Zwischen „Auschwitz on the beach“ und Zustimmung zu den Pogrompalästinensern

Der Lange Sommer des Antisemitismus in Kassel – Eine Chronik1

Unsere Broschüre online: Die documenta 15 und der Antisemitismus-Skandal. Wer Antizionisten einlädt, erntet Antisemitismus 2

Prolog

Auf der documenta 14 wird im August 2017 die Performance „Auschwitz on the beach“ mit Franco Berardi aufgeführt. Das Mittelmeer ist Auschwitz, Benjamin Netanyahu wird als Gauleiter bezeichnet. Das BgA-Kassel protestiert damals. Wichtige Personen aus der Stadtgesellschaft werten den antisemitischen Künstler durch eine Diskussionsveranstaltung auf.

08. Dezember 2021: The Question of Funding wird in einem Artikel der HNA erwähnt.

07. Januar 2022: Der Artikel „Documenta fifteen: Antizionismus im lumbung“ wird auf unserem Blog und auf Ruhrbarone veröffentlicht. Im Mittelpunkt stehen die Rolle des Khalil Sakakini Cultural Center in Ramallah und die Rolle Yazan Khalilis (The Question of Funding). Ferner decken wir die antiisraelischen und antisemitischen Bekenntnisse der meisten Personen aus der künstlerischen Leitung (Findungskommission / Beirat und der Ruangrupa) auf.

09. Januar 2022: Wir schreiben den Oberbürgermeister der Stadt Kassel und Aufsichtsratsvorsitzenden der documenta gGmbH Christian Geselle an.

12. Januar 2022: d15 erklärt, sie unterstütze in keiner Weise Antisemitismus sondern das Anliegen, „Antisemitismus, Rassismus, Rechtsextremismus … entgegenzutreten.“

12. Januar 2022: Thomas E. Schmidt bringt mit dem Artikel „Verschweigen, das geht nicht mehr“ in der Zeit die überregionale Debatte ins Rollen.

15. Januar 2022: Die HNA veröffentlicht im Artikel „Ist die documenta antisemitisch?“ die wichtigsten Punkte unserer Kritik.

16. Januar 2022: Pressemitteilung Geselle: „Mit dem indonesischen Künstlerkollektiv Ruangrupa kuratieren […] zum ersten Mal Vertreter aus Asien die documenta, die auch die Perspektive des globalen Südens berücksichtigen. […] Die Freiheit der Kunst [sei] zu wahren und zu verteidigen [..] Aufgabe aller, die an die Werte unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung glauben. Eine Überprüfung […] dürfe es nicht geben.“

19. Januar 2022: In einer Presseerklärung der d15 ist die Rede von verfälschenden oder rassistischen Diffamierungen. Die Erklärung verweist auf das Recht, sich gegen Diskriminierung einzusetzen und auf die notwendige Kontextualisierung. Ein „Expert*innenforum We need to talk“ wird angekündigt. Später wird klar, dass der für diese Runde auch vorgesehene Wissenschaftler Nathan Sznaider nicht näher über das Konzept dieser Veranstaltung, auf der auch „antipalästinensischer Rassismus“ diskutiert werden soll, in Kenntnis gesetzt wurde. Er und andere schlagen daraufhin die Einladung aus. Das „Expert*innenforum“ kommt nicht zustande.

27. Januar 2022: Am Holocaustgedenktag besucht Geselle mit einer Delegation aus Ramat Gan und Ruangrupa-Mitgliedern das ruru-Haus. Die Tatsache, dass in der documenta-Leitung die Mehrheit erklärte Gegner des jüdischen Staates sind, war seit 20 Tagen bekannt.

Screenshot der Internetseite der Stadt Kassel vom 27. Januar 2022

07. Februar 2022: Die documenta GmbH mahnt – mutmaßlich nach einer rechtlichen Prüfung unserer Darstellungen – das BgA-Kassel und die Ruhrbarone wegen Urheberrechtsverletzung ab. Wir hatten, dem Prinzip Lumbung folgend, eine Graphik genutzt, um unserer Kritik an der d15 zu illustrieren. Kostenpunkt: 2147,00 EUR.

16. März 2022: Die Staatsministerin Claudia Roth kommt nach Kassel und erklärt: „Antisemitismus ist keine Meinung, für Antisemitismus, für Rassismus, für jede Form der Menschenfeindlichkeit ist in unserer Gesellschaft überhaupt kein Platz“ und weiter: „Das Engagement aller Beteiligter im Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus ist noch einmal deutlich unterstrichen worden, und ich messe den Versuchen aller Beteiligter, die notwendigen Diskussionen offen und transparent zu führen, eine hohe Glaubwürdigkeit bei. Ich würde mich freuen, wenn deren Gesprächsangebot zu einer friedlichen und lösungsorientierten Debatte breite Zustimmung erhält.“

21. März 2022: Wir Schreiben Claudia Roth an und bitten um ein Gespräch. Eine Antwort gab es nicht.

25. Mai 2022: Der Zentralrat der Juden, das American Jewish Comitee (AJC) und die WerteInitiative melden sich zu Wort. Man dürfe sich von Begriffen wie „Weltoffenheit“, „Multiperspektivität“ und „Diversität“ nicht täuschen lassen […] „Dahinter verbirgt sich nichts anderes als ordinärer israelbezogener Antisemitismus“, heißt es in einer Erklärung des AJC.

30. Mai 2022: Unbekannte hinterlassen in den Ausstellungsräumen WH22 Graffity-Schmierereien. Geselle wirft den Kritikern der Ausstellung vor, die Künstler durch Straftaten einschüchtern zu wollen. In der Berliner Zeitung ist gar von Morddrohungen die Rede. Candize Breitz redet davon, die Medien hätten die Täter in rassistischer Weise angestiftet.

15. Juni 2022: Christian Geselle, Angela Dorn (Kulturministerin Hessen) und Sabine Schormann (Generaldirektorin d15) feiern im Auestadion die Eröffnung der Ausstellung und weisen die Kritik als von außen aufgezwungen und unangemessen zurück.

16. Juni 2022: Die d15 wird eröffnet. Bundespräsident Frank Walter Steinmeier übt offen Kritik. Bundeskanzler Olaf Scholz weigert sich, die d15 zu besuchen. Das BgA-Kassel und ca. 150 aus Deutschland angereiste Gleichgesinnte demonstrieren gegen Antisemitismus auf der Ausstellung. Aus Kassel beteiligen sich lediglich die Junge Union, das Junge Forum DIG und Einzelpersonen. Gleichzeitig findet eine Kundgebung für Palästina statt, auf der u.a. unter Beteiligung verschiedener Aussteller der mittlerweile strafbewehrte Slogan „From the River to the Sea“ skandiert wird.

16. Juni 2022: Das Kollektiv The Question of Funding überläßt die Räume des WH22 den Galeristen Eltiqa. Diese kommen aus dem Gaza. Ihre Kunstwerke richten sich nicht gegen die Hamas-Diktatur sondern gegen Israel.

17. Juni 2022: Taring Padi hängt das berüchtigte Banner „People’s Justice“ auf.

08. Juli 2022: Als einzige Künstlerin verweigert sich Hito Steyerl dem postmodernen Spektakel. Sie lässt ihre Kunstwerke abbauen.

18. Juli 2022: Frau Schormann wird als Generaldirektorin abberufen. Nachfolger ist Axel Fahrenholtz.

10. August 2022: Axel Fahrenholtz sagt in einem Interview: „Ich würde nie öffentlich sagen, dieses oder jenes ist antisemitisch und anderes nicht, dazu fehlt mir die fachliche Kompetenz.“

09. September 2022: Das Gremium zur fachwissenschaftlichen Begleitung wird eingesetzt, um als antisemitisch identifizierte bzw. diskutierte Werke zu analysieren.

10. September 2022: Mitglieder des Gremiums zur fachwissenschaftlichen Begleitung kommen zu dem Ergebnis, dass „die Vorführung der unter dem Namen ‚Tokyo Reels Film Festival‘ gezeigte Kompilation von propalästinensischen Propagandafilmen aus den 1960er-1980er [Jahren] […] zu stoppen [ist].“ Die Mitglieder begründen diese Forderung damit, dass nicht nur „die antisemitischen und antizionistischen Versatzstücke“ in den Filmen „hoch problematisch“ seien, sondern auch die zwischen den Filmen eingefügten Kommentare der Künstler, weil diese „den Israelhass und die Glorifizierung von Terrorismus des Quellmaterials durch ihre unkritische Diskussion legitimieren.“

10. September 2022: Künstler der documenta verkünden in der Erklärung We are angry, we are sad, we are tired, we are united: Letter from lumbung: „Resistance to the State of Israel is resistance to settler colonialism, which uses apartheid, ethnic cleansing, and occupation, as forms of oppression.“ Die Kritik der fachwissenschaftlichen Begleitung wird als unwissenschaftlich zurückgewiesen. Es werden Bilder in den Räumen der Ausstellung aufgehängt, die sich positiv auf BDS beziehen. Zu den Unterzeichnern gehören die Ruangrupa – also die Kuratoren der „Weltkunstausstellung“ – und drei Personen aus dem Artistic Team, Frederikke Hansen, Gertud Flentge und Lara Khaldi, sprich die künstlerischen Leitung der d15, u.a. die Kollektive Archives des luttes des femmes en Algérie, INLAND, Party Office, Subversive Film, Taring Padi, The Question of Funding und Trampoline House sowie die Einzelpersonen Graziela Kunsch, Jumana Emil Abboud, Kiri Dalena, Lara Khaldi, Safdar Ahmed und viele andere mehr.

25. September 2022: Nach Beendigung der documenta erklärt Geselle: „Einzelne Kunstwerke verletzten durch mangelnde Einordnung Gefühle, […]“. Die beiden Protagonisten Reza Afisina und Iswanto Hartono erhalten Gastprofessuren an der Uni Kassel und an der Uni Hamburg.

24. Februar 2023: Die RIAS Hessen veröffentlicht eine Broschüre zum Antisemitismus rund um die documenta 2022. Einige Tage später wird der Jahresbericht der RIAS veröffentlicht. Die RIAS führt aus: „Für Jüdinnen und Juden habe die Documenta fifteen 100 Tage lang zusätzliche Angst vor antisemitischen Anfeindungen im Alltag bedeutet. […] Insgesamt registrierte die Recherchestelle 179 antisemitische Vorfälle in Hessen im vergangenen Jahr – also etwa an jedem zweiten Tag im Jahr einen.“

Epilog

Im Frühjahr 2023 soll eine neue Findungskommission für die kommende d16 zusammengestellt werden. Auch an die Ruangrupa wird der Wunsch herangetragen, sich an dieser zu beteiligen. Als am 07.10.2023 die Einsatzgruppen der Hamas in Begleitung zahlreicher Zivilisten das Grenzgebiet zu Israel überfallen und ein Pogrom ungeahnten Ausmaßes anrichten und Teilnehmer einer Rave-Party abschlachten, entführen und vergewaltigen, bekunden die beiden Gastprofessoren aus Kassel und Hamburg und ruangrupa-Mitglieder Iswanto Hartono und Reza Afisina auf Instagram ihre Sympathien für die in Berlin jubelnden Sympathisanten der Hamas.

