Listenführer aus Kassel dekretiert: Hamas ist keine Terrororganisation

Antisemiten an der Hochschule und eine untaugliche Antwort aus dem Studentenparlament

Der ASTA der Universität Kassel teilte in einer Erklärung mit, dass der Führer der Liste Unidiversität während einer am 29.05.2024 stattgefundenen Stupa-Sitzung mindestens zweimal lautstark deklamierte: „Die Hamas ist keine Terrororganisation“. Den Name des Fürsprechers der Hamas sprechen sie nicht aus. Der Listenführer ist Mustafa Saleh mit dem wir uns hier schon mehrfach auseinandergesetzt haben. Zu seinem Ausspruch bekannte sich Saleh auch der HNA gegenüber.1

Saleh kam 2015 aus Syrien nach Deutschland und gehört dem Umfeld der DFLP zu.2 Diese Organisation gehört zu den terroristisch agierenden palästinensischen Gruppierungen. Mit den National Resistance Brigades verfügt auch diese Organisation über einen militärischen Arm, welcher sich zum Terror bekennt und von Gaza aus Terrorangriffe auf Israel verübte. In der Ikonographie der DFLP gibt es, wie bei den anderen palästinensischen Organisationen auch, keinen jüdischen Staat, dafür aber den Führergruß.3 Auf mehreren Protestaktionen gehörte Saleh – zuletzt vor der Mensa der Universität Kassel am 15. Mai 20244 – zu denen, die die Menge anheizten, die Parole „From the River to the Sea …“ zu skandieren. Dieser Aufruf bedeutet im Klartext, Israel von der Landkarte zu streichen sowie – wie die Parole „Free Palestine!“ – „Juden raus aus Palästina!“

„Die Hamas ist keine Terrororganisation“

Uns liegen Zeugenaussagen vor, dass während der Stupa-Sitzung im Raum verteilt mehrere Anhänger und Sympathisanten aus dem Umfeld der Gruppe Unidiversität, des Bündnis Yousef Shaban, der Gruppe RUK sozial und antifaschistisch für ein bedrohliches Szenarium sorgten, weswegen letztlich sogar die Polizei gerufen wurde.

Debattenkultur als Ausdruck der Äquidistanz und Impotenz im Kampf gegen Antisemitismus

Thema der Sitzung war eine Resolution zum Thema Antisemitismus.5 Die HNA berichtet am 06.06.2024, dass es um eine „klare Positionierung des Studierendenparlamentes“ ging. Davon kann nicht die Rede sein. Vor dem Hintergrund der aktuellen Situation an den Universitäten und angesichts des Vernichtungsfeldzuges der Hamas im Oktober 2023 kann die Resolution nicht anders als äquidistant bezeichnet werden. In der Resolution ist die Rede von Debattenkultur und wissenschaftlichen Manieren – beides sind untaugliche Mittel, einer per se irrationalen Weltanschauung wie dem Antisemitismus entgegenzutreten. Die Resolution verdeutlicht, dass nicht nur die antisemitisch agierenden Gruppen wie Unidiversität, das Bündnis Yousef Shaban, RUK u.a. ein Problem darstellen, sondern auch die Haltung der Gruppen, die die Resolution einbrachten, die nicht nur von Sehnsucht nach Harmonie und von der Angst vor Auseinandersetzung geprägt ist, sondern Ausdruck der dominanten gesellschaftspolitischen Haltung in Deutschland ist, die von der Skepsis gegenüber einen wehrhaften jüdischen Staat und der Scheu geprägt ist, sich an die Seite des jüdischen Staates zu stellen.

In der Resolution ist davon die Rede, dass die wiederholt vorgekommenen antisemitischen Vorfälle „ein studentisches Miteinander“ gefährdeten. Antisemitismus richtet sich gegen Juden und gefährdet diese – nicht das „Miteinander“. Es ist vielmehr anders herum. Der Antisemitismus und der Hass auf Israel sind der ideologische Kleister, der ansonsten undenkbare Allianzen ermöglicht: Queeraktivisten und Islamisten, postmoderne Linke und autochtone wie palästinensische autoritäre Antiimperialisten, Linksextremisten stalinistischer wie trotzkistischer Provenienz, Internationalisten und stramme palästinensische Nationalisten.

In der Resolution ist die Rede von einem „immensen Leid der Zivilbevölkerung im Gaza“. Leid erfuhren die Menschen in Kassel am 23. Oktober 1943, Leid erfuhren die Menschen in Dresden im Februar 1945 und in Berlin Ende April und Anfang Mai 1945. Direkte Ursache dieses Leids waren militärische Maßnahmen der Alliierten gegen Nazi-Deutschland. Für dieses Leid war die deutsche Volksgemeinschaft und deren Führung verantwortlich, die einen totalen Krieg und einen Vernichtungskrieg in Europa führten und für die bis zum bitteren Ende keine Kapitulation in Frage kam. Auf die Idee, für das im 2. Weltkrieg erfahrene Leid der deutschen Zivilbevölkerung die Regierungen der Alliierten verantwortlich zu machen, kommen nur Geschichtsrevisionisten, Personen für die „Nie wieder Krieg (gegen Faschismus)!“ ein unersetzliches Mantra ist und für Personen aus dem rechtextremen Lager. In der Resolution ist dagegen die Rede davon, dass „eine Kritik an der israelischen Regierung und deren Vorgehen im Zuge des andauernden Krieges […] auch auf dem Campus einer Universität möglich sein muss.“ Die Hamas predigt den Judenmord und die Vernichtung des Staates Israel. Sie führt erklärtermaßen einen totalen Krieg. Diese Organisation hat unter der Zivilbevölkerung im Gaza als auch in der Westbank einen großen Rückhalt. Am Pogrom des 7. Oktober, an der Entführung, an der Misshandlung und Einkerkerung der Geiseln beteiligten und beteiligen sich Zivilisten im Gaza. Warum die militärischen Maßnahmen der Israel Defence Forces (IDF) zur Zerschlagung der Hamas Gegenstand der Kritik auf dem Campus einer Universität sein muss, erklärt sich nur durch ein strukturelles Misstrauen oder durch das weitverbreitete Gerücht gegenüber dem jüdischen Staat oder durch beides.

