Das ABC der Kasseler Israelkritik

(update 29.11.2019)

Prolog

Die israelkritischen Äußerungen von Kandidaten und Mandatsträgern unserer Partei sind nach Überzeugung des Kreisvorstandes der Partei Die Linke „nicht nur widerlich, sondern absolut intolerabel“. Der Kreisvorstand prüft derzeit auch strafrechtliche Schritte gegen Simon Aulepp, Ali T., Murat Cakir und Kai Boeddinghaus. „Aulepp muß sein Mandat sofort niederlegen“, fordern die Vorsitzenden der Partei. Gleiches gelte für den Fraktionschef der Partei im Rathaus, der sich den Rücktrittsforderungen an Aulepp und seinen Spießgesellen widersetzte.

Das ist eine Pressemeldung, die es nicht gibt und die nicht zu erwarten ist.

A wie Aulepp

Die richtige, in Deutschland und insbesondere in Kassel sehr bemerkenswerten, Reaktion der Stadt, in Reaktion auf den antisemitischen Terroranschlag in Halle die Israelfahne zu hissen, führte zur Anfrage (450)1 des Stadtverordneten der Kasseler Linke Simon Aulepp: „[…] ich frage […] aufgrund der Zunahme von Antisemitismus und rechter Gewalt […] im Zusammenhang des Gedenkens an die Opfer des Anschlags auf die Synagoge in Halle wurde vor dem Kasseler Rathaus die Flagge des Staates Israel gehisst. Welchen Zusammenhang sieht der Magistrat zwischen dem Anschlag auf eine Synagoge in einer deutschen Stadt mit dem Staat Israel?“ Dass die Aktion der Stadt Fragen bei einem Gefolgsmann der antinationalen und antizionistisch aufgestellten SAV2 Fragen aufwirft, verwundert nicht.

Ja, aber man wird doch noch mal fragen dürfen und hätte es Aulepp, nach der erschöpfenden Antwort des Oberbürgermeisters Christian Geselle, „es gibt ein ganz klaren Zusammenhang […] und wir [setzen] hier mit dem Zeigen der Flagge Israel ein deutliches Symbol“, dabei belassen, so wäre die Sache nicht weiter erwähnenswert gewesen. Doch Aulepp beließ es nicht dabei. Stellvertretend für die „Kritiker*innen“ (des Staates Israel) fielen ihm noch folgende Nachfragen ein: „Was entgegnen Sie Kritiker*innen, die darin eine Gleichsetzung des Staates Israels mit dem Judentum sehen?“ Und: „Welche Position beziehen Sie gegenüber der etwaigen Forderung, bei einem vegleichbaren Anschlag auf ein muslimisches Glaubenshaus die Flagge zum Beispiel Saudi Arabiens zu hissen?“ Bemerkenswert an diesen Nachfragen ist erstens, dass es Aulepp offenbar fragwürdig findet, dass es ein jüdisches Nationalbewusstsein gibt, welches Ausdruck im Staat Israel findet, und dass er sich zweitens zu einer Nebeneinanderstellung eines verbrecherischen Staates wie Saudi Arabien mit einem demokratischen Staat wie Israel bemüßigt fühlt. Die jüdische Religion versagt sich weitgehend dem Weltlichen und im Gegensatz zum Judentum, dessen nationales Bewusstsein im Zionismus und im Staat Israel einen politischen Ausdruck findet, gibt es, obwohl es „Gottesstaaten“ wie Saudi Arabien und den Iran gibt, ein Nationalbewusstsein beim supranational aber explizit politisch angelegten Islam nicht. Drittens ist anzuführen, dass Aulepp einen vielleicht rassistisch motivierten Anschlag auf eine Moschee mit einem antisemitischen auf eine Synagoge gleichsetzt. Hier zeigt sich, dass Aulepp weder vom Begriff Antisemitismus noch vom Islam Ahnung hat sowie Judentum und jüdische Religion nicht unterscheiden will oder kann und somit ein antizionistischer Ideologe ist.3

Der Jargon des Antizionismus: Militärische Operationen gegen die antisemitische, terroristische und islamistische Hamas sind keine Selbstverteidigung, sondern ein Krieg gegen eine Bevölkerung.