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1 Die hier veröffentlichte Chronik wurde am 22. Februar 2024 auf unserer Veranstaltung „Die documenta 15 und der Antisemitismus-Skandal. Wer Antizionisten einlädt, erntet Antisemitismus“ vorgetragen.

2 Die zweite überarbeitete und korrigierte Auflage unserer Broschüre ist vergriffen. Gegen eine Spende von 5,00 € können Exemplare der ersten Auflage erstattet werden, die einige wenige Druck- und Formatfehler enthält.

Hamas mordet

Redebeitrag von Jonas Dörge für das BgA-Kassel auf der Kundgebung der DIG Kassel, des Jungen Forum DIG Kassel, des Sara Nussbaum Zentrum Kassel und der Jüdischen Gemeinde Kassel: Solidarität mit Israel. Free Gaza from Hamas am Mittwoch den 11.10.2023 – in englischer Übersetzung am Ende

Am Samstag, den 07.10.2023 startete die islamische Terrorgruppe Hamas einen Angriffskrieg gegen Israel. Hunderte Raketen wurden auf Israel geschossen und Todesschwadrone der Hamas überfielen unter Allahu-Akbar-Gebrüll Kibbuzims, Dörfer und Städte an der Grenze. Dabei wurden über Tausend Israelis, die meisten von ihnen Zivilisten, Frauen, Kinder und Alte bestialisch getötet und entführt.

Die Raveparty SuperNova im Negev endete am Samstagmorgen im größten Massaker an Zivilisten, dass es in der Geschichte Israels bisher gab: Über 260 Menschen wurden von den Schergen der Hamas ermordet, hunderte schwer verletzt und dutzende in den Gazastreifen verschleppt. Die feiernden und arglosen Besucherinnen und Besucher wurden ermordet, nur weil sie Juden waren. In den Kibbuzims Be’eri, Kfar Aza, Re’im richteten die Terroristen regelrechte Pogrome an.

Zerstörer aus Berufung, Sadist reinen Herzens, ist der Antisemit in der Tiefe seines Herzens ein Verbrecher, was er wünscht, was er vorbereitet, ist der Tod des Juden.
(Jean-Paul Sartre)

Die Hamas ist eine antisemitische Terrorgruppe. Der antisemitische Wahn dieser Gruppe bezieht sich auf den Islam und auf ideologische Grundlagen des Nationalsozialismus. Die im Koran zu findenden Aufforderungen, Juden zu töten wie auch die antisemitischen „Protokolle der Weisen von Zion“ sind Bestandteile der Programmatik der Hamas. Folgerichtig predigt die Hamas die Vernichtung Israels. Die Hamas gehört zum Umfeld der antisemitischen Muslim-Bruderschaft, die eine der mächtigsten islamischen Organisationen weltweit ist.1

Obwohl der sunnitischen Glaubensrichtung zugehörig, wird die Hamas aber auch vom Iran und der Hisbollah unterstützt. Obwohl die Hamas mit den linksradikalen palästinensischen Gruppen und der Fatah verfeindet ist, wurde der Angriff der Hamas auch von diesen Gruppen gefeiert und begrüßt.2 Der „Präsident“ der Palästinensischen Autonomiebehörde Mahmoud Abbas rechtfertigte den mörderischen Angriff auf Israel.3

Support für die Hamas aus dem Lumbung

Die Hamas gehört zu den Initiatoren der antisemitischen BDS-Bewegung4, die von vielen Künstlern, von der Mehrheit der Kuratoren und leitenden Machern der documenta 15 unterstützt wurde. Die beiden Mitglieder der Ruangrupa Iswanto Hartono und Reza Afisina, die zuletzt auch Gastprofessuren an der Kunsthochschule Kassel waren, bekundeten auf Instagram ihre Sympathie zu den Jubelpalästinensern in Berlin. Diese feierten den Terrorkrieg der Hamas mit Kuchen, Süßigkeiten und palästinensischen Fahnen in den Straßen Berlins. Es folgte eine so weinerliche wie anmaßende Ausrede der beiden, die im Tenor des Hohns und der Lügenhaftigkeit ihrer Ausreden während der documenta der hiesigen Presse mitgeteilt wurde.5 Die Brüder und Schwestern aus dem Lumbung-Member Partyoffice verkündeten heute über Instagram derweil den totalen Befreiungskrieg bis zum Endsieg und schlossen sich dem Tenor des Trampolin House aus Kopenhagen – ebenfalls Lumbung-Member – an, die jüngst in der Kunstzeitung Monopol einen Krieg gegen die Kritiker des Antisemitismus forderten.6

Der Israelhass und Antisemitismus hat auch in Kassel einen Namen

In Kassel gibt es neben der überregional agierenden Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft auch weitere Sympathisanten des palästinensischen Volkstumskampfes. Allen voran wäre das Café Buch-Oase zu nennen, das Kasseler Friedensforum, der Verein Palästinensische Gemeinde – Kassel, kleinere linksradikale Parteien wie die MLPD und deren Vorfeldorganisationen,7 ferner die an der Universität Kassel agierende Gruppe Unidiversität und ihre Verbündeten Gruppen Arbeiter:innenkinder und RUK8 und last but not least die islamischen und antisemitischen Organisationen Milli Görüs, die ATB ( Avrupa Türk Birligi) – das ist der Ableger der islamistischen, rechtsextremistischen und antisemitischen türkischen Partei BBP. Zu nennen sind auch die dem türkischen Präsidenten und bekennenden Antisemiten Recep T. Erdogan unterstellte DITIB, sowie die mit allen genannten türkischen Gruppen kooperierende größte rechtsextremistische und stramm antisemitische Organisation in Deutschland, die Grauen Wölfen.9

Auch wenn die hier genannten Organisationen und Gruppen aus dem politisch linken Umfeld entweder gar nicht oder wie die türkischen nicht offen als Fürsprecher der Hamas agieren, so treten sie alle immer wieder gemeinsam mit Anhängern der Hamas auf und betreiben das Geschäft dieser Gruppe, in dem sie das Lied von der Unterdrückung und Vertreibung der Palästinenser, vom Befreiungskampf gegen einen Besatzer, von einer heiligen Stadt Al Quds, von illegalen Siedlungen, vom Apartheidregime usw. anstimmen und die Gleichung Zionismus = Rassismus aufmachen, oder wie vor einem Jahr der Vorsitzende der Palästinensischen Gemeinde – Kassel den Slogan „From the river to the sea …“ in der hiesigen Presse als legitime Forderung verkauft.10

Es verwundert daher nicht: Kassel ist keineswegs ein sicherer Ort für Juden. Sofern sich Juden in der Innenstadt, in angrenzenden Stadtteilen oder an manchen Plätzen der Universität zum jüdischen Staat bekennen, müssen sie damit rechnen, angefeindet oder belästigt zu werden, oder müssen sich gar um ihre körperliche Unversehrtheit fürchten. Das haben wir, die wir schon am Samstag – für Israel – in der Innenstadt standen, erleben müssen, das war am Tag des Protestes gegen den Antisemitismus auf der documenta so, das war 2021 so und das war 2014 so.

Es sind in der Regel keine Wutbürger, Braunhemden oder Nazikader, die zu so einem Klima in einigen Stadtteilen Kassels und an der Uni beitragen, sondern Männer und Frauen mit arabischen und / oder palästinensischen Migrationshintergrund und einige linksradikale Aktivisten.

Alle oben angeführten Organisationen, Verbände und Gruppierungen und nicht zuletzt die in Kassel nahezu widerspruchslos hingenommene antizionistische Ausrichtung der documenta 15 sorgen für den ideologischen Background dieser Situation.

Trotzdem wurden nicht nur auf der documenta israelfeindlichen und antisemitischen Propagandisten eine Bühne geboten, sondern auch auf den von der Stadt geförderten und / oder ausgerichteten öffentlichen Veranstaltungen, wie dem Frühlingsfest des Schlachthof e.V., wie im Rahmen der Museumsnacht und wie auf dem Altstadtfest. Auf allen diesen Events wurde dem israelfeindlichen Café Buch-Oase oder dessen Umfeld die Möglichkeit geboten, sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren.11

Die ebenfalls israelfeindlichen und auch antisemitischen Organisationen DITIB, Milli Görüs und ATB sind seit Jahr und Tag Dialogpartner des von der Stadt Kassel betriebenen und dem Bürgermeisteramt unterstellten Rat der Religionen.12

Gegen Antisemitismus heißt: Gegen Israelfeindlichkeit und Antizionismus die Stimme zu erheben.

Solidarität mit Israel kann in Kassel nur heißen:

Den Feinden Israels ist klar entgegenzutreten. Ihnen muss jede Möglichkeit genommen werden, auf Veranstaltungen aufzutreten, die mit öffentlichen Geldern bezuschusst werden oder die von der Stadt ausgerichtet werden.

Israels Kampf gegen die Hamas und gegen die Hisbollah ist vorbehaltlos zu unterstützen!

Wehe dem Land der Verbrecher!
(Ilja Ehrenburg)

Mit der Hamas und der Hisbollah sind Verhandlungen keine Option. Frieden im Nahen Osten wird es erst dann geben, wenn die Organisationen Hamas, Hisbollah und der Islamic Jihad vernichtet worden sind, der Iran entwaffnet und das dort herrschende Regime der Mullahs gestürzt worden ist.

Solidarität mit Israel heißt: Kein Friede den Antisemiten!

Lang lebe Israel – Am Yisrael Chai

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1 Die radikalislamische Organisation Hamas, Embassy Israel, o.D.,; Zu den islamischen Grundlagen des Antisemitismus: Yehuda Bauer, Islamistischer Antisemitismus, Bayerische Landeszentrale für politische Bildung, o.D. .

2 Street rallies celebrate Hamas onslaught in West Bank and throughout the Middle East, Times of Israel, 08.10.2023.

3 Abbas stresses Palestinian right to self-defense, as int’l community condemns Hamas, Times of Israel, 07.10.2023.

4 Alex Feuerherdt, Florian Markl, Die Israel-Boykottbewegung. Alter Hass im Neuen Gewand, Berlin Leipzig 2020, S. 61.

5 „Afisina und Hartono erklärten, sie hätten gedacht, mit ihren Likes auf ein Video von einer Demo in Neukölln Ende September reagiert zu haben, die von der Polizei aufgelöst worden war. Die Likes seien ein Fehler gewesen. Die jüngsten Nachrichten aus Israel würden deutlich machen, ‚wie brutal und unglaublich schlecht‘ Gewalt gegen unschuldige Menschen sei: […]‘ Es sei absurd, ihnen zu unterstellen, sie würden Gewalt unterstützen. Afisina und Hartono stellen klar: ‚Wir haben die Tötung von Zivilisten auf beiden Seiten verurteilt.’“ Nach Likes für Pro-Palästina-Demo: documenta-Kuratoren erneut in der Kritik, HNA, 12.10.2023.

6 Auf Instagram postete die Gruppe Partyoffice zwei Sticker. Auf dem einen hieß es: „Resistance until Reclamation. Generation after Generation until total Liberation“. „Es half nicht, alle Künstler zu riesigen Zoom-Meetings einzuladen, bei denen eine einheitliche Antwort diskutiert wurde. Der Shitstorm war ein Krieg, der gegen Ruangrupa und alle Künstler geführt wurde. Er hätte wie ein Krieg geführt werden müssen. Mit Einigkeit und einer einheitlichen Führung (Documenta-Vorstand und Artistic Team).“ Ein Jahr nach Ausstellungsende. Was hat die Documenta den Kollektiven gebracht? Monopol Magazin für Kunst und Leben, 25.09.2023.

