] nicht verlautbart.“4

Zum bekanntesten Massaker an arabischen Palästinensern kam es am 9. April 1948 in Der Yasin, also vor der israelischen Staatsgründung im Bürgerkrieg. In diesem Bürgerkrieg standen sich vor allem die Hagana und arabische Milizen gegenüber. Im Dorf Der Yasin töteten während Kampfhandlungen Einheiten des Irgun und Lechi 100 – 120 Araber, in der Mehrheit Zivilisten. Die Hagana wurde von diesen Einheiten in den bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen unterstützt, gleichwohl operierten Irgun und Lechi auf eigene Faust. Nach der Staatsgründung wurde die Hagana in die regulären israelischen Streitkräfte umgewandelt. Nicht ohne Konflikte verlief die Eingliederung der Irgun und Lechi. Sowohl Hagana als auch die Jewsh Agency haben dieses Massaker jedoch klar verurteilt.5

Im Zuge des arabisch-israelischen Krieges flohen bis zu 600.000 Juden aus den arabischen Ländern. Viele von ihnen wurden schlicht vertrieben, auch aus den von jordanischen Streitkräften 1948 eroberten Teilen Jerusalems, zu denen nicht nur die östlichen Stadtteile gehörten, sondern auch die Altstadt mit dem dort seit Jahrhunderten existierenden jüdischen Viertel. Im Gegensatz zum Staat Israel, in dem bis heute ca. 20 % der Bevölkerung arabische Palästinenser sind, die im Parlament vertreten sind, in den Sicherheitskräften arbeiten, Bürgermeister-Posten einnehmen usw., sind die meisten arabischen Staaten, einschließlich der Gebiete, die unter der Kontrolle der Palästinensischen Autonomiebehörde stehen, „judenfrei“.

Während also durch bewusste Weglassungen eine Geschichtslüge verbreitet wird, kommt die Forderung nach einem „freien Palästina“, das vom Jordan bis zur Meer reichen soll, einer der Vernichtung des jüdischen Staates und einer Vertreibung eines Großteils der jüdischen Bevölkerung gleich. Im Gegensatz zur Behauptung im Aufruf, Israel würde eine Politik der Vertreibung und Massaker bis heute fortsetzen, handelt es sich bei der zentralen Forderung des Aufrufes um die seit 1948 bestehende Agenda des Muftis, die wenig modifiziert von Arafat, Abbas und den Gruppen Hamas, PFLP und DFLP übernommen worden ist. Der zentrale Inhalt des Aufrufs, der zwar die Diktion linken Politik-Sprechs bemüht, unterscheidet sich daher nur unwesentlich von der Hamas-Charta und deren aktuellen Verlautbarungen.

Der Inhalt des Aufrufs wurde (nicht nur) in der in Nordhessen und Kassel erscheinenden HNA entweder nicht zur Kenntnis genommen, was eigentlich zur Aufgabe einer gründlichen Recherche gehört. Oder man hat den Inhalt schlicht ignoriert. Wie sonst konnte die Zeitung über Ahmed Tubail am 15. Mai 2021 schreiben: „Tubail wendet sich gegen jeglichen Antisemitismus.“ Ein Hohn angesichts dessen, was im Aufruf steht.6 Ebenfalls wird Brigitte Domes, „Chefin“ (HNA) der „Deutsch-Palästinensische Gesellschaft, Regionalgruppe Kassel“, die explizit die antisemitische BDS-Bewegung unterstützt, wie folgt zitiert: „Das Existenzrecht Israel werde nicht infrage gestellt, wie es den Veranstaltern vorgeworfen wird.“ Eine eiskalte Lüge.7

Im Vorfeld ließ dann der ehemalige Kasseler Dechant, Harald Fischer, in einer an über 400 Empfänger versandten E-Mail wissen: Die Kundgebung erinnere an die „ungelöste Frage nach der Zukunft der Menschen in den palästinensischen Gebieten in Israel, auf den West-Banks und im Nahen Osten.“ Wir wissen nicht, wie Herr Fischer die beiden Sätze im Aufruf zur Kundgebung „Wir werden zurückkehren! Wir werden nach Hause kommen!“ versteht bzw. interpretiert. Seine Intervention gegen die Kundgebung zur Solidarität mit Israel lässt jedenfalls nicht erkennen, dass er sich der Problematik der Forderung nach dem „Rückkehrrecht“ bewusst ist. Die Umsetzung dieses „Rückkehrrechtes“ wäre die Liquidation des Jüdischen Staates und ist nichts anderes als die etwas vornehmere Form des Slogans „From the river to the Sea – Palästina will be free!“.8

Aktivist mit Stirnband der Hamas

Alles bleibt friedlich“ (HNA). Rechts im Bild: Saddam Hussein

Die allseits beliebte Diskreditierung Israels als Apartheidssystem

Die Nazis von heute sind die Juden

Der antisemitische Topos vom Juden als Kinderschlächter gepaart mit Nekrophilie. Die hier ebenfalls zu sehende Verwendung des Begriffs "Rassismus" steht für die Anschlußfähigkeit zum den Postkolonialen Linken.

Der antisemitische Topos vom Juden als Kinderschlächter gepaart mit Nekrophilie. Die hier ebenfalls zu sehende Verwendung des Begriffs „Rassismus“ steht für die Anschlussfähigkeit zu den Postkolonialen Linken.

… Unterstützer …

Die Vorsitzende der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) von VW-Baunatal, Seyda Demircan, und Harald Fischer waren nach bisherigem Kenntnisstand die einzigen prominenten Personen aus Kassel, die die Kundgebung unterstützten. Fischer sprach sich darüber hinaus auch ausdrücklich gegen eine Gegenkundgebung aus. Kleinparteien und linksradikale Grüppchen wie die „Revolution Hessen“, die SDAJ, die MLPD9 und ihre Satelliten, die Organisation „Internationalistisches Bündnis“, die in Kassel Anhänger der Terrorgruppe DFLP versammelt, und der Jugendverband Rebell unterstützten den Aufruf ebenfalls.