Sein Antizionismus wurde auch in einer nachgeschobenen Erklärung deutlich. In dieser (Min. 14:40) verwahrte sich Aulepp „gegen den Anschein, irgendjemand der Kasseler Linken bestreite das Existenzrecht Israels“ und ließ dann verlauten: „[…] selbstverständlich gilt das Selbstbestimmungsrecht der Völker auch für Israel […]“. Dass Israel Ausdruck des Selbstbestimmungsrechtes des jüdischen Volkes ist, ließ der Antizionist Aulepp dabei geschickt unter den Tisch fallen. Und so konnte er dann mit dem üblichen Pathos eines antifaschistischen Vorkämpfers darauf verweisen, dass „die Kasseler Linke ihre volle Solidarität mit den Opfern, mit den mutmaßlichen Opfern, mit allen jüdischen Gemeinden in Deutschland“ erkläre und „dass die Kasseler Linke den Antisemitismus sehr ernst nehme“ um dann einschränkend hinzuzufügen, „wir sehen ihn [den Antisemitismus] im Moment in der Fratze der rechten Gewalt, des rechten Terrorismus, da sehen wir Antisemitismus in der Tat. Das verurteilen wir. Wir halten nur den Zusammenhang mit dem Staat Israel für fragwürdig. […] Meine Solidarität gilt allen jüdischen Menschen auf der Welt, die Opfer solcher Anschläge werden, hier in Deutschland passieren die Anschläge, deshalb gelten sie in diesem Fall nicht für Israel.“ Dass in Israel Juden – auch zum Zeitpunkt der Debatte – Ziel von Raketenangriffen antisemitischer terroristischer Banden aus dem Gaza und einzelner Täter (Messerstecher) sind, fällt bei dieser Sichtweise natürlich unter den Tisch, bzw. wird unter dem Label „Nutzt der rechtsradikalen Regierung“ abgeheftet.

Von der HNA befragt, ließ dann Aulepp die Katze vollends aus dem Sack. Dort wird er zitiert: „Es muss möglich sein, die israelische Besatzungspolitik zu kritisieren“ und fügt hinzu, man hätte doch auch die deutsche Fahne auf Halbmast setzen können, denn „das war kein Anschlag auf den Staat Israel, sondern auf eine Glaubensgemeinschaft.“4 „Israelkritik“, „Saudi Arabien“, „Nationalstaat“ und „Religionsgemeinschaft“ das sind die Begriffe, die in schlafwandlerischer Art und Weise einem deutschen Linken dann einfallen, wenn die Stadt mit dem Hissen der israelischen Fahne sich solidarisch mit den angegriffenen Juden erklärt.

Die israelische Fahne ist Symbol der Idee von der jüdischen Nation als Form der „Wiederaneignung von Kraft und Gewalt durch die Juden“ (Claude Lanzmann), die die einzige Antwort auf den Antisemitismus von Relevanz ist. Dass auch der Repräsentant der Stadt, Oberbürgermeister Christian Geselle, diesen Zusammenhang nicht ganz durchschaut und daher nicht in der Lage war, ihn, befragt von der HNA, auf den Begriff zu bringen, verdeutlicht die in der HNA zitierte Bemerkung des Oberbürgermeisters: „Jede antisemitische Aktion ist auch immer ein Angriff auf den Staat Israel.“ Nein – natürlich steht nicht jeder Jude für Israel und deswegen ist auch nicht jeder Angriff auf einen Juden einer auf Israel, aber jeder Angriff auf den Juden ist Antisemitismus und Angriffe gegen den Staat Israel, die staatsgewordene Idee des Judentums, sind deswegen auch Antisemitismus. Eine kleine Ungenauigkeit des Oberbürgermeisters, die die Geste der Stadt nicht entwertet.

Aulepp hingegen lag nicht in der Begrifflichkeit daneben, sondern tritt wie sein Kumpan Martin Gertenbach als treuer Parteigänger der SAV auf, die klar und deutlich antizionistisch ausgerichtet ist. (Für eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem Antizionismus der SAV ist hier nicht der Platz – diese wird aber folgen. Ein paar Verweise mögen hier ausreichen.5) Gertenbach ergriff, wie Aulepp in der Stadtverordnetenversammlung, angesichts der israelsolidarischen Aktion der DGB-Jugend zum 1. Mai dieses Jahres der heilige Zorn und wollte lautstark pöbelnd das Transparent entfernt wissen, das verkündete „Gegen BDS und Israelhass“.