7 Die Verbindungen israelfeindlicher Gruppen in Kassel und das Café Buch-Oase vgl.: Die Cafe Buch-Oase Connection, 08.09.2018.

8 Israelhass stellt sich zur Wahl, 25.09.2023.

9 vgl. zur Milli Görüs: Thomas Volk, Legalistische Islamisten in Deutschland und Europa, KAS, 29.10.2015; zur ATB: Verband der türkischen Kulturvereine in Europa (Wikipedia); zur DITIB: Das Gift des Antisemitismus: wie Erdogan deutsche Muslime mit offizieller Hilfe indoktrinieren darf, NZZ, 20.05.2021; zu den Grauen Wölfen, Kemal Bozay, Graue Wölfe – die größte rechtsextreme Organisation in Deutschland, BpB, 24.11.2017; Der türkische Präsident Recep T. Erdogan gehört zu den wenigen Staatschefs die sich wenig verklausuliert auf die Seite der Hamas stellen. Erdogan und die islamistische AKP sind dem Umfeld der Muslim-Bruderschaft zuzuordnen. Dazu: Bruderstaat der Hamas: Die Türkei hat über die Parteigrenzen hinweg klare Position zum Israel-Krieg, FR, 12.10.2023.

10 Der Vorsitzende der Palästinensischen Gemeinde Kassel Ahmed Tubail diktierte der HNA folgendes in den Block: „’From the River to the Sea‘ ist daher nur eine gerechte Forderung nach Gleichheit, Freiheit und Gerechtigkeit.“, Antisemitismus auf documenta: „Deutschland hat ein Problem mit seiner Erinnerungskultur“, HNA, 02.07.2023.

11 Antizionistischer und israelfeindlicher Propaganda keinen Raum in Kassel, 10.09.2023.

12 Unrat der Religionen – Der Kasseler Aufruf zum Märtyrertod, 09.12.2016.

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In englischer Übersetzung

Hamas murders

On Saturday, Oct. 07, 2023, the Islamic terrorist group Hamas launched a war of aggression against Israel. Hundreds of rockets were fired at Israel and Hamas death squads attacked kibbutzim, villages and towns on the border while shouting Allahu Akbar. They murdered over a thousand Israelis, most of them civilians: women, children and the elderly.

The rave party „SuperNova“ in the Negev Desert ended on a Saturday morning in the biggest massacre of civilians in the history of Israel: Over 260 people were murdered by Hamas henchmen, hundreds were seriously injured and dozens were abducted to the Gaza Strip. The innocent revellers were murdered for merely being Jews. In the kibbutzim of Be’eri, Kfar Aza, Re’im, the terrorists carried out veritable pogroms.

“A destroyer in function, a sadist with a pure heart, the anti‐Semite is, in the very depths of his heart, a criminal. What he wishes, what he prepares, is the death of the Jew.”
(Jean-Paul Sartre)

Hamas is an anti-Semitic terrorist group. The anti-Semitic mania of this group is based on Islam and on the ideology of National Socialism. The mandates to kill Jews found in the Koran, as well as the anti-Semitic „Protocols of the Elders of Zion,“ make up the foundation of Hamas’s program. Hence, Hamas preaches the destruction of Israel. 

Hamas is part of the anti-Semitic Muslim Brotherhood, which is one of the most powerful Islamic organizations in the world. Although belonging to the Sunni faith, Hamas is also supported by Iran and Hezbollah. Despite Hamas being hostile to Fatah and radical leftist Palestinian groups, the attack was welcomed and celebrated by those groups. Palestinian Authority „President“ Mahmoud Abbas justified the murderous attack on Israel.

Support for Hamas from Ruangrupa

Hamas is one of the initiators of the anti-Semitic BDS movement, which was supported by many artists, by the majority of curators and senior makers of documenta 15 in Kassel, Germany. The two members of Ruangrupa Iswanto Hartono and Reza Afisina, who were also visiting professors at the College of Art in Kassel, Germany, expressed on Instagram their sympathy with the jubilant Palestinians in Berlin, who openly celebrated Hamas‘ acts of terror with cakes, sweets and Palestinian flags. This was followed by whiny as well as pretentious excuses, which were communicated to the local press similarly to the tenor of the mendacity of their excuses during documenta 15. Meanwhile, the guys from the lumbung member party office announced today via Instagram a total war of liberation and final victory, joining the tenor of the Trampoline House from Copenhagen, which recently called for a war against the critics of anti-Semitism in the art magazine Monopol.

The hatred of Israel and anti-Semitism has a reputation in Kassel

In Kassel, in addition to the nationally active German-Palestinian Society, there are also other sympathizers of the disreputable Palestinian cause. First and foremost, there is the Café Buch-Oase, the Kasseler Friedensforum, the Palestinian community association in Kassel, smaller radical left-wing parties such as the MLPD and its subordinate organizations, furthermore the group Unidiversität, which is active at the University of Kassel, and its allied groups Arbeiter: innenkinder and RUK and last but not least the Islamic and anti-Semitic organizations Milli Görüs, the ATB ( Avrupa Türk Birligi), an offshoot of the Islamist, right-wing extremist and anti-Semitic Turkish party BBP. Also worth mentioning is the Turkish-Islamic Union for Religious Affairs (DITIB), which is subordinate to the Turkish president and self-confessed anti-Semite Recep T. Erdogan, as well as the largest right-wing extremist and staunchly anti-Semitic organization in Germany, the Gray Wolves, which cooperates with all the above-mentioned Turkish groups.

Even if the organizations and groups from the political left mentioned here do not act as openly or directly as the Turkish advocates of Hamas, they associate themselves with supporters of Hamas and sing the fairytale song of Palestinian oppression and expulsion, of the struggle of liberation against an occupier, of the holy city Al Quds, of illegal settlements, of the apartheid regime, etc., in order to make the infamous equation Zionism = racism. They repeat and legitimize slogans of the Palestinian community, such as „From the river to the sea …“.

It’s not surprising: Kassel is by no means a safe place for Jews. Jews in the city center, in adjoining districts or at the university who openly support the Jewish state, risk being attacked or harassed, or even have to fear for their physical well-being. We, who demonstrated downtown for Israel last Saturday, experienced such opposition and violence. This happened also during our protest against anti-Semitism at documenta 15, also during demonstrations in 2021 and in 2014.

Generally, it’s not just disgruntled citizens, right wing extremists or Nazis, but rather more often it’s those with an Arab and/or Palestinian background and their allied radical leftwing activists, who cause such a climate of fear in some parts of the city. 

All the organizations, associations and groups listed above, and not least, the anti-Zionist orientation of documenta 15, which practically enjoyed an uncritical acceptance in Kassel, provide the bedding for open antisemitism.

Anti-Israel and anti-Semitic propagandists were not only given a stage at documenta, but were also present at public events sponsored and/or organized by the city, such as the spring festival of Schlachthof e.V., as part of the Museum Night, and at the Old Town Festival. At all these events, the anti-Israel Café Buch-Oase or its associates were given the opportunity to present themselves in public.

The anti-Israel, in effect, anti-Semitic organizations DITIB, Milli Görüs and ATB have been dialogue partners of the Council of Religions, which is run by the city of Kassel and subordinate to the mayor’s office, for years.

To oppose anti-Semitism means to speak out against hostility towards Israel and anti-Zionism.

Solidarity with Israel in Kassel can only mean: 

The enemies of Israel must be clearly opposed. They must be deprived of any possibility to appear at events that are subsidized with public money or that are hosted by the city.

Israel’s fight against Hamas and against Hezbollah must be supported without reservation!

“Woe to the land of criminals!”
(Ilya Ehrenburg)

Negotiations with Hamas and Hezbollah are not an option. There will be peace in the Middle East only when the organizations Hamas, Hezbollah and the Islamic Jihad have been destroyed, Iran has been disarmed and the regime of the Mullahs ruling there has been overthrown.

Solidarity with Israel means: No peace deals with anti-Semites!

Long live Israel – Am Israel Chai

Krieg gegen Israel

Hamas mordet – Palästinenser jubeln – ruangrupa gefällt das

Am Samstag, den 07.10.2023 startete die islamische Terrorgruppe Hamas einen Angriffskrieg gegen Israel. Hunderte Raketen wurden auf Israel geschossen und bewaffnete Einheiten überfielen unter Allahu-Akbar-Gebrüll Kibbuzims, Dörfer und Städte an der Grenze. Dabei wurden über Tausend Israelis, die meisten von ihnen Zivilisten, Frauen, Kinder und Alte getötet und entführt.

Die Raveparty „SuperNova“ im Negev endete am Samstagmorgen im größten Massaker an Zivilisten, dass es in der Geschichte Israels bisher gab: Über 260 Menschen wurden von Hamas-Kämpfern ermordet, hunderte schwer verletzt und dutzende in den Gazastreifen verschleppt. Die feiernden und arglosen Besucherinnen und Besucher wurden ermordet, nur weil sie Juden waren. In Be’eri, Kfar Aza, Re’im allesamt Kibbuzim richteten die Terroristen regelrechte Pogrome an.

Die Hamas ist eine antisemitische Terrorgruppe, die sich auf den Islam und auf ideologische Grundlagen des Nationalsozialismus, wie z. B. „Die Protokolle der Weisen von Zion“, bezieht. Das Ziel der Hamas ist die Vernichtung Israels und der Tod der Juden. Obwohl die Hamas dem sunnitischen Islam zugehört und mit der Muslim-Bruderschaft eng verbandelt ist, wird die Gruppe auch vom Iran unterstützt. Folgerichtig wurde der terroristische Angriff auf Israel auch von Regierungsstellen des Iran und der Hisbollah begrüßt, die vom Libanon aus, ebenfalls das Feuer auf Israel eröffnete. Obwohl die islamischen Gruppierungen Hamas, Islamic Jihad und Hisbollah mit den linksradikalen palästinensischen Gruppen und der Fatah verfeindet sind, wurde der Angriff der Hamas auch von diesen Gruppen gefeiert und begrüßt und von dem „Präsidenten“ der Palästinensischen Autonomiebehörde Mahmoud Abbas gerechtfertigt.

Support für die Hamas aus Ruangrupa

Die Hamas gehört zu den Initiatoren der antisemitischen BDS-Bewegung, die von vielen Künstlern, von der Mehrheit der Kuratoren und leitenden Machern der documenta 15 unterstützt wurde. So war es kein Zufall, dass die Künstlergruppe Subversive Films die Filmreihe Tokyo Reels auf der documenta zeigte, in der Propaganda für palästinensischen Terror der Weltöffentlichkeit als Kunstprojekt präsentiert wurde und dass die documenta 15 mit einem trotzigen Bekenntnis zu BDS und zum palästinensischen Volkstumskampf die „Weltkunst-Ausstellung“ beendete.