Ein gewisser Jörg Ulloth hielt auf dieser Kundgebung einen Redebeitrag. Aber wer ist Jörg Ulloth? Er ist laut „Literaturhaus Nordhessen e.V.“ einer der Betreiber des Café Buch-Oase. Jeff Halper, der eine ganze Nacht mit ihm diskutierte, nannte ihn einen „ardent Communist“. Zu den Unterstützern des Cafés gehören u.a. drei Gruppen aus dem Umfeld der MLPD: Die Gruppe Solidarität-International e.V. (SI) RG Kassel, das VW-Komitee Kassel und das Internationalistisches Bündnis RG Kassel, ferner auch das Café Palestine Colonia, das 2018 ganz offen für die PFLP Werbung gemacht hat.10

Zur Kundgebung kamen ca. 500 Teilnehmer. Die sattsam bekannten Rufe „Israel – Terrorist“, „Kindermörder-Israel“, „Allahu-Akbar!“ usw. wurden skandiert. Hamas-Stirnbänder wurden getragen, Bilder von Saddam Hussein präsentiert, die israelfeindliche Identifikation des israelischen Staates als System der Apartheid oder die Gleichsetzung der israelischen Politik mit der der Nazis wurden auf Plakaten und Transparenten präsentiert. Das häufig auf Kasseler Ostermärschen gezeigte Banner mit „Schluss mit Vertreibung und Besatzung“ war ebenfalls zu sehen.

… Angst und Solidarität

Diesem Mob stellten sich etwa 150 Menschen entgegen. Nachdem das Bündnis gegen Antisemitismus Kassel bereits am Vortag, am 14. Mai, an den Tag der Gründung Israels erinnerte, rief das „Junges Forum DIG“ und die „Deutsch-Israelische Gesellschaft Kassel“ und andere am 15. Mai zur Kundgebung „Solidarität mit Israel – Gegen antisemitischen Terror“ auf. Auch ein Vertreter der Kasseler Falken und des BgA-Kassel hielten einen Redebeitrag.11 Vertreter der CDU und der FDP zeigten sich solidarisch. Auch der SPD-Abgeordnete Timon Gremmels suchte die Kundgebung auf. Er konnte es allerdings nicht lassen, in seiner Mitteilung auf Facebook gleich im zweiten Satz darauf hinzuweisen, dass man die Regierung Israels auch kritisieren dürfe.12 Von den Vertretern derjenigen, die sonst den Antifaschismus wie eine Monstranz vor sich hertragen und bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit „Nazis raus!“ oder „Nie wieder Faschismus – Nie wieder Krieg!“ skandieren, war weit und breit nichts zu sehen, zu hören und zu lesen.

In der HNA vom 15. Mai wurde erwähnt, dass die jüdische Gemeinde den Gottesdienst aus Angst abgesagt hatte und dass die gerade neu beklebte Straßenbahn, die an jüdisches Leben in Kassel erinnern soll, im Depot bleibt. Damit wird deutlich, dass in der Stadt ein Klima der Angst herrscht. Angst der Kasseler Juden vor antisemitischen Angriffen. Trotzdem hielt es die Zeitung für wichtig, angesichts der bedrohlichen Kundgebung zu titeln: „In Kassel blieb es friedlich“.

Während in den Medien mehrheitlich die Umtriebe in verschiedenen Städten Deutschlands am 15. Mai und davor als das erkannt wurden, was sie waren, als antisemitische Zusammenrottungen, blieb die HNA in der Bewertung der Kasseler Kundgebung seltsam indifferent.13 Obwohl der Ruf „Israel Kindermörder“ und die Parole „Freies Palästina“ auf dem Staatsgebiet Israels im Artikel benannt wurden, kam erneut Tubail zu Wort. „Man habe sich von den antisemitischen Ausschreitungen distanzieren wollen“ wurde er zitiert. Aus Tubails Sicht ist „ist jeder antisemitische Vorfall einer zu viel.“ Die auf der Hand liegende Nachfrage, warum er sich dann an der Organisation eines antisemitischen Aufmarsches beteiligte, unterblieb.

Nachtrag

Die CDU-Fraktion in der Kasseler Stadtverordnetenversammlung ergriff die Initiative, eine Resolution einzubringen, die den Antisemitismus auf den Straßen und den Terror gegen Israel verurteilen sollte. Selbst der dann eher allgemein formulierten Resolution, die die CDU, die SPD, die Grünen und die FDP am 17. Mai 2021 in die Stadtverordnetenversammlung einbrachten, wollte die Fraktion der Kasseler Linke nicht zustimmen.

In der Resolution hieß es: „Die Stadtverordnetenversammlung […] verurteilt die Hasstiraden gegen Juden in Deutschland. Angriffe auf jüdisches Leben und jüdischen Einrichtungen, brennende Israelfahnen, Steinwürfe auf Synagogen und antisemitischer Mob auf den Straßen sind unerträglich und nicht hinnehmbar. Verbrämt unter dem Deckmantel des „Antizionismus“ zeigt sich in Wahrheit ein offen vorhandener Antisemitismus […] Die Stadtverordnetenversammlung […] stellt sich klar und entschieden gegen jede Form von Antisemitismus. […]“

Die Kasseler Linke ließ verlautbaren, dass der Konflikt instrumentalisiert würde und die Resolution würde „Öl ins Feuer gießen.“14

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1 Aufruf zu den Aktionstagen der andauernden Nakba 2021, auf: www.palaestinaspricht.de

2 Die Rolle linksextremer Terror-Anhänger bei judenfeindlichen Demos, in: welt.de. Der Aufruf der Gruppe Samidoun findet sich hier: Berlin, 15. Mai: Die populäre Demo für Rückkehr und Befreiung in Palästina.

3 Facebook-Veranstaltungs-Ankündigung Kundgebung zum Tag der Nakba

4 „Palästinakrieg“, in: Wikipedia. Kurz: Es war das erklärte Ziel des arabischen Angriffskrieges , die Juden zu vertreiben. Die Flucht und Vertreibung der arabischen Bevölkerung war dagegen kein Plan israelischer Politik.