Exkurs oder Ali sagt: Antideutsche sind hier nicht erwünscht

In Kassel da gibt’s ein Wirtshaus, da kann man Köfte, Döner und Vorspeisenteller essen, Fußball sehen, bei milden Temperaturen draußen sitzen und Bier trinken. Das Lokal gilt als Treffpunkt der linken Studentenszene. Lenin, Allende, ein Helm der nordvietnamesischen Armee und andere Devotionalien linker Kulturpflege hängen an den Wänden. Der Wirt mag „Antideutsche“ nicht besonders. Bisher frotzelte er nur „Scheiß-Antideutsche“, wenn sie seine Kneipe aufsuchten. Seit die Lüge gestreut wird, bestimmte „Antideutsche“ hielten es mit der AfD, verdächtigt der Wirt die Streiter gegen Antisemitismus, Antizionismus und Israelkritik der Ausübung von, seiner Meinung nach, unsittlichen Sexualpraktiken. In einem Streitgespräch versicherte er, da in Ägypten ein jüdischer Minister walte, sei die Grenze zwischen Ägypten und dem Gaza ebenfalls geschlossen. Diese sich nach Szeneklatsch anhörenden Angelegenheiten wären tatsächlich nicht weiter erwähnenswert, doch der Wirt Ali T. ist Abgeordneter der Partei „Die Linke“ und stellvertretender Ortsvorsteher im Ortsbeirat Nord / Holland in Kassel. „Schmach und Schande über den, der Feindschaft gegen die Juden […] sät.“ (W.I. Lenin)

B wie Boeddinghaus

Kai Boeddinghaus, von dem man lang nichts gehört hat, fühlte sich bemüßigt, in der Auseinandersetzung über Aulepp das Wort zu ergreifen. Er wittert die Antisemitismuskeule6, beklagt den „Jargon der Antideutschen“ und fürchtet zum wiederholten Male, dass den Antizionisten das Menschenrecht auf Israelkritik aberkannt wird. Gleichzeitig dekretiert er, eine „glaubwürdige Solidaritätsbekundung [sei] in diesen Zeiten [..] mehr als notwendig“, schränkt aber ein, das „Hissen einer/dieser Nationalflagge“ schade der Glaubwürdigkeit.7

But who the fuck ist Boeddinghaus? Boeddinghaus war ein durchaus talentierte Lokal-Politiker und ging verschiedenen Vertretern der Stadtpolitik, einem seidenfadigen Chefredakteur und der Industrie- und Handelskammer mit seinen, in Sachen Flughafen, Schul- und Haushaltspolitik durchaus fachkundigen und gekonnt vorgetragenen Nachfragen und Einsprüchen mächtig auf die Nerven. 2011 kandidierte er für die Partei „Die Linke“ für das Oberbürgermeisteramt der Stadt Kassel.

Für die Partei saß er mehrere Jahre als parteiloser Vertreter in der Stadtverordnetenversammlung. Doch wie es in den Reihen der Linken so ist, schützt lokal-, sozial-, und finanzpolitischer Sachverstand vor theoretischer Dummheit nicht und das größte Engagement für soziale Gerechtigkeit geht oft einher mit hartnäckigem Israelhass, Antizionismus und Antisemitismus. Boeddinghaus will natürlich kein Antisemit sein, trotzdem fühlte er sich bemüßigt, die nach 1945 größten antisemitischen Aufmärsche in Kassel, die hasserfüllten Kundgebungen gegen Israel im Sommer 2014, zu Demonstrationen „für den Frieden oder gegen kriegerische Auseinandersetzungen“ zu erklären, die von „persönliche[r] Betroffenheit“ und von dem „Gefühl mit der Demonstration auch Einfluss nehmen zu können“ geprägt gewesen seien. Diese Betroffenheit hinge damit zusammen, dass die Region Empfänger „langjährige[r] Waffenlieferungen“ sei.8 Die Kundgebungen richteten sich nicht nur gegen die Intervention der israelischen Armee gegen die Hamas im Gaza, sondern gegen Israel insgesamt. Dieses zentrale Anliegen der sich im Sommer 2014 mehrfach zusammenrottenden Antisemiten wurde von dem Kämpfer gegen die Antisemitismuskeule geflissentlich übersehen.