Als Lohn für ihre israelfeindliche Propaganda erhielten die beiden Mitglieder der Ruangrupa Iswanto Hartono und Reza Afisina Gastprofessuren an der Kunsthochschule Kassel und an der HFBK Hamburg. Beide bekundeten auf Instagram ihre Sympathie für einen Post über die Jubelpalästinenser in Berlin, die den Terrorkrieg der Hamas mit Kuchen, Süßigkeiten und Palästinensischen Fahnen in den Straßen Berlins feierlich begrüßten.1

Screenshot des Instagram-Account „realdocumenta“ samt „likes“ am 08.10.2023

In der Lokalzeitung HNA wurde am Montag den 09.10.2023 im Lokalteil dem Mitglied der Kasseler Sektion der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft Brigitte Domes die Möglichkeit gegeben, angesichts des mörderischen Terrors der Hamas Israel als Schuldigen auszumachen und sich als Prophetin zu gerieren. Sie wurde wie folgt von der Zeitung zitiert: „Das war zu erwarten. Die Eskalation hat eine Vorgeschichte.“ Palästinenser seien einer ständigen Demütigung ausgesetzt. „Uns war klar: Wenn die israelische Besatzung nicht endet und es nicht gleiche Recht für alle gibt, wird es zwingend neue Gewaltausbrüche geben.“

Der Israelhass und Antisemitismus hat auch in Kassel einen Namen

In Kassel agieren neben der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft auch weitere Sympathisanten des palästinensischen Volkstumskampfes. Allen voran wäre das Café Buch-Oase zu nennen, das Kasseler Friedensforum, der Verein Palästinensische Gemeinde – Kassel, kleinere linksradikale Parteien wie die MLPD und ihre auch in Kassel agierende Vorfeldorganisationen, die an der Universität Kassel agierende Gruppe Unidiversität und ihre Verbündeten Gruppen Arbeiter:innenkinder und RUK und last but not least die islamischen und antisemitischen Organisationen Milli Görüs, ATB und auch die dem türkischen Präsidenten und bekennenden Antisemiten Recep T. Erdogan unterstellte DITIB. Auch wenn alle hier genannten Organisationen entweder gar nicht oder nicht direkt als Fürsprecher der Hamas agieren, so betreiben sie das Geschäft dieser Gruppe, in dem sie das Lied von der Unterdrückung und Vertreibung der Palästinenser, vom Befreiungskampf gegen einen Besatzer, von einer heiligen Stadt Al Quds, von illegalen Siedlungen, vom Apartheidregime usw. anstimmen und die Gleichung Zionismus = Rassismus aufmachen.

Kassel ist keineswegs ein sicherer Ort für Juden. Sofern sich Juden in der Innenstadt und angrenzenden Stadtteilen oder an manchen Plätzen der Universität zum jüdischen Staat bekennen, müssen sie damit rechnen, angefeindet oder belästigt zu werden, oder müssen sich gar um ihre körperliche Unversehrtheit fürchten. Es sind in der Regel keine Braunhemden, keine Nazikader, die zu so einem Klima in einigen Stadtteilen Kassels beitragen, sondern Jugendliche beiderlei Geschlechts, Männer und Frauen mit arabischen und / oder palästinensischen Migrationshintergrund. Die oben angeführten Organisationen, Verbände und Gruppierungen sorgen für den ideologischen Background dieser Situation.

Die Staatsräson und eine halbe Solidaritätserklärung

Der Oberbürgermeister der Stadt Kassel Sven Schoeller hat eine Stellungnahme veröffentlicht, in der es heißt: „[…] Unsere Gedanken sind bei den Leidtragenden, den Opfern und ihren Angehörigen, den vielen Menschen in Angst – darunter auch unseren Freundinnen und Freunden der Partnerstadt Ramat Gan. Ihnen gilt unsere Solidarität und der ungebrochene Wunsch nach Frieden und Sicherheit.“ Ähnliche Stellungnahmen gibt es mittlerweile von der Bundesregierung und von den wichtigen Parteien in Deutschland. Und anders als vor einigen Jahren ist es mittlerweile so, dass zu den Kundgebungen zur Solidarität mit dem jüdischen Staat in den größeren Städten Deutschlands sich mehrere Hundert Menschen mobilisieren lassen.

Doch so wie diesen auch auf den Kundgebungen formulierten Bekenntnissen zur Solidarität mit Israel eine Politik gegenüber Israel gegenübersteht, die höflich formuliert, als ambivalent zu bezeichnen ist, so ist es keineswegs so, dass die Stadt Kassel, sich klar gegen Antisemitismus stellt. So wie der Bund die Palästinensische Autonomiebehörde mit Millionenbeträgen subventioniert, die von dieser zur Finanzierung von Terrormaßnahmen und antisemitischer Propaganda in Schulbüchern und in den Medien eingesetzt wird, so trägt die Stadt Kassel dafür Verantwortung, dass es in Kassel mit öffentlichen Geldern unterstützte Events gibt, in denen den oben genannten israelfeindlichen und israelkritischen Gruppen ermöglicht wird, sich der Öffentlichkeit zu präsentieren. Das war nicht nur auf der documenta 15 so, sondern auf dem Altstadtfest, der Museumsnacht und bereits zum zweiten Mal auf dem Frühlingsfest des Schlachthof e.V. in der Nordstadt. Der von der Stadt Kassel betriebene und dem Bürgermeisteramt unterstellte Rat der Religionen bietet den islamischen Verbänden2 eine Plattform, auf dem diese ein respektvolles, gleichberechtigtes und friedliches Miteinander heucheln können.

Solidarität mit Israel kann in Kassel nur heißen, jenen Feinden Israels klar entgegenzutreten und ihnen jede Möglichkeit zu nehmen, auf Veranstaltungen aufzutreten, die mit öffentlichen Geldern bezuschusst werden oder von Tochterunternehmen der Stadt ausgerichtet werden.

Aber die Erklärung Schoellers ist auch aus einem anderen Grund halbherzig. Natürlich wären Israel und den dort lebenden Menschen ein Leben in Frieden zu wünschen. Doch die Realität ist eine andere. Seit der Staatsgründung im Jahre 1948 ist Israel dem permanenten Krieg arabischer Staaten und palästinensischer Gruppen ausgesetzt. Während mit Ägypten und Jordanien Friedensverträge geschlossen wurden und auch die Beziehungen Israels zu anderen arabischen Staaten wie z. B. Saudi Arabien, Sudan und Marokko in den letzten normalisiert werden konnten, konnte ein entsprechendes Abkommen mit der Palästinensischen Autonomiebehörde trotz seit Jahrzehnten immer wieder aufgenommenen langwierigen Verhandlungen bis heute nicht erreicht werden.

Mit Organisationen wie der Hamas und der Hisbollah sind selbst solche Verhandlungen dagegen keinerlei realistische Perspektive. Frieden im Nahen Osten wird es erst dann geben, wenn die Organisationen Hamas, Hisbollah und der Islamic Jihad vernichtet worden sind und der Iran entwaffnet und das dort herrschende Regime der Mullahs gestürzt worden ist.

Solidarität mit Israel heißt:

Israels Kampf gegen die Hamas und gegen die Hisbollah ist bis zu deren Vernichtung vorbehaltlos zu unterstützen!

Menschen die antisemitische Mordaktionen feiern sind vor Gericht zu bringen und sind auszuweisen!

Keine Auftrittsmöglichkeiten für Israelfeinde und „Israelkritiker“ auf öffentlich finanzierten oder bezuschussten Veranstaltungen in der Stadt!

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1 Documenta-Kuratoren gefällt Jubel über Hamas-Terror, Jüdische Allgemeine, 08.10.2023.

2 Zu den islamischen Religionsverbänden, die im Rat der Religionen vertreten sind, gehören die DITIB, die Milli Görüs und das islamische Spaltprodukt der Grauen Wölfe, die ATB. Die verlogene Haltung dieser Verbände verdeutlicht am anschaulichsten die impertinente Erklärung des Zentralrats der Muslime, der anlässlich der barbarischen Terrorkampagne der Hamas folgendes verlautbaren ließ: „Wir verurteilen die jüngsten Angriffe der Hamas auf Zivilisten und rufen dazu auf, sofort die Gewalt zu beenden. Damit nicht noch mehr Opfer in der Zivilbevölkerung beklagt werden, müssen alle Seiten jetzt die Kampfhandlungen sofort einstellen. Zutiefst verstörend ist, dass Siedler flankiert durch die israelische Armee seit zwei Jahren palästinensische Dörfer und die Al-Aqsa Moschee angreifen, ohne dass die internationale Gemeinschaft eingreift.“ Zit.n.: 08.10.2023 ZMD zur Eskalation im Nahen Osten.

Hate to say I told you so

Eine Chronologie: Frühe Kritik – Schuldabwehr, Ignoranz und Antisemitismus auf der Weltkunstaustellung in Kassel

Am 07. Januar 2022 veröffentlichten wir den Beitrag „Documenta fifteen: Antizionismus und Antisemitismus im lumbung“. Dort kritisierten wir die grundlegende Ausrichtung der documenta, die Zusammensetzung der künstlerischen Leitung und des documenta-Beirates und führten am Beispiel der Gruppe The Question of Fundig aus, dass ein systematischer Zusammenhang von Antizionismus, Israelhass und Antisemitismus besteht, der in den auf der Weltkunstausstellung zu erwartenden Kunstwerken Ausdruck finden wird. Unsere Annahme, dass die Gefahr bestand, dass die Kunstausstellung antizionistischer Propaganda eine Bühne bietet, war substantiell und wohl begründet.

In dem nun veröffentlichten Abschlussberichtes des vom Aufsichtsrat der documenta GmbH berufenen Gremium zur fachwissenschaftlichen Begleitung der documenta fifteen heißt es:

„Die documenta fifteen fand vom 18. Juni bis 25. September 2022 unter der künstlerischen Leitung des Kurator*innenkollektivs ruangrupa statt. Bereits im Vorfeld der Ausstellungen waren Befürchtungen laut geworden, dass es bei der Ausstellung zu antisemitischen Vorfällen kommen könnte. Diese bewahrheiteten sich bereits am Eröffnungswochenende durch den Fund zweier antisemitischer Darstellungen in dem Werk People’s Justice des Künstler*innenkollektivs Taring Padi. Auch gegen andere Werke wurden in den folgenden Wochen Antisemitismusvorwürfe erhoben.“1

Zunächst nahmen einige Autoren wichtiger überregionaler Zeitungen (wie Zeit, NZZ,Welt, BILD, FAZ und sogar die TAZ und der Spiegel) unsere Anfang Januar 2022 veröffentlichte Kritik auf2, der sich im Mai dann auch der Zentralrat der Juden, die WerteInitiative und das American Jewish Comittee (AJC) anschlossen.3 Ein Problembewusstsein ließen jedoch weder Christian Geselle als Aufsichtsratsvorsitzender der documenta GmbH und – bis auf die FDP, die Junge Union Kassel, das Sara Nussbaum Zentrum und das Jungen Forum DIG – irgendein anderer relevanter Akteur der Stadt und der „Zivilgesellschaft“ erkennen. Im Gegenteil. Geselle ließ am 16.01.2022 in einer Pressemitteilung verlauten: „Mit dem indonesischen Künstlerkollektiv Ruangrupa kuratieren 2022 zum ersten Mal Vertreter aus Asien die documenta, die auch die Perspektive des globalen Südens berücksichtigen. Dabei seien unter anderem die Hinterfragung von Machtverhältnissen und dekoloniale Ansätze zentrale Gegenstände. […] Die Freiheit der Kunst zu wahren und zu verteidigen sei [..] Aufgabe aller, die an die Werte unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung glauben. Eine Überprüfung […] dürfe es nicht geben […]“.4 In erschütternder Ignoranz oder Ahnungslosigkeit tat dann Geselle vor der Kamera der Hessenschau kund, im Falle der völkisch-nationalistischen und antisemitischen Propaganda des umstrittenen Künstlerkollektivs aus Palästina handele es sich um die künstlerische Befassung mit landwirtschaftlichen Fragen. Dies sei von der Kunstfreiheit gedeckt.5

Am Holocaustgedenktag 27.01.2022 besuchte eine Delegation aus Kassels Partnerstadt Ramat Gan Kassel. Obwohl die Diskussion um die fragliche Ausrichtung der documenta in der überregionalen Presse schon im Gange war und es klar war, wen man nach Kassel geholt hatte, ließ es sich der Oberbürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzende Geselle nicht nehmen, sich mit den Teilnehmern der Delegation aus Israel vor dem ruru-Haus abzulichten. Dort, so hieß es in einer Pressemitteilung der Stadt, wurden „sie durch die documenta‐Generaldirektorin Dr. Sabine Schormann und Reza Afisina, Mitglied der documenta fifteen‐Kuratorengruppe ruangrupa, begrüßt.“6 Reza Afisina unterzeichnete, wie viele andere Protagonisten der documenta 15, die Erklärung A Letter Against Apartheid in der ausdrücklich auch der kulturelle Boykott Israels gefordert wird.