5 „Massaker von Deir Yasin“, in: Wikipedia

6 Die HNA ließ im Vorfeld der Kundgebung die beiden einschlägigen Aktivisten unkommentiert zu Wort kommen. Vgl.: Zunehmender Hass auf Juden, in: HNA, 15.05.2021. Ahmed Tubail ist Vorsitzender des Vereins „Palästinensische Gemeinde-Kassel, dem man mindestens die Nähe zur DFLP nachsagen kann. Vgl. hierzu: Antisemiten und Völkische auf Kassels Sommer- und Straßenfesten.

7 Siehe FN 6. Die Deutsch-Palästinensische Gesellschaft e.V. Kassel wird auf der Internetseite der Gruppe BDS als Unterstützer genannt.

8 Die Forderung nach dem Rückkehrrecht hat bisher alle Friedensverhandlungen mit Israel und der Fatah torpediert. Vgl. zu dieser Problematik z.B.: Martin Klingst, Weniger Geld für die Krake, in Zeit-Online, 22. Januar 2018

9 „Revolution Hessen“ und die SDAJ gehören dem „Bündnis Gegen Rechts Kassel“ an. Das Kasseler MLPD-Mitglied und Ortsvorsteher in Rothenditmold, Hans Roth, erklärte im Zusammenhang unserer Presse-Mitteilung in der HNA am 8. Mai 2021, er könne es nicht nachvollziehen, dass seine Partei mit israelfeindlichen Gruppen zusammenarbeite und er spreche sich auch strikt gegen Antisemitismus aus. Die MLPD steht nicht nur wegen ihres positiven Bezuges auf die Stalinära in der Kritik, sondern auch wegen der Zusammenarbeit mit der PFLP und der DFLP. Beides sind terroristische Gruppen. Der Chef des Thüringer Verfassungsschutzes Stephan Kramer forderte dieses Jahr das Verbot der PFLP und erhielt dafür eine breiten Zuspruch aus Politik und Gesellschaft. Vgl.: tagesspiegel.de, Breite Unterstützung für Verbot palästinensischer Terrororganisationen in Deutschland, 14.05.2021.

10 Zum Café Buch-Oase siehe: Die Café Buch-Oase Connection. Das Café Palestine Colonia wird wie die IPPNW, die ebenfalls das Café unterstützt, als deutsche Unterstützergruppe der BDS aufgezählt. Über das Café Palestine Colonia, siehe: belltower.news, „From the river to the sea!“ Antizionistische Kundgebung in Köln, 10.07.2020

11 Der Redebeitrag des BgA-Kassel ist hier dokumentiert: Für Israel – Gegen Antisemitismus und Terror

12 Der SPD-Politiker postete am 15.05.2021 folgendes: „Das Existenzrecht des Staates Israel ist deutsche Staatsräson. Das heißt aber nicht, das man die Regierung Israels nicht auch kritisieren darf. Was aber keinesfalls geduldet werden kann, sind Demonstrationen vor Synagogen gegen den Staat Israel und gegegen Juden oder die Beschimpfung eines Rabbiners – letzteres ist gestern in Kassel geschehen. Das ist zweifelsohne antisemitisch und gegen jede Form des Antisemitismus gilt es Flagge zu zeigen. Vielen Dank der Deutsch-Israelischen-Gesellschaft Kassel für die Organisation der heutigen Demonstration und dem Platzverweis für die Trittbrettfahrer der AfD.“

13 Der Umgang der Zeitung mit den Ereignissen gipfelte im Abdruck eines dpa-Artikels, der die, angesichts der Ereignisse aberwitzige, These vertrat, die AfD nehme eine problematische Rolle ein. Antisemitismus ist vielschichtig. In Deutschland schwierige Gemengenlage: Von Rassismus bis Erinnerungsabwehr“, HNA, 15.05.2021

14 Kassel verurteilt „Hasstiraden gegen Juden“, HNA, 19.05.2021

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Für Israel – Gegen Antisemitismus und Terror

(Wir veröffentlichen hier den Text des Beitrages, den wir auf der Kundgebung „Kundgebung: Solidarität mit Israel – Gegen jeden Antisemitismus“ am 15.Mai 2021 und auf der Mahnwache zum Jahrestag der Gründung Israels, am 14. Mai 2014 gehalten haben.)

„Wenn die Araber die Waffen niederlegen, gibt es morgen Frieden. Wenn die Juden ihre Waffen niederlegen, gibt es morgen kein Israel mehr.“ (Golda Meir)

Am 14. Mai 1948 wurde Israel gegründet. Es ist eine fast unglaubliche Geschichte. Die Juden hatten seit Jahrtausenden in diesem Teil der Erde gelebt, mit Jerusalem als ihrer Hauptstadt. Besiegt und außer Landes gejagt von den Römern, wanderten sie in viele Länder der Welt, vor nach Europa, Nordafrika und Mesopotamien. Andere blieben über die Jahrhunderte in Palästina und Jerusalem, beherrscht von wechselnden islamischen Herrschern, zuletzt den Türken. Ihre Geschichte in Europa und in den arabischen Ländern ist von Ausgrenzung, Mordwellen und Pogromen schlimmster Art charakterisiert. Europa vor allem Deutschland ist der Hort wo der der moderne Antisemitismus entstand. Auch Nordhessen spielt in diesem Zusammenhang eine unrühmliche Rolle. Der zum modernen Antisemitismus gewandelte Judenhass fand in der Shoah seine Vollendung, der von Deutschland begangene und geplante Mord an den europäischen Juden.