Die Hamas wird zwar indirekt mit viel Geld aus der EU und auch aus Deutschland unterstützt, Waffen aus der Bundesrepublik erhält von den beiden Konfliktparteien, aber nur Israel. Abgesehen davon, dass in seinem Statement die beiden Konfliktparteien wie unartige Schuljungs auf dem Schulhof gleichgestellt werden, die Umsetzung seiner Forderung „Stoppt die Waffenlieferungen“ bedeutet, Israel angesichts des bis an die Zähne bewaffneten Antisemitismus zu entwaffnen. Eine solche Forderung zeuge vom „Mut […], gerade angesichts der deutschen Geschichte und Verantwortung politische Missstände als solche auch zu bezeichnen“, womit er flugs einen Zusammenhang von der israelischer Gegenwart zur Praxis des nationalsozialistischen Vernichtungsterrors gezogen hat. Und natürlich darf das ein Böddinghaus, denn „eine besondere politische Rücksichtnahme hinsichtlich einer notwendigen konstruktiven Kritik an der israelischen Politik ist in keiner Weise […] gerechtfertig.“9 Dies diktierte er der EAPPI, dem „Trainingslager für antiisraelische Propaganda“10 in den Block.

C wie Cakir

Murat Cakir trat 2017 für die Partei „Die Linke“ für das Amt des Oberbürgermeisters in Kassel an. Er ist Mitarbeiter, der in Sachen Israelkritik einschlägigen Rosa-Luxemburg-Gesellschaft.11 Cakir hat nicht nur ein Problem damit, dass die Bundestagsfraktion versuchte, die schlimmsten Auswüchse des Antizionismus in der Partei einzudämmen, nein er findet, dass man über das Begehren der BDS-Bewegung diskutieren dürfen müsse:

„Zweitens ist die Frage zu stellen, warum DIE LINKE sich aus den Diskussionen um den Boykottaufruf für israelische Waren aus den besetzten Gebieten heraushalten sollte. … wie haben wir uns […] zu verhalten, wenn ein Staat einen Teil seiner StaatsbürgerInnen die vollen BürgerInnenrechte verwehrt; aus religiöser Motivation heraus den Grund und Boden seiner Nachbarn zu seinem Eigentum erklärt; nicht gewillt ist, UN-Resolutionen umzusetzen und sein nukleares Arsenal unter internationaler Kontrolle zu stellen; jegliche Standards eines demokratischen Rechtsstaates missachtet, gezielt »Staatsfeinde« exekutiert; Tausende ohne einen Gerichtsbeschluss inhaftiert; in fremden Gebieten, die sie besetzt hält, ein offenes Willkür- und Apartheidregime installiert hat, diese Gebiete mit international geächteten Munition bombardiert und bilaterale Abkommen mit den Nachbarstaaten als ein strategisches Instrument seiner weiteren Militarisierung sieht?“12

„Kauft nicht beim Juden (resp. Siedler, resp. Israeli)13“ ist eben eine Formel, über die man doch diskutieren darf, insbesondere dann, wenn man Israel, dem im Nahen Osten einzig demokratisch und rechtsstaatlich konstituierten Staat, brutale Willkürherrschaft und systematische Menschenrechtsverletzungen unterstellt, ja ihn als Apartheidregime diffamiert.

Epilog

Die eingangs formulierte Pressemitteilung wird es nicht geben. Das ist bei einer Partei, die ihre Veranstaltungen in einem Café abhält, das keine Berührungsängste mit Vertretern terroristischer Gruppen hat, regelmäßig den Ostermarschaufruf unterzeichnet und die einschlägige Christine Buchholz zu Vorträgen und Wahlkampfveranstaltungen einlädt, kein Wunder.

Bekanntlich gibt es jedoch auch andere Parteien, die ein Problem mit einer antisemitischen Anhängerschaft und ebensolchen Mandatsträgern haben. Als der nordhessische Politiker der AfD Gottfried Klasen einen herbeihalluzinierten Einfluss der Juden in Deutschland auf seiner Facebookseite beklagte, traf dieses klassische Motiv antisemitischer Weltanschauung auf umfassenden Protest. Diverse Politiker u.a. die der Partei „Die Linke“ forderten den Rücktritt Klasens. Die antisemitischen Äußerungen von AfD-Kreistagsmitglied Gottfried Klasen sind nach Überzeugung der Linksfraktion im Kreis Kassel „nicht nur widerlich, sondern absolut intolerabel“. Die Fraktion prüfe derzeit auch strafrechtliche Schritte gegen Klasen. „Er muß sein Mandat sofort niederlegen“, fordern Dres. Stephanie und Christian Knoche von den Linken. Gleiches gelte für den Fraktionschef Florian Kohlweg.14 Kohlweg war und ist bis heute nicht durch antisemitische Äußerungen aufgefallen. Ein paar Tage später teilte die HNA mit: AfD-Kreistagsmitglied Dr. Gottfried Klasen aus Zierenberg tritt mit sofortiger Wirkung von seinem Amt im Kasseler Kreistag zurück. Das teilte AfD-Kreistagsfraktionschef Florian Kohlweg mit. Der Grund dafür sei, dass Klasen auf seiner privaten Facebook-Seite diverse Einträge verfasste, die „mit den Wertvorstellungen der übrigen Fraktionsmitglieder nicht vereinbar seien“.15