Auch die künstlerische Leitung der documenta 15 wies jede Kritik zurück und versuchte den Spieß umzudrehen. In der ersten ausführlicheren Erklärung wurde am 12.01.2022 dementiert, dass es jemals zu Antisemitismus auf der documenta 15 kommen könnte und man warf den Kritikern vor, rassistisch zu diffamieren und verfälschende Berichte lanciert zu haben. Man erklärte den Hass auf Israel als eine Form sich in lokalen Kontexten angesichts „herausfordernder Fragen unserer Gegenwart“ zu engagieren. Um diesen entsprechend zu kontextualisieren und als legitime Stimme erklären zu können, kündigten die documenta-Macher ein internationales Expertenforum an, das „Stimmen aus verschiedenen Bereichen, darunter Kolonialismus- und Rassismusforschung, Land Right Studies, Indigenous Studies, Holocaust- und Antisemitismusforschung“ versammeln sollte, um in einer Debatte über das Grundrecht der Kunstfreiheit angesichts von „steigendem Rassismus und Antisemitismus und zunehmender Islamophobie zu diskutieren.“7

Nach diesem Potpourri aus Nebelkerzen, postkolonialer Holocaustrelativierung und islamischer Opferideologie verkündete Geselle: „Für mich ist die Angelegenheit mit dieser Erklärung erledigt“. Die HNA berichtete, dass er keine Anzeichen dafür sehe, „dass das Existenzrecht Israels seitens der documenta infrage gestellt werde.“ Gleichzeitig war es ihm wichtig darauf hinzuweisen, dass die Menschen in Palästina ebenso das Recht auf ein selbstbestimmtes, friedliches und würdevolles Leben hätten. In freier Assoziation fügte Geselle hinzu, genau dies sei das Ansinnen der geladenen Künstler nach ökonomischer und sozialer Autonomie.8 Mit Menschen in Palästina meinte Geselle die Palästinenser. Freilich gibt es Palästina nur als geographische Bezeichnung eines Landstriches, zwischen Jordanien und dem Mittelmeer. In der nationalen Ideologie der Palästinenser ist, wenn von Palästina als anzustrebender Staat die Rede ist, genau dieser geographische Raum gemeint. Die Parole „From the river to the sea – Palestine will be free!“ sagt genau dies aus. Nichts anderes bedeutet die angestrebte ökonomische und soziale Autonomie, die vom Oberbürgermeister den Künstlern als zentrales Anliegen völlig richtig zugeschrieben wird, ohne zu verstehen, was er damit gesagt hat.

An dieser Grundhaltung änderte sich bis zur Eröffnung der documenta 15 nichts. Noch am Mittwoch, den 15.06.2022, also unmittelbar vor der Eröffnung der documenta 15, feierten sich Christian Geselle, Angela Dorn und Sabine Schormann im Auestadion selbst und wiesen die mittlerweile immer deutlicher werdende Kritik als von außen aufgezwungen und dem Gegenstand als unangemessen zurück. „Er appellierte, genau hinzuschauen: Es würden Fragen diskutiert, die bei der Ausstellung überhaupt nicht zur Debatte stünden.“9 (Hervorhebung d.d.V.)

Antisemitismus auf dem Friedrichsplatz und fehlende fachliche Kompetenz

Am 18.06.2022 hängte die Agitprop-Truppe Taring Padi das nun weltbekannte Banner auf, das – unter anderem – eine bösartige Karikatur eines Juden zeigte, die abgesehen von der SS-Rune am Hut auch im Stürmer hätte stehen können. Das Banner wurde zunächst verhüllt und erinnerte in diesem Zustand – ein Schuft, wer Böses dabei denkt – an die Ka’aba oder doch zumindest an den von Christo verhängten Reichstag als Symbol des wiedergutgewordenen Deutschland. Erst nach diesem dummdreisten Versuch, einen Schandfleck auch noch zu heiligen, musste das Banner schließlich verschwinden. Die „Tokyo Reels“, eine Ansammlung von Propagandafilmchen zum Ruhme der antisemitischen Söldnerbande PFLP, liefen hingegen vom ersten bis zum letzten Tag der documenta.

Nachdem dem Coup der Taring Padi, zeigte sich Geselle zerknirscht und gab sich wütend und enttäuscht. Und wie immer wenn es zu antisemitischen Vorfällen kommt, nicht den Juden wird damit in erster Linie Schaden zugefügt, sondern es sei „ein immenser Schaden für unsere Stadt und die documenta entstanden.“10 Vor dem Hintergrund, dass die Führung der documenta 15 mit Israel-Hassern durchsetzt war, dass es der Gruppe Taring Padi gelang ein „Protest – Banner“11 aufzuhängen, war es dem Oberbürgermeister weiterhin wichtig zu warnen, die „documenta fifteen nicht unter Generalverdacht“ zu stellen, denn die künstlerische Leitung habe „sich ebenfalls klar gegen Antisemitismus, Rassismus und jegliche Art von Diskriminierung positioniert.“12 Wie sich eine künstlerische Leitung, die sich überwiegend der Boykottbewegung gegen Israel verbunden fühlt, klar gegen Antisemitismus aussprechen kann – blieb nicht nur das Geheimnis des Oberbürgermeisters und Aufsichtsratsvorsitzenden.

Auf der etwa einen Monat später folgenden Sitzung des Aufsichtsrates war erneut die Rede davon, dass der documenta Schaden zugefügt worden sei, Vertrauen sei verloren gegangen, dies gelte es nun zurückzugewinnen. Man schickte die Generaldirektorin Sabine Schormann in die Wüste. Darüber nachzudenken, dass man die Antisemiten von Taring Padi, The Question of Funding, Hamja Ahsan – um nur die schlimmsten zu nennen – nach Hause schickt und die Kuratoren nun an die kurze Leine nimmt, galt nach wie vor als Sakrileg. Nach dem Motto, wenn Du nicht mehr weiter weißt, bilde einen Arbeitskreis, empfahl der Aufsichtsrat der Gesellschafterversammlung „eine fachwissenschaftliche Begleitung einzusetzen, die sich aus Wissenschaftler*innen zum Gegenwartsantisemitismus, deutschen sowie globalen Kontext und Postkolonialismus sowie der Kunst zusammensetzt.“13 Ein paar Tage später ernannte der Aufsichtsrat Alexander Fahrenholtz zum Nachfolger Schormanns. In einem Interview in der deutschen welle gab der neue Geschäftsführer folgenden bemerkenswerten Satz von sich: „Ich würde nie öffentlich sagen, dieses oder jenes ist antisemitisch und anderes nicht, dazu fehlt mir die fachliche Kompetenz.“14

Die, die genau hinschauten und die, die weiter machten!

Das dann gebildete Gremium zur fachwissenschaftlichen Begleitung der documenta fifteen schaute genau hin, nahm die Arbeit auf und wurde, wie einige Journalisten, Besucher und Kritiker vorher auch, fündig. Am 10.09.2022 veröffentlichen einige Mitglieder des Gremiums eine Erklärung, die sich ausschließlich der Filmvorführung der Gruppe Subversive Film widmete. Dort konnte man dann von denen lesen, die genau hinschauten, was für Fragen auf der Ausstellung im Focus einiger Künstler standen:

„Auf der Ebene der ausgestellten Werke ist es aus Sicht des Gremiums die dringlichste Aufgabe, die Vorführung der unter dem Namen Tokyo Reels Film Festival gezeigten Kompilation von pro-palästinensischen Propagandafilmen aus den 1960er-1980er des Kollektivs ‚Subversive Film‘ zu stoppen. Hoch problematisch an diesem Werk sind nicht nur die mit antisemitischen und antizionistischen Versatzstücken versehenen Filmdokumente, sondern die zwischen den Filmen eingefügten Kommentare der Künstler:innen, in denen sie den Israelhass und die Glorifizierung von Terrorismus des Quellmaterials durch ihre unkritische Diskussion legitimieren. […] Israel wird ein ‚faschistischer‘ Charakter vorgeworfen und unterstellt, einen ‚Genozid‘ an den Palästinensern zu betreiben – es wird dadurch mit dem nationalsozialistischen Deutschland gleichgesetzt. Eine solche Gleichsetzung der israelischen Politik mit der der Nationalsozialisten ist etwa nach der Definition der International Holocaust Remembrance Alliance, die von vielen Nationen, darunter auch einigen Ländern des Globalen Südens, übernommen wurde, als antisemitisch zu bewerten. […] Nach Auffassung der unterzeichnenden Mitglieder des Gremiums ist das ‚Tokyo Reels Film Festival‘ das eklatanteste Beispiel für eine Einseitigkeit der documenta fifteen in Hinblick auf den arabisch-israelischen Konflikt, mit dem sich vergleichsweise viele Werke beschäftigen.“15

Auch wenn es diese Personen aus dem Gremium nicht wörtlich ausführen, unsere Einschätzung über die documenta 15, die von zahlreichen anderen Journalisten, Kritikern und jüdischen Verbänden geteilt wurde, war richtig. Doch die harsche Kritik der Experten blieb ohne Konsequenz. Die Standardfloskeln, vor einem Generalverdacht zu warnen und doch erst mal die Ausstellung zu besuchen, blamierten sich vor der Wirklichkeit. Die Argumentation des, von der HNA dreimal ins Feld geführte, Joseph Croitorus bis auf das Banner der Taring Padi nirgends Antisemitismus und Israelhass erkennen zu wollen, erwies sich, wie die früheren Versuche einiger Experten aus der Szene der Kulturschaffenden, die documenta 15 reinzuwaschen, den Israelhass und Antisemitismus zu relativieren und die Kritiker des Rassismus zu überführen, als völlig substanzlos.