Nach dem Niedergang des osmanischen Reiches geriet Palästina als Mandat 30 Jahre unter die Herrschaft der Engländer. Nach fürchterlichen Pogromen in Russland wanderten seit Ende des 19. Jahrhunderts Juden vor allem aus Osteuropa aber auch aus anderen Teilen der Welt in fünf großen Wellen nach Palästina ein und begannen, das Land zu bearbeiten, ein Gemeinwesen zu gründen, Wirtschaft und Industrie, die Grundlagen für einen Staat aufzubauen, der dann 1948, am 14. Mai gegründet wurde. Nach dem Weißbuch der britischen Regierung im Jahre 1939 wurden der Flucht und Auswanderung in das noch unter britischer Herrschaft befindliche Palästina große Hürden in den Weg gelegt, was sich für die Juden, die dem Machtbereich Nazideutschlands nicht entkommen konnten, als Todesfalle erwies.

Für viele Überlebende des Holocaust und den nach 1948 zu Hunderttausenden aus den arabischen Staaten vertriebenen Juden wurde der neu gegründete Staat Israel dann zu einer neue Heimstatt. Der 14. Mai wäre also ein Grund zu feiern – leider stehen heute am andere Ereignisse im Vordergrund.

Der sich um 1948 in Israel aufhaltende Schriftsteller Arthur Koestler schrieb: „So gut wie alle unabhängigen Staaten sind durch einen gewaltsamen und zum jeweiligen Zeitpunkt rechtswidrigen Umsturz entstanden, der nach einer Weile als vollendete Tatsache hingenommen wurde. Nirgendwo in der Geschichte […] finden wir ein Beispiel eines Staates, der durch eine internationale Vereinbarung friedlich ins Leben trat. Auch in dieser Hinsicht ist Israel eine Ausnahmeerscheinung.“1 Doch dieser Tatsache zum Trotz war dieses Datum der verabredete Tag X, an dem die Armeen fünf souveräner arabischer Staaten von Norden, Osten und Süden und die vom vom Nazikollaborateur und Kriegsverbrecher Mufti Mohammed Amin al-Husseini geführten arabischen Palästinenser den gerade gegründeten Staat überfielen, um ihn auszulöschen, oder wie es der PLO-Vorsitzende Achmed Shukeiri 1967 einmal formulierte: „Die Juden ins Meer zu treiben“. Bekanntlich scheiterte dieses Vorhaben. Doch die Niederlage von 1948 hielt die arabischen Staaten und die in Israel und den angrenzenden Gebieten lebenden arabischen Palästinenser nicht davon ab, den Kampf gegen Israel fortzuführen. Kriege gegen den Staat Israel und Terror gegen Juden wechselten seit 1948 einander ab.

Nachdem die wichtigsten arabischen Staaten Jordanien und Ägypten mit Israel Frieden schlossen und die Terrorgruppe PLO in verschiedene Verhandlungsrunden eingebunden wurde, sind es vor allem die bis an die Zähne bewaffneten Organisationen HAMAS und die Hisbollah und ihre Hilfstruppen, die einen permanenten Krieg gegen Israel führen, den sie nach Belieben eskalieren. Unterstützt werden diese beiden Gruppen vor allem durch den Iran, aber auch durch die Türkei und die international agierende Muslimbruderschaft. Die vor allem durch Unfähigkeit und Korruption auffallende Regierung der palästinensischen Autonomiebehörde agiert in diesem Konflikt völlig undurchsichtig und mit klammheimlicher bis offener Sympathie für Hamas und Co.. Auch kleinere Gruppen, wie die PFLP, DFLP und der Islamische Djihad sind mit von der Partie, wenn es darum geht, gegen Israel und gegen Juden vorzugehen.

Wie zu diesem Anlass leider allzu oft, kam es vor zwei Wochen in Zusammenhang mit dem diesjährigen Ramadan aber auch in Folge eines privatrechtlichen Streits um den Besitz eines Hauses in Jerusalem zu Ausschreitungen auf dem Tempelberg. Hunderte Palästinenser warfen Steine auf israelische Sicherheitskräfte, die für alle Gläubigen in Jerusalem die heiligen Stätten in Jerusalem bewachen, um so die Ausübung ihrer jeweiligen Religion zu garantieren. Gewalttätige Palästinenser standen mit Flaggen der Terrororganisation Hamas vor der Moschee und riefen „Bomb Bomb Tel Aviv“ und „Death to Israel“. Es blieb aber nicht dabei: Der israelische Student Yehuda Guetta wurde von palästinensischen Terroristen an einer Bushaltestelle erschossen. Zwei weitere Studenten wurden teils schwer verletzt.2 Dann wurden aus Gaza wieder brennende Luftballons nach Südisrael geschickt, um Land und Häuser zu zerstören.

Es folgte aus dem Gaza ein bisher in diesem Ausmaß nicht gekannter Beschuss Israels mit Raketen, der mehrere Verletzte und eine Reihe von Toten in Israel zur Folge hatte. Mittlerweile über 2000 Raketen wurden nach Israel gefeuert. Sie erreichten Tel Aviv, Jerusalem und auch Kassels Partner Stadt Ramat Gan. Die meisten Raketen konnten durch das effektive, aber für Israel auch sehr teure Raketenabwehrsystem Iron Dome3 abgefangen werden.

Doch angesichts des massiven Beschusses konnte es nicht bei reinen Defensivmaßnahmen bleiben. Um den antisemitisch motivierten Beschuss effektiv zu unterbinden, sind die israelischen Sicherheitskräfte, vor allem die Israel Defence Forces (IDF) dazu gezwungen, die Abschussbasen und Kommandostrukturen zu bekämpfen. Da die meisten Raketenbasen und Kommandozentralen der Hamas und anderer Organisationen mitten in größeren Städten platziert sind, führten die Versuche der IDF, diese zu zerstören, ebenfalls zu Opfern unter der Zivilbevölkerung im Gaza.4

Während sich der jüdische Staat, um seine Bürger zu schützen, selbstverständlich gegen Raketenbeschuss und Terroranschläge verteidigt, häufen sich hierzulande die ersten antisemitischen Vorfälle. Sekundiert werden die Angriffe gegen Israel aus dem Gaza durch antisemitische Zusammenrottungen vorwiegend islamisch-arabischer und islamisch-türkischer Gruppen und Aktivisten. Unterstützt werden sie von Antizionisten linker Provenienz, zu denen in Kassel neben linksradikalen Splittergrüppchen wie die SDAJ und die Gruppe Revolution auch Kasseler Anhänger der DFLP gehören, die aus dem Umfeld der MLPD kommen, sowie vom Verein Deutsch-Palästinensische Gesellschaft, der zu den BDS-Supportern aus Kassel gehört. Auch ein gewisser Harald Fischer gab sich die Ehre für die das Wort zu ergreifen.