Post Skritptum

„Jede Kritik am Staat Israel ist antisemitisch.

Der linke Antizionismus [ist] ein Zeichen dafür, daß die Linke sich noch unter dem Niveau der bürgerlichen Aufklärung befindet. Hätte die Linke wenigstens das Niveau der bürgerlichen Aufklärung erreicht, dann hätte sie einsehen müssen, daß der Staat Israel die organisierte Emanzipationsgewalt der Juden ist. […] Es kann keine Kritik am Staat Israel geben, die nicht antisemitisch ist, da – wie schon hervorgehoben- Israel die organisierte revolutionäre Emanzipationsgewalt der jüdischen Gesellschaft darstellt. Jede Kritik kann nur aus der Perspektive des Abscheus vor dieser Emanzipation geäußert werden. […] Der Postzionismus ist israelischer Azionismus für deutsche Antizionisten, […]. Der wesentliche Charakter des Staates Israel liegt in dem Recht auf Rückkehr […]. Der Antizionismus, Azionismus oder Postzionismus jedweder Façon wendet sich gegen dieses Gesetz und fordert mit dem Argument, daß dieses Gesetz verhindern würde […] daß Israel der Staat all seiner Bürger wird, seine Abschaffung.“16

Im Netz

Stephan Frank, Die Linke Kassel: Gedenken ja – aber bitte ohne Israel, auf: menawatch, 19.11.2019

Amerkungen

1 Die Anfragen, Antworten und persönlichen Erklärungen sind in der Audiodatei der Fragerunde (TOP 3) der Stadtverordnetenversammlung auf der Homepage der Stadt Kassel hinterlegt. Aulepps Anfrage beginnt ca. in der achten Minute. (Vorgang TOP 3, Sitzungstermin 4.11.2019, Stadtverordnetenversammlung, 35. Sitzung)

2 Simon Aulepp gehört der SAV an, ist Lehrer und Mitglied des Vorstandes der GEW-Kassel Stadt. SAV steht für „Sozialistische Alternative Voran“. Dass man mit dieser Abkürzung auch anderes assoziieren kann, begründet sich darin: Die SAV tritt für „die bewaffnete Gewalt durch demokratisch gebildete, rechenschaftspflichtige, transparente Milizen aus den Reihen der arbeitenden Bevölkerung“ ein. („Sicherheit statt Kapitalismus“, Sozialismus.info, 10.02.2018) Diese, einer parlamentarisch-demokratisch kontrollierten Exekutive diametral entgegenstehende, Bürgerkriegsrhetorik erinnert an die Kampfbünde in der Weimarer Republik, zu denen auch die SA gehörte. Die SA war eine sicher nicht demokratisch organisierte Miliz desLumpenproletariats der NSDAP. Ob jedoch die Vorstellung der SAV, die sich auf den, an Lenin angelehnten Begriff vom demokratischen Zentralismus beruft (SAV-Referat, Wie und warum wir uns demokratisch-zentralistisch organisieren, kalinka-m.org, abgerufen 20.09.2019), wesentlich demokratischer ist, sei dahingestellt. Abgesehen davon stellt die „arbeitende Bevölkerung“ heute das Gros der Anhängerschaft der AfD (vgl. z.B. Männlich, Arbeiter, AfD-Wähler, Zeit.de, 02.9.2019). Sie zu bewaffnen ist sicher keine gute Idee.