Die documenta-Macher stellten ihre Ohren auf Durchzug, gerierten sich als Opfer16 und verbannten die Kritik des Gremiums förmlich vor die Tür. Sie bekannten sich bis zum Schluss trotzig zum palästinensischen Volkstumskampf17 und wie zum Hohn spuckten die von Ruangrupa angeführten Künstler in einer Erklärung allen in Gesicht, die der Meinung waren, man müsse mit den Künstlern den Dialog führen indem sie sich ausdrücklich mit dem Kampf gegen Israel solidarisierten, Plakate mit solidarischem Bezug zu BDS aufhingen und am Porticus des Fridericianums ein Transparent aufhängten, auf dem Solidarität mit dem Palästinensischen Volk gefordert wurde. In einem hellen Moment erkannte selbst der wankelmütige von Busse: „Ihre jüngste Erklärung ist ernüchternd, sogar erschütternd. Sie kehrt sämtliche Vorwürfe um, sieht überall Bösartigkeit und Diskriminierung, […] Sie bekennt sich zum Widerstand gegen den Staat Israel, zum antikolonialen Kampf, der die Künstler vereine.“18

Jubelkasseler, Gastprofessuren und ein verlogenes Lob vom Aufsichtsrat

Die documenta 15 wurde planmäßig zu Ende geführt. Ignoranten, Weichspüler und Jubelkasseler verabschiedeten im Beisein des Oberbürgermeisters die Künstler voller Begeisterung19 und die Israel-Hater unter den Kuratoren von Ruangrupa Iswanto Hartono und Reza Afisina bekamen zu ihrer Gastprofessur an der Uni-Kassel zum Dank dafür, den größten Antisemitismusskandal in der Kulturszene der letzten Jahre arrangiert zu haben, noch die in Hamburg20 obendrauf. Das Expertengremium arbeitete weiter und veröffentlichte dann am 06.02.2023 das 130 Seiten starke Gutachten, das an Eindeutigkeit nichts zu wünschen übrig ließ. Was wir im Januar 2022 aufgrund eindeutiger Indizien angenommen hatten war eingetreten, bzw. wurde noch übertroffen. Das Gutachten lässt sich genau so zusammenfassen, wie es die ansonsten in unverbrüchlichen Lokalpatriotismus der documenta verbundene HNA – nach reichlicher Überlegung – dann tat: als „Ohrfeige für ein Scheitern aller an der d15 Beteiligten.“21 Freilich ließ es sich der Journalist von Busse nicht nehmen, an der dem Gutachten zugrundeliegenden ausführlich dargelegten und begründeten Antisemitismusdefinition herumzukritteln. Alles ist relativ: Die 2021 erarbeitete Jerusalem Declaration on Antisemitism (JDA) sehe die dem Gutachten des Expertengremiums zugrundeliegende Arbeitsdefinition der International Holocaust Rememberence Alliance (IHRA) als zu weit gefasst: „Legitime Kritik an Israel, etwa an der Besatzung palästinensischer Gebiete, werde ungerechtfertigterweise als antisemitisch diskreditiert.“ Ein Vorwurf den die mit dem palästinensischen Volkstumskampf verbundenen engagierten Künstlern und ihre Apologeten ungern hören.22

Nach der Veröffentlichung des Gutachtens ließ Geselle verlauten: „Der Aufsichtsrat begrüßt insbesondere die klare Einordnung der kritisierten Kunstwerke und die Hinweise zum Spannungsfeld zwischen grundgesetzlich geschützter Kunstfreiheit und gleichzeitig verantwortlichem Umgang mit antisemitischen Darstellungen in diesem Zusammenhang.“23 Diese Erklärung ist ein skandalöses Ausblenden der von ihm zu verantwortenden massiven Fehlleistungen vor, während und nach der documenta 15. Anstatt selbstkritisch mit sich selbst und seinen Mitverantwortlichen (insbesondere Frau Angela Dorn und Claudia Roth) ins Gericht zu gehen, bemüht sich der Aufsichtsratsvorsitzende nun um die Darstellung seiner selbst, als sei er es gewesen, der sich von Beginn an die Vorbeugung und Bekämpfung von Antisemitismus im Zuge der Kunstschau auf die Fahne geschrieben hatte.

Die Erklärung erstaunt umso mehr, als dass der Aufsichtsrat erneut an die renitente Ruangrupa herantrat, um sie für die Mitarbeit in der Findungskommission der kommenden documenta zu gewinnen. Ruangrupa sagte ab, in Adam Szymczyk fand man jedoch eine weitere einschlägig vorbelastete Person, die Bereitschaft zeigte, in der kommenden Findungskommission mitzuarbeiten. Er hat nicht nur den A Letter Against Apartheid unterschrieben sondern es auf der documenta 14 den Antisemiten Franco Berardi ermöglicht, die Performance „Auschwitz on the Beach“ aufzuführen.24

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1 Abschlussbericht Gremium zur fachwissenschaftlichen Begleitung der documenta fifteen, Nicole Deitelhoff u.a. 2023, S.5.

2 So hieß es beispielsweise in der TAZ: „Das Kassler Bündnis gegen Antisemitismus wirft den Verantwortlichen vor, die documenta 15 als Plattform zur Verbreitung israelfeindlicher und antisemitischer Positionen zu missbrauchen. In einem ausführlich mit Belegen gespickten Beitrag des Bündnisses heißt es, dass schon die Findungskommission für die künstlerische Leitung mit entsprechenden Personal besetzt war.“ Kunstfreiheit und Antisemitismus, taz.de, 14.01.2022.

3 Dahinter verbirgt sich ordinärer Antisemitismus, Welt, 25.05.2022.

4 Pressemitteilung, kassel.de, 16.01.2022.

5 Ist das alles von der Kunstfreiheit gedeckt? Hessenschau, 19.01.2022.

6 Pressemitteilung, kassel.de, 27.01.2022.

7 Nachdem die documenta zunächst mit einer nichtssagenden Erklärung reagierte, in der es hieß: „Die documenta fifteen unterstützt in keiner Weise Antisemitismus. Sie vertritt die Forderung der Freiheit von Kunst und Wissenschaft und unterstützt das Anliegen, Antisemitismus, Rassismus, Rechtsextremismus, gewaltbereitem religiösem Fundamentalismus sowie jeder Art von Diskriminierung entschieden entgegenzutreten reagierte“, schob sie am 19.01.2022 eine Erklärung nach. Dort konnte man lesen: „Verfälschende Berichte oder rassistische Diffamierungen, wie sie aktuell gegen Beteiligte der documenta fifteen vorgebracht werden, verhindern einen kritischen Dialog und eine produktive Debatte. Für die documenta fifteen haben ruangrupa und das Künstlerische Team Positionen eingeladen, die sich im Sinne der lumbung-Praxis mit künstlerischen Mitteln für ihre jeweiligen lokalen Kontexte engagieren. […] Grundlage der documenta fifteen ist die Meinungsfreiheit einerseits und die entschiedene Ablehnung von Antisemitismus, Rassismus, Extremismus, Islamophobie und jeder Form von gewaltbereitem Fundamentalismus andererseits.“ ().

8 Das sagen … OB Christian Geselle und Kunstministerin Angela Dorn, HNA, 20.01.2022

9 „Geselle nannte die Diskussion voller vorschneller Urteile ‚medial aufoktroyiert‘. .“ Pressekonferenz zum Start der documenta fifteen im Auestadion Kassel, HNA 15.06.2022.

10 Presseerklärung kassel.de, 21.06.2022.

11 Presseerklärung kassel.de, 20.06.2022.

12 Presseerklärung kassel.de, 21.06.2022.

13 Erklärung des Aufsichtsrates, 16.07.2022.

14 Interview. Alexander Farenholtz: „Die documenta ist besser als ihr Ruf“, dw.com, 10.08.2022.

15 Presseerklärung der unterzeichnenden Mitglieder des Gremiums zur fachwissenschaftlichen Begleitung der documenta fifteen, 10.09.2022. Diese Erklärung wurde von 5 Mitgliedern des Gremiums unterzeichnet. Die am gleichen Tag veröffentlichte Presseerklärung des Gremiums selbst, fiel etwas zurückhaltender aus. Aber auch dort hieß es unmissverständlich wie in der oben zitierten Erklärung: „Auf der Ebene der ausgestellten Werke ist es aus Sicht des Gremiums die dringlichste Aufgabe, die Vorführung der unter dem Namen ‚Tokyo Reels Film Festival‘ gezeigten Kompilation von pro-palästinensischen Propagandafilmen aus den 1960er-1980er des Kollektivs ‚Subversive Film‘ zu stoppen.“

16 Die Findungskommission (documenta-Beirat) verkündete in einem Statement: „Der von Medien und Politiker*innen auf das gesamte Team der documenta fifteen ausgeübte Druck ist unerträglich geworden“ und sprachen von einer Instrumentalisierung der Kritik des Antisemitismus um „Kritik am Staat Israel“ und „seiner Besatzungspolitik“ abzuwehren. Presseerklärung documenta.de, 15.09.2022.

17 In der Erklärung „We are angry, we are sad, we are tired, we are united. Letter from lumbung community“ führen die Unterzeichner aus, zu der zahlreiche Künstler und ruangrupa gehören: „Resistance to the State of Israel is resistance to settler colonialism, which uses apartheid, ethnic cleansing, and occupation, as forms of oppression. […] The Palestinian anti-colonial struggle emerges in many lumbung artists’ works because of the historical solidarities between these transnational anti-colonial struggles.“ e-flux.com10.09.2022.

18 Standpunkt. Am Ende bleibt ein Scherbenhaufen, HNA 17.09.2022.

19 Wie es sich für Antisemiten gehört, konnten diese auf einen israelischen Juden verweisen, der ihnen die Freundschaft erklärte. „Vor der Abschlussveranstaltung waren noch einmal Tausende Menschen zur d15 gekommen. Am Rande hatte der indonesische Künstler Setulegi vom Künstlerkollektiv Taring Padi eine Performance genau an jener Stelle auf dem Friedrichsplatz veranstaltet, wo zu Beginn der documenta das Banner abgebaut worden war. Setulegi kam nicht allein: Begleitet von dem Berliner Künstler Guy David Briller, einem israelischen Juden, markierte der Indonesier zunächst mit Mehl den Standort des abgehängten Banners.“ Ende der documenta 15: Applaus zum Abschluss, HNA, 25.09.2022.

20 Dazu die Flugschrift des Bündnis gegen Antisemitismus Hamburg „Deutschland spricht. Zeitenwende des Antisemitismus, 1./2. Februar 2023„.

21 Das Gutachten erschien am 06.02.2023 und rief ein großes Echo in den Medien hervor. Die HNA erläuterte 3 Wochen später den Inhalt des Gutachtens in dem Artikel: „Echokammer für Antisemtismus“, HNA, 28.02.2023.

22 „Den AutorInnen der ‚Jerusalem Declaration on Antisemitism‘ geht es nicht um eine Präzisierung der Antisemitismus-Definition der IHRA, sondern um die Freisprechung vom Antisemitismusverdacht, sofern es um Äußerungen oder Aktionen gegen Israel geht. Sie wollen einen Freibrief für israelbezogenen Antisemitismus.“ schreibt Matthias Küntzel in seiner Intervention: Aber irgendwie doch, perlentaucher.de, 30.03.2021.