Bestürzend sind die „ausgewogenen“ Reaktionen in den Medien und Politik, die zur Mäßigung beider Seiten und zur Deeskalation aufrufen. Es dauerte lange, bis sich der durch seine Beschwichtigungs-Politik gegenüber dem Iran und der Palästinensischen Autonomiebehörde völlig unglaubwürdige Außenminister Heiko Maas zu einer halbwegs akzeptablen Erklärung durchrang. Immer wieder – auch in der lokalen Presse5 – wurde über Profiteure der aktuellen Eskalation in der israelischen Politik gemunkelt und damit das antisemitische Stereotyp bemüht: Der Jude ist selbst schuld.

Wer Raketen auf Israel schießt, wer mit Brand-Ballons israelisches Land zerstören will, wer israelische Zivilisten erschießt, wer aus Spaß Juden schlägt, wer „Bomben auf Tel Aviv“ und „Tod Israel“ ruft und wer sich vor diese Gruppen stellt, die dies zu verantworten haben und gar sich an Synagogen oder jüdische Passanten vergreift, sie – wie gestern auch in Kassel – mit „Scheiß Juden“ und schlimmerem beschimpft, wer wie auch in Kassel mit Parolen „Denn eine Welt, in der Palästina vom Meer bis zum Fluss frei sein wird …“ mobilisiert6 und damit judenfrei meint, der ist ein Antisemit und als solcher zu verurteilen.

Mit Antisemiten gibt es nichts zu verhandeln! Deeskalation liegt nicht in ihrem Interesse, Kompromisse mit ihnen zu schließen ist unmöglich.

Israel ist uneingeschränkt zu verteidigen. In Israel tun dies die IDF und die dafür zuständigen Sicherheitsorgane. Deutschland und seine Bürgerinnen und Bürger – nicht nur der Geschichte geschuldet – haben Israel bedingungslos zur Seite zu stehen!

Free Gaza from Hamas!

Gegen Antisemitismus heißt:

Gegen Antizionismus und Israelkritik!

Uneingeschränkte Solidarität mit Israel!

Zur Hölle mit der Hamas, der Hisbollah und ihren Verbündeten!

Nieder mit dem Mullah-Regime im Iran!

Israel for ever!

1 Arthur Koestler, Mit dem Rücken zur Wand. Israel im Sommer 1948. Coesfeld, 2020, S.15

2 Vergleiche hierzu den ausführlichen Bericht: John Kunza, Sheikh Jarrah, the story behind the story. New analysis: How a small East Jerusalem neighborhood led to a large crisis, jewishunpacked.de, 14. Mai 2021

3 Iron Dome ist ein reines Defensiv-Waffen-System. Eine einzige Abwehrrakete kostet zwischen 35.000 und 50.000 US-Dollar. In der Regel, werden zwei Raketen auf ein Projektil abgeschossen. Vgl.: Wikipedia-Eintrag, Iron Dome

4 Die Hamas platziert die Abschussbasen mitten in den Städten. Bei Angriffen auf die Kommandozentralen der Hamas oder des Islamischen Jihads und anderer warnt die israelische Luftwaffe i.d.R. die Bewohner der betroffenen Häuser vor dem bevorstehenden Angriff. Durch „fehlgeleitete“ Raketen, die aus dem Gaza abgeschossen wurden, kamen etliche Zivilisten im Gaza ums Leben, darunter zahlreiche Kinder. Detailliert dazu: Nine children killed in Gaza Strip as violence escalates, dci-palestine.org, 11. Mai 2021

5 Der Journalist Jörg S. Carl bemühte am 11.05.2021 in der HNA die abgeschmackte Parole vom „ewigen Kampf um die heilige Stadt“, um dann festzustellen, „[…] dahinter […] tritt […] die Fortsetzung der Strategie aller national-konservativen Regierungen offen zutage, den Ostteil sukzessive unter völlige Kontrolle zu bringen. Die Enteignung – und damit Vertreibung – der Palästinenser ist Bestandteil eines übergeordneten Plans […].

6 In Kassel war der Aufruf der Gruppe „Palästina spricht“ übernommen worden, die überregional zu den Kundgebungen in ganz Deutschland mobilisierte. („Aufruf zu den Aktionstagen der andauernden Nakba“, palaestinaspricht.de) Noch deutlicher „Palästina, ganzes Palästina .. vom Fluss zum Meer Gemeinsam siegen“ so die Schlusssätze der Gruppe samidoun, die ebenfalls in Berlin und ganz Deutschland zu den Kundgebungen aufgerufen hat. (samidoun.net, 6. Mai 2021)

Auch in Kassel: #unteilbar mit Antizionisten

(Update: 18. Juli 2019)
Das Bündnis gegen Rechts ruft in Kassel zu einer Kundgebung gegen den geplanten Aufmarsch der rechtsextremistischen Kleinstpartei „Die Rechte“ auf. Gründe gegen diese Partei, die offen nationalsozialistische Propaganda betreibt, aufzutreten gibt es mehr als genug. Den Aufruf des Kasseler Bündnisses gegen Rechts haben auch klar antizionistisch und antisemitisch ausgerichtete Gruppen unterzeichnet: DKP-Nordhessen, Gruppe Arbeiterinnenmacht, Kasseler Friedensforum, MLPD Kreis Kassel, Jugendorganisation REVOLUTION und die SAV. Mit der „Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft“ hat mittlerweile auch eine Kasseler Gruppe den Aufruf unterzeichnet, die wie die MLPD die offiziell für antisemitisch erklärte BDS-Bewegung unterstützt (siehe: BDS-Unterstützer) und deren Vorsitzende sich an den antisemitischen Aufmärschen im Sommer 2014 beteiligte. Auch Gruppen, die „Israelkritik“ befördern oder dieser gesellschaftlich akzeptierten Form des Antisemitismus zumindest gleichgültig gegenüber stehen, wie die Bildungsstätte Anne Frank, die VVN Kassel, die Partei „Die Linke“, die Gruppe Pax Christi usw. sind auf dem Aufruf zu finden. Wie ein Bündnis gegen eine Nazi-Partei, deren ideologische Grundlage der Antisemitismus ist (vgl. Moishe Postone), Antisemiten einschließen kann, bleibt das Rätsel der Organisatoren.