3 Mit dem Verhältnis von Rassismus und Antisemitismus setzt sich Alex Gruber im Aufsatz „Antirassistischer Antisemitismus. Judenhass im moralisch einwandfreien Gewand“ in: Context XXI Nr. 2-3/2004 auseinander, auf den hier verwiesen wird. Ausführlicher auch Joachim Bruhn: „Unmensch und Übermensch Über das Verhältnis von Rassismus und Antisemitismus“. in: Joachim Bruhn, Was deutsch ist. Zur kritischen Theorie der Nation, Freiburg (ça ira-Verlag) 1994. Über das Verhältnis von Islam und Politik sei beispielsweise auf die aktuellen Bücher von Susanne Schröter, Politischer Islam, Stresstest für Deutschland“ sowie auf Nina Scholz, Heiko Heinisch, „Alles für Allah. Wie der politische Islam unsere Gesellschaft verändert“ verwiesen.

4 „Das war kein Anschlag auf den Staat Israel“. Antisemitismus-Streit über Israel-Flagge vor Kasseler Rathaus, HNA, 06.11.19

5 „Kindermörder Israel!“ sei keine antisemitische Parole, heißt es in einem Papier der SAV, sondern treffe objektiv die Realität. Auch das Verbrennen der israelischen Fahne, dem Symbol des jüdischen Nationalismus, habe nichts mit Antisemitismus zu tun, denn diese Aktion wende sich gegen die militärischen Aktionen Israels und nicht gegen Juden an sich. Als Beispiel wird der Gaza-Konflikt herangezogen, in dem friedliche Demonstranten mit einer bewaffneten Macht konfrontiert seien, die eine brutale Belagerung von zwei Millionen verarmten Menschen in diesem zerstörten Küstenstreifen ausübten. Gemeint ist nicht die Hamas oder Islamische Jihad, die die Bewohner des Küstenstreifens in Geiselhaft nehmen, sondern die israelische Armee, deren Panzer mit israelischen Fahnen bestückt sind und zum Schutz der eigenen Bevölkerung vor Terrorangriffen aus dem Gaza an der Grenze zum Gaza stationiert sind. (Vgl.: Sozialismus-Konferenz 2018 in Israel/Palästina, 04.11.2018 und Die Antisemitismus-Debatte, 05.11.2018 in Sozialismus.info)

6 Ein Bericht eines vom Bundestag eingesetzten Expertenteams zum Antisemitismus stellt bei 40 Prozent der Bevölkerung sogenannten israelbezogenen Antisemitismus fest. Die Kritik an der israelischen Politik ist also massenweise antisemitisch konnotiert. Die Unkenntnis dieser ideologischen Gemengelage ist die Grundlage der Unterstellung, Israelis und ihre deutschen Freunde benutzten die Antisemitismuskeule, um Kritiker mundtot zu machen. (Vgl.: Alan Posner, An allem schuld, in: jüdische-allgemeine.de, 08.05.2017)

7 Boeddinghaus kommentiert Eckhard Jochums Einwurf „Antisemitismus in Reinkultur“, 10.11.2019, kassel-zeitung. Der Kommentar wurde mittlerweile gelöscht, ist aber von uns archiviert.

8 Kai Boeddinghaus, Ich bin ein Antisemit. Bin ich ein Antisemit?, 26/08/2014 KasselerRathausblog

10 EAPPI: The World Council of Churches’ Training Camp for Anti-Israel Advocacy, NGO Monitor, 14.01.2019

11 Vgl. etwa: Rosa-Luxemburg-Stiftung fördert „Israelkritik“ in Tel Aviv, Ruhrbarone, 11.01.2019

12 Ausführlich über Cakir: „Murat Cakir oder das Man-wird-es-ja-noch-mal-sagen-dürfen-Prinzip“, Schwerer Sand, 09.10.2016

13 Dr. Felix Klein, Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus: „Die BDS-Bewegung ist in ihren Methoden und Zielen antisemitisch. Die Aufrufe der Kampagne zum Boykott israelischer Künstler oder die „Dont’t buy!“-Aufkleber auf Waren aus dem jüdischen Staat sind uneingeschränkt zu verurteilen. Es handelt sich um Methoden aus der Nazi-Zeit, die unerträglich sind und weder geduldet noch toleriert werden dürfen. Wer wie BDS das Existenzrecht Israels abstreitet, […] agiert im Kern antisemitisch.“ Welt.de, 08.08.2018

14 Juden-Hetze im Netz: Weitere Parteien fordern Rücktritt von AfD-Mitglied Klasen. Frankfurter Rundschau belegte antisemitische Äußerungen, HNA 26.07.16

15 Nach Juden-Hetze: AfD-Politiker Gottfried Klasen ist zurückgetreten, HNA, 28.07.16

16 Joachim Bruhn, „Jede Kritik am Staat Israel ist antisemitisch.“ – Interview mit T-34. Informationen für das westliche Ruhrgebiet (Juli/August 2003) der AntiFa Duisburg