23 Presseerklärung documenta.de, 06.02.2023.

24 Stefan Laurin, Documenta setzt weiter auf Israelhass, ruhrbarone.de, 11.11.022. Zur Franco Berardi ausführlich unseren Beitrag: Ein Maulheld und das große Einseifen, bgakasselblog.wordpress.com, 05.09.2018.

Dialog mit den Propagandisten des Israel-Hasses in Hamburg und die Ruhe in Kassel

Ein Flugblatt des Bündnis gegen Antisemitismus Hamburg

Vorbemerkung:

Ein hochkarätig besetztes documenta-Symposium in Hamburg redete „endlich“ über Antisemitismus, vermeldete am 03.02.2023 die nordhessische Lokalzeitung HNA.1 Es wird u.a. ausgeführt: „Experten trafen auch auf zwei indonesische Kuratoren von Ruangrupa, deren Gastprofessur an der HBFK für viel Empörung in Hamburg gesorgt hat, während Reza Afisina und Iswanto Hartono an der Kasseler Kunsthochschule in Ruhe arbeiten können.“ Ja das können sie, denn in Kassel herrscht seit dem Ende der documenta 15 weitgehend beredtes Schweigen. Kontroverse Diskussionen über das Versagen der politisch Verantwortlichen für das antizionistische Spektakel im Sommer 2022 mied man in Kassel wie der Teufel das Weihwasser. Uns vom Bündnis gegen Antisemitismus Kassel versuchte man das Maul zu stopfen. Obwohl wir sowohl im Januar den Oberbürgermeister Kassel2, als auch die Kulturstaatsministerin Claudia Roth angeschrieben hatten, blieb jede Nachfrage und jede Anfrage, worin das Problem besteht, aus. Anstatt dessen wurden wir mit einer Abmahnung konfrontiert, man versuchte unsere, schon im Februar angemeldete Kundgebung zu behindern und man brachte uns mit vermeintlichen Morddrohungen gegen Künstler der documenta in Verbindung, um uns zu diskreditieren.3 Nachdem unsere Recherchen von der HNA zunächst ausführlich vorgestellt wurden, versuchte die Lokalpresse uns der Inkompetenz zu überführen, indem sie mit Joseph Croitoru einen „Experten“ präsentierten, der eines unserer zentralen Argumente mit abenteuerlichen Ausflüchten zu begegnen versuchte. Mit Verweis auf die dürftige Argumentation der Elke Buhr und auf Meron Mendels Nebelkerzen zog man sich in Kassel aus der Affäre, die Kritik wurde als von außen kommend vom Tisch gewischt und bis zur Eröffnung der documenta ignoriert.4 Andere Akteure in der Stadt hielten sich vornehm zurück. Kein Wunder, dass die antiisraelischen Agitatoren der Ruangrupa auch an der Kasseler Universität ungestört wirken können.

Als in Hamburg die Berufung der beiden Ruangrupa-Agitatoren Iswanto Hartono und Reza Afinisa an die Hochschule für Bildende Künste (HFBK) bekannt wurde, gab es handfestere Kritik.5 Angesichts des von der HNA gefeierten Symposiums der HFBK verfasste das Bündnis gegen Antisemitismus Hamburg folgende Flugschrift. Außerdem veröffentlichen wir hier die kritische Schau des Bündnis gegen Antisemitismus Hamburg auf die Teilnehmer des Symposiums.

Flugschrift zum HFBK- Symposium Kontroverse documenta fifteen, 1./2. Februar 2023

Deutschland spricht

Zeitenwende des Antisemitismus

Jede Gesellschaft setzt Konflikte in Szene, deren politische und psychische Dimensionen ihr selbst nicht jederzeit klar sind. Bestimmte Aussagen über Antisemitismus können sich in der Öffentlichkeit nur halten, wenn Interessenfelder bestehen, in die sie sich einschreiben können. Nur dann entsteht für dieses Thema ein Sprechraum.

Die deutsche halbstaatliche Kulturszene hat, ausgehend von staatlichen Kulturinstitutionen (Bundeskulturstiftung, Goethe-Institut, Humbold-Forum etc), eine „postkoloniale“ Diskussion über die BDS- Resolution des Bundestags erzwungen und die Gesellschaft hat entschieden, sich auf diese antisemitische Kampagne einzulassen.

Es gab ähnliche Konstellationen, etwa die Friedenspreis-Rede von Martin Walser in der Frankfurter Paulskirche 1998, die bei den „Eliten“ für stehende Ovationen sorgte. Aber die Konstellation war damals etwas anders, der Zentralrat der Juden galt noch als moralische Instanz und deshalb konnte Ignatz Bubis dagegenhalten.

Jetzt, 30 Jahre nach der „Vereinigung“, hat sich in der BERLINER REPUBLIK ein sogenanntes weltoffenes Kulturmilieu etabliert. So wie es ohne Weltmarkt keine Weltliteratur gäbe, so ist der Wunsch nach einer „Entprovinzialisierung“ der Holocaust-Erinnerung eine Reaktion auf die wachsende deutsche Weltmacht-Rolle. Zu der, so glaubt man jetzt, würde eine postkoloniale und „multidirektionale“ Innen- und Außenpolitik besser passen. Müsste man Antisemitismus und Rassismus nicht mehr unterscheiden, würde Antizionismus nicht mehr als Antisemitismus gelten. Vergleichende Genozid-Studien und kritische Rassentheorie würden dann zeigen, dass der Holocaust der Deutschen nur ein Unterkapitel der Gewaltgeschichte des 20. Jahrhunderts war.

Wenn die Shoa auf diese Weise in eine Reihe mit anderen Verbrechen gestellt wird oder gar hinter dem Kolonialismus verblasst und so jegliche Singularitätsvorstellung für den Holocaust ausrangiert ist, sind auch alle Verpflichtungen gegenüber Israel hinfällig, was nicht nur der deutschen Iran-Politik einen prima Aufschwung bescheren würde.

Ohne Anerkennung der Singularität des Holocaust stünde die Existenzberechtigung des jüdischen Staates zur Disposition, der allein den Juden eine existenzielle Sicherheit gibt.

►„Kontroverse“ unter Ausschluss der Jüdischen Gemeinden und des Zentralrates

Diese Veranstaltung ist nicht als Treffpunkt für vom Antisemitismus bedrohte und geschädigte Menschen konzipiert. Es ist dort niemand vertreten, der zentral für jüdische Interessen spricht. Es gibt niemand von einer deutsch-jüdischen Institution.

Martin Köttering, verschärft diesen Affront gegen die Juden noch mit einem zynischen Statement:

„Das Publikum ist ausdrücklich als Part des Symposiums willkommen – womit ich vor allem auch eine sehr ernst gemeinte Einladung an die Jüdischen Gemeinden Hamburgs verbinde. (Abendblatt, 28.1.23)

Um diese Provokation noch zuzuspitzen, schiebt er dies nach: „Zweifelsohne werden verschiedene Perspektiven aus jüdischen Communitys (!) im In- und Ausland auf den Podien vertreten sein. Selbstverständlich sind auch Ruangrupa und das Künstlerkollektiv Taring Padi vor Ort.“

Die „Jüdische Allgemeine“ schreibt dazu:

„Auf dem Podium werden keine Vertreter der Jüdischen Gemeinde Hamburg, des Zentralrats der Juden oder der Antisemitismusbeauftragte sitzen, sondern Hartono und Afisina, Vertreter aus dem Kulturbetrieb, davon Aktivisten der Kampagne gegen den Anti-BDS-Bundestagsbeschluss und natürlich einige jüdische Protagonisten, die weit entfernt von unserer jüdischen Realität und jüdischen Institutionen agieren.“

Diese „jüdischen Protagonisten“ sind Podiums-Teilnehmer wie Natan Sznaider, Gilly Karjevsky, Meron Mendel, Nora Sternfeld und Doron Rabinovici. Vor allem Karjevsky und Mendel gehören zu jenen „israelkritischen Israelis“, die von den deutschen Medien gezielt als Kronzeugen gegen den „dogmatischen“ Zentralrat der Juden instrumentalisiert werden, der als „moralische Instanz“ seit Jahren systematisch de-legitimiert wird.

In Hamburg standen Juden unlängst vor der HFBK, um gegen die Professuren von zwei Antisemiten zu protestieren. Sie wollen diesen Diskurs nicht legitimieren. „Wir wollen nicht mit Leuten diskutieren, die uns als Schweine darstellen, und auch nicht darüber, ob der einzige Staat, der Jüdinnen und Juden im schlimmsten Fall aller Fälle Sicherheit gibt, eine Existenzberechtigung hat“.


►Ein gemeinsames Rollenspiel von Publikum, Referenten und Medien


Alle an diesem Symposium Beteiligten – einschließlich der Journalisten – spielen ihre Rollen nach einem bestimmten Drehbuch. Man könnte auch einfach mit Handzeichen abstimmen. Was gesagt wird und ungesagt bleibt, sind Effekte zugewiesener Diskussionspositionen, die zusammen eine „israelkritische“ Binnensicht ergeben.

Es ist die Inszenierung eines theatralischen Tauschs zwischen Referenten, Publikum und Journalisten, eine vom Austausch zwischen Gleichgesinnten geprägte Mimesis. Es ist eine Geschichte, die eine Gruppe sich über sich selbst erzählt. Der Ritualcharakter dieser HFBK-Veranstaltung zeigt sich bereits im Sich-Dummstellen des Publikums.

Niemand aus dem Hamburger Kulturbetrieb kommt zu dieser Veranstaltung, um sich an die Seite der Hamburger Juden zu stellen und seine Stimme gegen die Zumutungen dieser Veranstaltung zu erheben. Das war schon in Kassel so.

Wenn es um „Rassismus“ geht, sind alle zur Stelle, beim Antisemitismus schweigen sie. Im Gegensatz zu rechtsradikalen oder islam-fundamentalistischen Akteuren, die manifeste Hetzreden bevorzugen, sagt das kulturlinke Publikum mit Hochschulabschluss und akademischen Titeln nicht „Saujude“, sondern bemüht sich um „differenziert“ klingende Argumentationsmuster auf sprachlich-stilistisch gutem Niveau – selbst dann, wenn es um Bilder geht, die Juden als Schweine darstellen.


►Die Priester-Funktion der „Experten“

„Braucht man wirklich sieben Professoren, um festzustellen, dass die Darstellung eines Juden mit einer Hakennase, der mit einer Kippa auf einem Beutel Geld sitzt, antisemitisch ist? Oder das Bild eines Schweins mit einem Judenstern? (…) Man muss sich doch mal anschauen, wer da mit wem debattiert (…) Man darf nicht zulassen, dass sich die Grenzen Stück für Stück verschieben und der Links-Antisemitismus in der Mitte der Gesellschaft ankommt.“ (Ron Prosor, israelischer Botschafter am 28.1.23 im Abendblatt)

Wenn es um „heikle Themen“ wie Israelkritik geht, müssen „Experten“ her, die wie Priester vorgeschoben werden, die deutschen Antisemiten die Absolution erteilen können. Sie sind in Wirklichkeit Komplizen des deutschen Gedächtnisses. Ihre Nüchternheit ist ein Gerücht. Ihr Auftritt richtet sich zuerst gegen die „subjektive“ jüdische Wahrnehmung dieser Zeitenwende.