Das Bündnis gegen Rechts in Kassel, Screenshot 15. Juli 2019

Während die Gruppe REVOLUTION zum gewaltsamen Sturz der israelischen Regierung aufruft und Kontakte zu terroraffinen palästinensischen Gruppen unterhält (siehe BgA-Kassel: Die Rechte und der Antisemitismus als allgemeine Erscheinung), man aber sagen könnte, aufgrund ihrer gesellschaftlichen Irrelevanz wäre sie mit Nichtbeachtung zu bestrafen, ist die Gruppe „Internationalistisches Bündnis“, die ebenfalls auf dem Aufruf zu finden ist, gesondert zu erwähnen. Dieses „Bündnis“, welches eine Vorfeldorganisation der stalinistischen MLPD ist, führt eine Organisation namens „Örtliche Gruppe Kassel der DFLP (Demokratische Front zur Befreiung Palästinas)“ als Trägerorganisation auf. Die DFLP ist eine palästinensische Terrororganisation, auf deren Konto das Ma’alot-Massaker im Jahr 1974 in Israel geht, bei dem 31 Schüler und Lehrer ermordet wurden. Auch während der sogenannten zweiten Intifada führte diese Organisation bewaffnete Aktionen gegen israelische Sicherheitskräfte durch.

Trägerorganisation des „Internationalistischen Bündnisses“ ist auch die „Örtliche Gruppe Kassel der DFLP“. (Screenshot, 15. Juli 2019)

Antifaschistische Organisationen rühmen sich – oft zurecht – ihrer Recherchearbeit. Ob sie auf dem Auge palästinensischer Antisemitismus und Terrorismus sowie Antizionismus* im Allgemeinen blind sind, oder bewusst solche Gruppen in ihre Bündnisse einreihen, muss hier ungeklärt bleiben. Auch bei der ersten Kundgebung am 22. Juni 2019 anlässlich der Ermordung Walter Lübckes war das „Internationalistische Bündnis“ als Mitveranstalter aufgeführt. Die Stadt Kassel beteiligte eine Woche später die legalistischen Islamisten des „Arbeitskreises Muslimische Gemeinden in Kassel“ an ihrer Großkundgebung.

*Obwohl es rauf und runter diskutiert wurde, hier nochmal ein Verweis auf den Zusammenhang von Antizionismus und Antisemitismus: Leon Poliakov, Vom Antizionismus zum Antisemitismus, Freiburg 1992

Wir hatten eine Pressemitteilung formuliert: PE zum Aufruf des Bündnis gegen Rechts Kassel zur Demo am 20.07.19 in Kassel

Die Rechte und der Antisemitismus als allgemeine Erscheinung

„Israel ist unser Unglück“ heißt es auf einem Wahlplakat der Nazipartei „Die Rechte“. Es wurde auch in Kassel entdeckt. (iSAK, „Meldung 60“) Dieses Plakat ist mehr als nur eine Provokation. Die Parole ist eine Anleihe an den ursprünglich vom Antisemiten Heinrich von Treitschcke ersonnenen und dann vom Stürmer übernommenen Slogan „Die Juden sind unser Unglück“. Gegenstand strafrechtlicher Ahndung scheint dieser bewusst offen artikulierte Antisemitismus bisher nicht zu sein, man darf gespannt sein, ob der Anzeige der Jüdischen Gemeinden (vgl. Die Welt, 07.05.2019) ein Erfolg beschert sein wird. Auch durften die Anhänger dieser Partei kürzlich uniformiert einen Fackelmarsch abhalten. Auch hier liegt die bewusste Anleihe an den Nationalsozialismus auf der Hand. Viele Anhänger hat diese Partei nicht, politisch und gesellschaftlich ist sie völlig isoliert. Treten Anhänger der Partei auf, sind Gegendemos meistens sofort organisiert und in der Regel übertrifft die Anzahl der Anhänger der Gegendemonstranten die Anzahl der Nazis, vermutlich aber auch die der Antizionisten auf dieser Seite die der auf der Gegenseite.

Eine Kombination auf die im Blog Ruhrbarone Stefan Laurin aufmerksam gemacht hat.

Die stramm antizionistische und stalinistisch/maoistische MLPD, die Kontakte zur Terrororganisation PFLP unterhält, tritt mit der gleichen ideologischen Zielrichtung auf, macht es aber etwas subtiler, indem sie das Wort Israel nicht in den Mund nimmt, sondern mit dem positiv besetzten Begriff Freiheit daherkommt. „Freiheit für Kurdistan und Palästina“ heißt im MLPD-Sprech auf einem, auch in Kassel an vielen Stellen aufgehängten, Plakat zur Wahl, dabei ist nicht etwa die Befreiung des Gaza von der Hamas, oder die der Palästinenser vom Islam oder von ihrer korrupten ohne Wahlmandat herrschenden Regierung gemeint, sondern gemeint ist die Liquidierung des jüdischen Staates. Auch die MLPD ist mehr oder weniger völlig isoliert – eine Ausnahme ist der Kasseler Stadtteil Rothenditmold, dort stellt sie einen, auch von der CDU mitgewählten, Ortsvorsteher. (vgl., HNA, 08.06.2016) Im Unterschied zur Partei „Die Rechte“, lösen die Aktionen dieser Partei jedoch selten Proteste der Zivilgesellschaft aus, gelegentlich werden sie sogar als Bündnispartner akzeptiert, vor allem dann, wenn es gegen Rechts oder für den Frieden (=gegen Israel und / oder die USA) zu mobilisieren gilt.