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Auch in Kassel: #unteilbar mit Antizionisten

(Update: 18. Juli 2019)
Das Bündnis gegen Rechts ruft in Kassel zu einer Kundgebung gegen den geplanten Aufmarsch der rechtsextremistischen Kleinstpartei „Die Rechte“ auf. Gründe gegen diese Partei, die offen nationalsozialistische Propaganda betreibt, aufzutreten gibt es mehr als genug. Den Aufruf des Kasseler Bündnisses gegen Rechts haben auch klar antizionistisch und antisemitisch ausgerichtete Gruppen unterzeichnet: DKP-Nordhessen, Gruppe Arbeiterinnenmacht, Kasseler Friedensforum, MLPD Kreis Kassel, Jugendorganisation REVOLUTION und die SAV. Mit der „Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft“ hat mittlerweile auch eine Kasseler Gruppe den Aufruf unterzeichnet, die wie die MLPD die offiziell für antisemitisch erklärte BDS-Bewegung unterstützt (siehe: BDS-Unterstützer) und deren Vorsitzende sich an den antisemitischen Aufmärschen im Sommer 2014 beteiligte. Auch Gruppen, die „Israelkritik“ befördern oder dieser gesellschaftlich akzeptierten Form des Antisemitismus zumindest gleichgültig gegenüber stehen, wie die Bildungsstätte Anne Frank, die VVN Kassel, die Partei „Die Linke“, die Gruppe Pax Christi usw. sind auf dem Aufruf zu finden. Wie ein Bündnis gegen eine Nazi-Partei, deren ideologische Grundlage der Antisemitismus ist (vgl. Moishe Postone), Antisemiten einschließen kann, bleibt das Rätsel der Organisatoren.

Das Bündnis gegen Rechts in Kassel, Screenshot 15. Juli 2019

Während die Gruppe REVOLUTION zum gewaltsamen Sturz der israelischen Regierung aufruft und Kontakte zu terroraffinen palästinensischen Gruppen unterhält (siehe BgA-Kassel: Die Rechte und der Antisemitismus als allgemeine Erscheinung), man aber sagen könnte, aufgrund ihrer gesellschaftlichen Irrelevanz wäre sie mit Nichtbeachtung zu bestrafen, ist die Gruppe „Internationalistisches Bündnis“, die ebenfalls auf dem Aufruf zu finden ist, gesondert zu erwähnen. Dieses „Bündnis“, welches eine Vorfeldorganisation der stalinistischen MLPD ist, führt eine Organisation namens „Örtliche Gruppe Kassel der DFLP (Demokratische Front zur Befreiung Palästinas)“ als Trägerorganisation auf. Die DFLP ist eine palästinensische Terrororganisation, auf deren Konto das Ma’alot-Massaker im Jahr 1974 in Israel geht, bei dem 31 Schüler und Lehrer ermordet wurden. Auch während der sogenannten zweiten Intifada führte diese Organisation bewaffnete Aktionen gegen israelische Sicherheitskräfte durch.

Trägerorganisation des „Internationalistischen Bündnisses“ ist auch die „Örtliche Gruppe Kassel der DFLP“. (Screenshot, 15. Juli 2019)

Antifaschistische Organisationen rühmen sich – oft zurecht – ihrer Recherchearbeit. Ob sie auf dem Auge palästinensischer Antisemitismus und Terrorismus sowie Antizionismus* im Allgemeinen blind sind, oder bewusst solche Gruppen in ihre Bündnisse einreihen, muss hier ungeklärt bleiben. Auch bei der ersten Kundgebung am 22. Juni 2019 anlässlich der Ermordung Walter Lübckes war das „Internationalistische Bündnis“ als Mitveranstalter aufgeführt. Die Stadt Kassel beteiligte eine Woche später die legalistischen Islamisten des „Arbeitskreises Muslimische Gemeinden in Kassel“ an ihrer Großkundgebung.