Wer das unbestritten erfahrene Leid vieler Menschen im Gaza beenden möchte, der muss für bedingungslose Kapitulation der Hamas, für deren Entmachtung und Zerschlagung eintreten.

Es heißt in der Resolution: „Gleichermaßen sollte die Brutalität, mit der die Hamas am 07. Oktober 2023 in Israel einfiel, nicht runtergespielt oder relativiert werden.“ Wieso „gleichermaßen“? Damit stellt das Studentenparlament die militärischen Maßnahmen der IDF gegen die sich in den Städten verschanzenden Hamas auf die gleiche Stufe, wie den Blutrausch der islamischen Einsatzgruppen am 7. Oktober. Krieg ist kein Abzählspiel, sondern die abscheuliche Entgrenzung von Gewalt. Vor dem 7. Oktober gab es einen Waffenstillstand, wer ihn mit welchen Mitteln gebrochen hat ist – obwohl von vielen offenbar vergessen und verdrängt – bekannt. Der Krieg wäre von einer Stunde auf die andere vorbei, würde die Hamas kapitulieren und die überlebenden Geiseln freilassen. Ein Waffenstillstand (Ceasefire) mit der Hamas bedeutet dagegen nichts anderes, als dass es über kurz oder lang erneut zu Überfällen auf Israel, zu Morden an und Entführungen von Juden kommt. Ist der Krieg zur Eliminierung der schlimmsten und mörderischsten Antisemiten sei 1945 gleichermaßen brutal wie der Kampf der israelischen Armee gegen eben diese antisemitischen Mörderbanden? Für die Gruppen, die den Antrag einbrachten, die Grüne Hochschulgruppe und die Gruppe mit dem infantilen Namen Liste Arbeiter:innenkinder offenbar schon.

Es heißt weiter: „Es ist eine zwingende Notwendigkeit, dass auch jüdische Studierende die Möglichkeit haben, Veranstaltungen auf unserem Campus durchzuführen …“ Was bedeutet dieses „auch“? Sollen Israelhasser genauso wie jüdische Studentinnen und Studenten Veranstaltungen durchführen können? Zum Schluss heißt es in der Resolution „Das Studierendenparlament [tritt] dem Narrativ der Universität Kassel als ‚Antisemitischer Hotspot‘ entgegen.“ Narrativ heißt etablierte Erzählung, die Werte und Emotionen transportiere. Der aus der Kultur- und Literaturwissenschaft kommende und sich im Feuilleton und den Geisteswissenschaften etablierte Begriff, trägt dazu bei, dass gesellschaftliche Ereignisse und Prozesse zum Phänomen einer Allerweltswahrnehmung verschwimmen. Die verschwiemelte Rede vom Narrativ des Antisemitismus auch an der Universität Kassel, wird in der Begründung der Resolution selbst dementiert, indem ein konkretes Beispiel angeführt wird, dass es sich um einen tatsächlich existierenden Zustand an der Universität handelt – einen Zustand für den nicht die Kasseler Universität steht: „Bei der Studentischen Vollversammlung am 07. Februar 2024 [kam es] zu Anfeindungen gegenüber jüdischen Studierenden und zu Aussagen, in denen dementiert wurde, dass die Hamas eine Terrororganisation ist.“

Wer dem Antisemitismus entgegentreten will, tritt nicht einem Narrativ entgegen. Eine „klare Positionierung“ der Studentinnen und Studenten der Kasseler Hochschule gegen Antisemitismus müsste heißen: Für Israel, gegen Antisemitismus. Es müsste heißen, kein Fußbreit den Antisemiten aus den Gruppen Unidiversität, Bündnis Yousef Shaban, der RUK und deren willigen Unterstützer.

  1. Mit dieser Position steht Saleh nicht alleine. Auch der um ein eher seriöses Auftreten bemühte Ahmed Tubail hatte in der HNA ausgeführt, dass für ihn die Hamas keine Terrororganisation ist. (Ahmed Tubail will die Hamas nicht als Terrororganisation bezeichnen!) Tubail ist Vorsitzender des Vereins Palästinensische Gemeinde Kassel, der Verbindungen zum Umfeld der DFLP hat. (Falafel und Israelhass auf dem Frühlingsfest in Kassel). ↩︎
  2. Israelhass stellt sich in Kassel zur Wahl. ↩︎
  3. Nächste palästinensische Terror-Feier in Berlin, Mena-Watch, 22.02.2017. ( ↩︎
  4. „Wollt ihr auf der richtigen Seite der Geschichte stehen!“. ↩︎
  5. Ausführlich zur Sitzung des Stupa-Sitzung und zur Resolution: Eklat im Studierendenparlament: Resolution zum Thema Antisemitismus führt zu Polizeieinsatz, 03.06.2024. ↩︎

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