Auf dem Bild Rechts geht es um eine Reise zu der Organisation IYU. Die IYU ist eine Jugendorganisation der FIDA, die, obwohl als gemäßigt geltend, mit der, als Terrororganisation zu bewertenden DFLP über eine gemeinsame Wahlliste verbandelt ist. (vgl., FIDA, Wikipedia) Auf dem Bild rechts propagiert die Gruppe REVO, eindeutig illustriert, Maßnahmen gegen die Ergebnisse der demokratischen Wahl in Israel, bei der auch arabische Parteien zur Wahl standen.

Ähnlich steht es mit der trotzkistischen Splittergruppe REVOLUTION. Auch die ist in Kassel und Nordhessen unterwegs. Sie unternimmt Bildungsreisen zu politischen Gruppen, die mit palästinensischen Terrorgruppen assoziiert sind und sie ruft, nach Abhaltung der Wahlen in Israel, mit unverkennbarer Bildersprache dazu auf, Israel mit Gewalt zu beseitigen. Im Text des Posting zur Wahl in Israel heißt es: „Weder die rechte Regierung Netanyahus […] noch ein kapitalistischer Staat Israel als Ganzes haben irgendwelches Existenzrecht.“

Diese auch in Kassel tätigen Aktivisten dieser antisemitischen Gruppen, die die Zahl Kasseler Nazis übertreffen dürfte, werden nicht etwa von Kundgebungen verjagt, denen es angeblich um das Klima, gegen Rechts, um Frauenrechte oder Bildung geht, zuletzt durften sie ungestört auf der 1. Mai-Kundgebung mitmarschieren. Wie immer marschierten ihre Anhänger zusammen mit ihren palästinensischen Bündnispartnern auch beim Ostermarsch in Kassel mit.

Aktionseinheit in Kassel: SDAJ, REVO und Palästinensische Aktivisten auf dem Ostermarsch. (Facebook 24.04.2019)

Soweit so unappetitlich.

Man sollte aber festhalten. Diese Gruppen bilden einen gesellschaftlich weitgehend isolierten rechts- und linksextremen Rand der Gesellschaft ab. So sehr auch der Antisemitismus als zentraler Bestandteil der Weltanschauung dieser Gruppen und dieser Milieus eine Rolle spielt, der gesellschaftliche Einfluss islamistisch-faschistischer Verbände und Gruppen wie die DITIB, z.T. offen antisemitischer, wie die Milli Görüs, die ATB, die Muslim-Bruderschaft usw. in Deutschland, in Nordhessen oder in Kassel ist deutlich größer. (Vgl., AK Raccoons: Niemand kann auf Dauer eine Maske tragen.) Oft sind diese Gruppen Dialogpartner, wie in Kassel auf kommunaler Ebene und via Zentralrat der Muslime auch auf der Regierungsebene, sie haben Einfluss in Gremien wie im Rundfunkrat oder im Curriculum für Religionsunterricht oder agieren, oft entweder völlig unbeachtet oder gar umworben, an den Universitäten (auch in Kassel) und dominieren zunehmend das Leben in den Einwanderercommunities.

So wie die Juden in Europa, dort vor allem in Deutschland, Frankreich aber auch in den USA zunehmend bedroht sind (vgl. Violent attacks against Jews worldwide …), so wird Israel vom Iran direkt und von den, von diesem unterstützten islamistischen Gruppen, wie die Hisbollah und der Islamischer Jihad und von der mit der Muslimbruderschaft verbandelten Hamas bedroht. Machen sie das war, was sie propagieren, die Vernichtung des jüdischen Staates, so ist dieses die Verwirklichung der Vernichtungsabsicht, die dem Antisemitismus innewohnt. Im Gegensatz zu der Partei „Die Rechte“ und zur MLPD, als auch zu solchen Gruppen wie die REVO u.ä., verfügen der Iran und seine Verbündeten in der Region über die Mittel, das Ziel ihrer Ideologie auch umzusetzen.

Wenn dann auch noch der offizielle Vertreter Deutschlands dem Iran zum „Revolutionsjubiläum“ gratuliert, die verspätete Gratulation zum Wahlsieg der israelischen Regierung durch die Bundesregierung nicht ohne Belehrungen auskommt, die Vertreter der Bundesregierung eine unentschlossene Haltung zur israelfeindlichen Abstimmungen in der UNO auszeichnet, Israel, wenn es sich gegen die Raketenangriffe der Hamas zur Wehr setzt, wie ein ein Schulhofrüpel ermahnt wird, Zurückhaltung zu üben, der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung dem allen nicht widerspricht, dann rundet sich das Bild ab, das Juden so interpretieren, sie lebten in einem Ausnahmezustand.

Rinks und Lechts – Antisemitismus eint

 

Was REVOLUTION und Antisemiten in der AfD eint: Der Haß auf Israel

REVOLUTION und AfD, sie mögen sich spinne feind sein. Die Einen rufen im Bündnis gegen Rechts Kassel oder wie jüngst in loseren Zusammenhängen dazu auf, die Anderen an ihren Treffen zu hindern und fühlen sich dabei wie die Interbrigadisten damals in Spanien, diese Anderen würden jene am liebsten im Gefängnis und im Steinbruch sehen. Eines eint sie jedoch: Der Haß auf Israel. Während die REVO, die nach eigenen Angaben gegen jeden Nationalismus vorgeben zu kämpfen, anläßlich des 1. Mai in Berlin zusammen mit der BDS, diversen Pro-Palästina-Gruppen u.a. die Palästinafahne hissen und zur Befreiung ganz Palästinas aufrufen, ist es bei der AfD komplizierter. Der nordhessische AfD-Aktivist, Putinfan und Judenhasser Gottfried Klasen und ein Wolfgang Gedeon mögen in ihrer Partei eher isoliert sein, waren aber beide als Delegierte auf dem Parteitag 2017 in Köln gewesen.