*Obwohl es rauf und runter diskutiert wurde, hier nochmal ein Verweis auf den Zusammenhang von Antizionismus und Antisemitismus: Leon Poliakov, Vom Antizionismus zum Antisemitismus, Freiburg 1992

Wir hatten eine Pressemitteilung formuliert: PE zum Aufruf des Bündnis gegen Rechts Kassel zur Demo am 20.07.19 in Kassel

Die Bildungskatastrophe einer Gewerkschaft

Die Bildungsgesellschaft der GEW lea, die es in der Vergangenheit wiederholt schon fertig gebracht hat, „Bildungsreisen nach Palästina und Israel“ mit Fuad Hamdan, einem ausgewiesenen Antizionisten und Israelhasser anzubieten (Sahm / Mit der GEW Israel hassen), lässt diese Reisen nun von der unverfänglichen Julia Kruse organisieren. (GEW / Israelreise)

Ist jetzt alles gut? Fuad Hamdan ist immer noch im Bildungsprogramm der lea vertreten. Nur darf er jetzt Bildungsreisen in den Iran anbieten und ist dort mit dem Thema Israelkritik sicher bestens aufgehoben. (Bildungsreise / Iran) Doch auch für die, zu diesem Thema unabdingbar notwendige Antisemitismusvorwurfabwehr, muss gesorgt sein. Und siehe da, mit Abraham Melzer, der unberüchtigte Fachmann in Sachen Semitismus, ist sicherlich ein Experte in dieser Sache gewonnen worden. (Audiatur / Unberüchtigt Antisemitisch)

Auch der Jihad-Verharmloser1 aus Edermünde erweist sich als Evergreen der Bildungsarbeit der GEW. Er warnt vor Deutschland als militärische Führungsmacht.

Nachbemerkung: In Kassel wurde der SAV-Aktivist Simon Aulepp als Vorsitzender der Bildungsgewerkschaft erneut bestätigt. (GEW / Kreisverband Kassel)

Zur SAV vergl., Bundeszentrale für Politische Bildung: „Trotzkismus“ und Bak Shalom: „Raus aus der SAV

1 „dschihad“ ist ein geläufiger arabischer Vorname, [und ein …] wie all die anderen nach Propheten benannte[r] gängige[r] Vorname wie Ibrahim (Abraham), Mussa (Moses), Younes (Jonas), Elyes (Elias), Issa (Jesus) […]. Im Islam gibt es den großen und den kleinen dschihad. […] Erst der kleine dschihad ist der bewaffnete Kampf gegen die Ungläubigen. […] Und selbst dort, wo in der Diktion von Militanten […] vom dschihad gegen den Westen die Rede ist, geht es um den Kampf gegen die atheistischen Vertreter des Westens.“ (W. Ruf 2014)

Wenn es gegen Amerika geht …

Impliziter wie expliziter Antiamerikanismus wird bewußt als Mittel zur Mobilisierung der Öffentlichkeit eingesetzt und macht sich, unter anderem in Westeuropa, zunehmend bezahlt. (Andrei S. Markovits)

… dann kommen die Massen.

Obwohl gleichzeitig eine zentrale Demo in Berlin angesagt war, zu der der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Busse kostenlos bereit gestellt hat, gab es auch in der Provinz, nämlich in Kassel eine Kundgebung. Die Volksfront formierte sich, die Massen kamen und folgten solch sinnigen Sprüchen wie „Handeln soll fair sein, Haie sollen im Meer sein!“ (HNA, 11.10.2015).

die massen

Der Linksmob

Offensichtlich verstanden das Einige als Antikapitalismus, denn auch „Anti-Kapitalista“ wurde skandiert. Was unter Antikapitalismus angepriesen wird, verkörpert einer der Kasseler Vorturner der Linken höchstpersönlich (was wiederum die Gestalt mit goldenem Lorbeer in der Perücke repräsentieren soll, entzieht sich der Erkenntnis des Betrachters).

das niveau

Leibhaftige Regression

In Kassel waren im Gegensatz zu Berlin zwar nicht die Identitären anwesend, zumindest wohl nicht erkennbar, dass jedoch die Front gegen Amerika von links bis rechts alle eint, konnte in Kassel auch am kulturellen Beitrag sichtbar werden. Der Querfrontler René Rebell („Der Teufel hält die Welt in seinen Krallen“) rappte auf der Kundgebung gegen die „Lügenpresse“.

Und auch optisch gab man sich wohl nicht allzu große Mühe, sich von den völlig jenseitigen Verschwörungsdeppen von den Echsenmenschen abzugrenzen. Geld regiert die Welt, oder ist es der Spekulatiushai, oder doch eine Echse, die Kreativität der Protestler ist so rätselhaft wie demaskierend. (jd)

das niveau III

Der Spekulatiushai (?)