Wie auf dem Bild dokumentiert, hat Klasen jüngst einen Beitrag gepostet, auf dem der insbesondere in rechtsextremistischen und Querfront-Kreisen gern genutzte Begriff JSIL genutzt wird und Israel vorgeworfen wird, Verbündeter des IS zu sein. Ein Follower Klasens pflichtet diesem bei und bringt unwidersprochen den „Ewigen Juden“ ins Spiel. Im Gegensatz zu den Revos gibt es aber in der AFD und ihrem Umfeld Widerspruch zu diesen Positionen – das macht Leute wie Klasen nicht besser und ihren Anhang nicht ungefährlich, vor allem deswegen, weil der Widerspruch halbherzig bleibt. Doch selbst der halbherzig vorgebrachte Widerspruch unterscheidet die AfD von der REVO.

Widerspruch bei der REVO ist maximal ein unbegriffener Begriff, der irgendetwas mit Kapitalismus und Dialektik zu tun hat, in den eigenen Reihen jedoch mit Verrat gleichgesetzt wird. Dass solche Kanaillien wie die REVO im übrigen bei jenen geduldet werden, die jüngst den Protest gegen die AfD organisierten, macht das Anliegen letzterer nicht gerade glaubwürdig.

(jd)

Auch in Kassel: Am 1. Mai Solidarität mit antisemitischen Terrororganisationen

Der DGB pflegt im Gegensatz zu anderen internationalen Gewerkschaftsorganisationen ein freundschaftliches Verhältnis zu Israel und der dortigen Gewerkschaft, dem Histradut. Seit 1957 gibt es viele Kontakte zwischen DGB und Histradut. Vor 40 Jahren wurden diese Kontakte in einer formellen Partnerschaftsvereinbarung festgehalten, so heißt es in einer Presserklärung des DGB. Der DGB spricht sich regelmäßig nicht nur gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus aus, sondern auch gegen Antisemitismus. In Kassel arbeitet der DGB unter anderem auch mit der Informationsstelle Antisemitismus Kassel zusammen.

Der 1. Mai wird in vielen Städten von vielen linken Organisationen, mit dabei oft recht obskure Gruppen und Grüppchen dazu genutzt, Flagge zu zeigen. Auch in Kassel waren und sind immer wieder die MLPD, SAV u.ä. dabei. Dieses Jahr soll es einen „Internationalen Block“ geben. Aufgerufen zu diesem Block hat eine Organisation, die sich REVOLUTION nennt.

Toleranz

Links: Würde man auf einer DGB-Veranstaltung Aktivisten tolerieren, die den Boykott von VW-Produkten fordern? Eher nicht! Eine Organisation, die aber israelische Produkte, die in der Westbank produziert werden, boykottiert und dabei den Verlust hunderter Arbeitsplätze in Kauf nimmt schon. Rechts: Würde man die Fahne einer Organisation dulden, die Dachau für eine fortschrittliche Maßnahme des Strafvollzuges erklärt und dem deutschen Führer neben ein paar verzeihlichen Fehlern große Verdienste zuspricht? Wohl eher nicht! An den Fahnen der MLPD und ihrem Stand auf dem Fest zum 1. Mai des DGB störte sich jedoch keiner.

Im Teil des Aufrufs, der sich dem Thema „Imperialistischer Krieg“ widmet, heißt es u.a. „Es geht um die Sicherung von Rohstoffen, Profiten und geostrategischen Interessen. Das reaktionäre Regime wie Saudi-Arabien, Israel, die Türkei, der Iran oder der sogenannte „Islamische Staat“ diese Konflikte nutzen, um ihren eigenen Einfluss auszubauen, ist die Konsequenz dieser Machtkämpfe. … Doch dort, wo sich Menschen gegen Unterdrückung wehren, wie die Kurd*innen oder die Palästinenser*innen, schreit die deutsche Regierung „Terror“. Wir kämpfen gegen das Verbot und die Kriminalisierung von Befreiungsorganisationen wie der PKK oder der PFLP. … Gleichzeitig stehen wir auf der Seite von Befreiungsbewegungen wie in Palästina oder Kurdistan und revolutionären Bewegungen gegen diktatorische Regime, die von der Bevölkerung vor Ort getragen werden. Den imperialistischen Interventionen sagen wir entschlossen den Kampf an.

Die PFLP, die sich dadurch hervorhebt, Gegnerin jeglicher Verhandlungen mit Israel zu sein, ist eine Bande von Mördern, deren bekannteste Aktionen die Entführung eines Air-France-Flugs nach Entebbe war. Bei dieser Aktion kam es zu einer Selektion der jüdischen Passagiere. Auch die Entführung der Landshut war eine spektakuläre Aktion dieser Gruppe, die sich bis in jüngster Zeit an diversen Selbstmordattentaten gegen israelische Bürger beteiligt hat. Diese Organisation wird in den USA und in der EU vollkommen zurecht als Terrororganisation geführt.

Wer sekundiert, dass er an der Seite von „Befreiungsbewegungen wie in Palästina“ steht, und den Kampf gegen „imperialistische Interventionen“, zu denen ausdrücklich auch Israels Sicherheitsbestrebungen gehören, schließt in seine Solidarität nicht nur die PFLP, sondern auch andere Terrorbanden, wie z. B. die Hamas und die Hisbollah ein. Wer Israel auf die gleiche Stufe wie Saudi-Arabien und den Iran stellt, und ihm den „entschlossenen Kampf“ ankündigt, ist als deutsche Gruppe nicht nur vom Größenwahn, sondern auch von Ahnungslosigkeit geplagt und vom antisemitischen Wahn getrieben.

Der DGB könnte als Ausrichter der Veranstaltung des 1. Mai ja mal von seinem „Platzrecht“ Gebrauch machen und antidemokratische und antisemitische Organisationen ausschließen. (jd)