Die von der HFBK engagierten Priester haben ihre Karrieren überwiegend begonnen, als nach 1990 das vereinte Deutschland wegen seiner neuen weltpolitischen Macht dringend eine „Erinnerungskultur“ brauchte. Viele die hier sitzen, haben ihre Dissertationen über Konzentrationslager oder die SS geschrieben, bevor sie als Israelkritiker auffielen. Sie glauben, als „Gedenkstättenreferenten“ oder Leiter von staatlichen Institutionen, die nach ermordeten Juden benannt sind, hätten sie jetzt ein Recht dazu.


►Die deutsche Liebe zum „globalen Süden“

ist der Versuch, den eigenen Antisemitismus hinter ausländischen Israel-Hassern zu verstecken, die man extra zu diesem Zweck engagiert oder – wie im Fall Mbembe – mit Preisen überhäuft und zu Suhrkamp-Bestseller Autoren hoch lobt.

Die Minderheitenrhetorik der documenta, die alle anderen in paternalistischer Manier zu Repräsentanten fremder Kollektive ernennt, ist klassischer Rassismus und eine abstrakte Anrufung des Globalen, die über Deutschlands Macht und Export-Ökonomie schweigt.

Zudem wird hier von der angeblichen Global-South-Advocacy ein konterrevolutionärer Fake-Internationalismus inszeniert, der sich gegen alle diejenigen im Trikont richtet, die im Gegensatz zum immergleichen antiisraelischen Mantra im globalen Süden – vom Sudan bis zum Iran – gegen Islamismus und Despotie kämpfen. Tatsächlich bedauert man in Deutschland, dass Israel in vielen afrikanischen Ländern und seit den Abraham Accords auch in arabischen Ländern einen guten Ruf hat. Gerade die arabisch-israelische Annäherung – im Lichte der atomaren Bedrohung durch den Iran der Mullahs – ist ein Dorn im Auge der BDS-Bewegung und der Weltoffenen.

►„Pro & Contra Antisemitismus“ – Frenemies 1932 und 2023

Die HfBK nennt die jüdische Documenta-Kritik eine „Kontroverse“. Die Hochschule wolle jetzt unterschiedliche Standpunkte über Antisemitismus ins Gespräch bringen und dabei ganz viel Raum für Zwischentöne und Differenzierungen schaffen.

Von den 22 Teilnehmern dieses für die Jüdischen Gemeinden gesperrten Symposiums sind 15 deutsche Mbembe-Fans, BDS-Versteher und documenta-Verteidiger, drei, kalkuliert von Deutschland als Kronzeugen des „authentischen“ Israel-Hasses, eingeladene südglobale Indonesier und vier mäßig kritische Panel-Profis, geübt in der Kunst der Differenzierung.

Sie alle würden es nicht wagen hier zu sitzen, wenn es gesellschaftlichen Widerstand gegen diese Zeitenwende zwecks „Entprovinzialisierung“ der Holocaust-Erinnerung gäbe.

In den Feuilletons wird in den nächsten Tagen die zentrale Botschaft dieser HFBK-Veranstaltung millionenfach verbreitet werden: Es darf ab sofort unbefangen über das
Für & Wider des Antisemitismus gestritten werden.

Es gibt dieses „Pro & Contra“ schon seit einiger Zeit. Typisch dafür sind Artikel mit Fragezeichen-Überschriften: „Pro und Contra Israel-Boykott: Antisemitisch oder kritisch?“ (Taz) oder: „Pro und Contra: Ist BDS antisemitisch oder legitimer Protest? (SZ).

Ende November 2022 wurde in der HFBK der von Meron Mendel herausgegebene Sammelband „Frenemies“ vorgestellt. Auch dieses Buch über „Antisemitismus und antimuslimischem Rassismus“ ist voller Fragezeichen: „Was unterscheidet Antisemitismus und Rassismus? Gibt es Verbindungen zwischen Nationalsozialismus und Kolonialismus? Ist BDS antisemitisch?

Der Titel „Frenemies“ enthält schon das ganze Programm: Die Relativierung der Judenfeindschaft und besonders die Bagatellisierung des „israelbezogenen Antisemitismus“ werden als ambivalente Mischung aus Freund & Feind inszeniert:

„Beide Seiten geraten immer wieder massiv aneinander, zuletzt in der Documenta-Debatte. Für die einen war klar: Einige der in Kassel gezeigten Kunstwerke seien antisemitisch. Dem entgegnete die andere Seite: „Das ist purer Rassismus, denn diese Kunstausstellung wurde von Menschen aus dem sogenannten globalen Süden kuratiert.“

Die Vorlage für dieses Buch ist ein anderes aus dem Jahr 1932. Es heißt:

„Der Jud ist schuld? – Diskussionsbuch über die Judenfrage“.

In diesem Sammelband kommen die „Frenemies“ der damaligen Zeit zu Wort: Im ersten Drittel Deutschvölkische und Nationalsozialisten, im mittleren Teil, der „Für & Wider“ heißt, unter anderem die Kommunisten und im letzten Drittel überwiegend jüdische Autoren.

Es ist heute offenbar möglich ein Diskussionsbuch zum Thema „Pro & Contra Antisemitismus“ zu machen und in der HFBK vorzustellen, in dem im ersten Drittel „postkoloniale“ Holocaust-Relativierer und BDS-Befürworter das Wort ergreifen, sodann im zweiten Drittel über ein „Für & Wider“ geredet wird und im letzten Drittel handzahme akademische Anti-Antisemiten einige Einwände vorbringen dürfen.

Das heutige HFBK-Symposium ist die Live-Ausgabe von „Frenemies“.
Sein einziger Zweck ist es, Antisemitismus durch die Inszenierung eines Für & Wider-Diskurses als vertretbaren Teil des Meinungsspektrums zu etablieren.

Das ist eine weitere Radikalisierung des Antisemitismus der deutschen Kulturszene, und die HFBK erweist sich als das antijüdische Zentrum einer links-antisemitischen Eskalation.

„Es wird ein Symposium sein, das eine Zeitenwende für Juden sowie jüdische Institutionen zusammenfasst, sichtbar macht und verdeutlicht, dass unsere Meinung, die Meinung von Juden, bloß stört“. (Jüdische Allgemeine, 24.01.2023)

Gegen die Schwerkraft dieses deutschen Willens zum „Pro & Contra Antisemitismus“ scheint jeder Einspruch vergeblich. Die „Kontroverse“ dient nur dazu diese Evidenz kleinzuarbeiten.


1 Endlich wurde geredet. Hochkarätig besetztes documenta-Symposium in Hamburg über Antisemitismus, HNA, 03.02.2023.

2 Siehe unseren Beitrag vom 11.07.2022: Sie wußten was sie taten.

3 Siehe unseren Beitrag vom 02.06.2022: Ein Einbruch und waghalsige Schlussfolgerungen.

4 Joseph Croitoru wurde in der HNA mehrfach angeführt, um mit windigen Argumenten zu belegen, dass die Ausführungen der Kritiker an der Ausrichtung der documenta fifteen und an einzelnen Kunstwerken haltlos seien. Elke Buhr verharmloste die Tatsache, dass die Namensgebung des Khalil Sakakini Cultural Centers als positiver Bezug zum Nationalsozialismus zu interpretieren ist und streute als erste prominente Person das Gerücht, die Kritik des BgA-Kassel sei rassistisch motiviert. Meron Mendel tat sich dahingehend hervor, dass er zunächst abstritt, dass Antisemitismus ein Problem auf der documenta fifteen sein könnte. Der Oberbürgermeister der Stadt Kassel verurteilte auf der Eröffnungsfeier der documenta 15 die Kritik als von außen kommend zurück.

5 z.B. Ruangrupa-Künstler an der HFBK. Proteste bei Semestereröffnung, NDR, 13.10.2022.

Zwei ausgewiesene Antizionisten an der Kunsthochschule Kassel

Von der Öffentlichkeit nahezu unbeachtet, berief auch die Uni Kassel zwei antizionistische Aktivisten als Gastprofessoren für zwei Semester.1 Die Internetseite der Kunsthochschule Kassel führt folgendes aus: „Reza Afisina und Iswanto Hartono, Mitglieder des Künstler*innenkollektivs ruangrupa, künstlerische Leitung der documenta fifteen in Kassel, lehren im Sommersemester 2022 und im folgenden Wintersemester an der Kunsthochschule Kassel. Im Rahmen der Lehrveranstaltung erhalten Studierende der Kunsthochschule Kassel die Möglichkeit, die theoretischen und praktischen Grundlagen der documenta fifteen aus unterschiedlichsten Perspektiven kennenzulernen, dabei mit beteiligten Künstler*innen und -Gruppen zu diskutieren und sich mit dem kuratorischen Team auszutauschen.“

An der Uni Kassel geht es um Kunst und künstlerischen Aktivismus (aus: Publik, Magazin der Uni Kassel, 14.06.2022)

Zu den „theoretischen und praktischen Grundlagen der documenta fifteen“ gehörte es antizionistischen Aktivisten und Kollektiven eine Bühne zu bieten, was dazu führte, dass z.T. antisemitische und antiisraelische Exponate unter den Augen der Weltöffentlichkeit in Kassel präsentiert wurden. Zur Perspektive, die hier angesprochen wird, gehört die des „antikolonialen Kampfes“ der Palästinenser gegen Israel. Die Ruangrupa hatte als Gruppe das Pamphlet „We are angry, we are sad, we are tired, we are united: Letter from lumbung community“ unterzeichnet, in dem Israel der Kampf angesagt wird. Israel sei ein Staat des „settler colonialism, which uses apartheid, ethnic cleansing, and occupation, as forms of oppression.“ Dieser Staat dürfe nicht existieren. Persönlich haben die jetzt als Gastprofessoren an der Uni Kassel agitierenden Reza Afisina und Iswanto Hartono neben drei weiteren Mitgliedern der Ruangrupa den antisemitischen Brandbrief „A Letter Against Apartheid“2 unterzeichnet.

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1 Afisina und Hartono wurden auch an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg als DAAD-Gastprofessoren berufen. Vgl., Antisemitismus verpflichtet: Ruangrupa-Mitglieder lehren künftig in Hamburg, Ruhrbarone, 06.10.2022.

2 Siehe dazu: Kein Platz für Antisemitismus auf der documenta?

A Letter Against Apartheid, der Hass auf Israel und die documenta fifteen

„Es sei kein israelischer Künstler eingeladen, [es] wäre es ein Leichtes, all die vielen Staaten aufzuzählen, die auch nicht in Kassel vertreten sind …“ (HNA, 28.05.2022)

Sabine Schormann sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung am 27.05.2022: „Die documenta wendet sich klar gegen Antisemitismus“. Die Generaldirektorin der documenta 15 führte dazu aus: „Alle Künstlerinnen und Künstler, die künstlerische Leitung Ruangrupa, die Träger und die Geschäftsführung distanzieren sich eindeutig vom Antisemitismus. Es ging auch nie darum, aus der documenta eine Veranstaltung im Sinn des israelkritischen Bündnisses BDS (Boycott, Divestment and Sanktions) zu machen.“1 Die Journalisten nahmen dies zur Kenntnis. Die Hessenschau z.B. reproduzierte diese Nebelkerze ohne die Aussage zu hinterfragen.2

BDS ist keine „israelkritische“3 sondern ein antisemitische Initiative, die maßgeblich von palästinensischen Terrorgruppen ins Leben gerufen wurde. Das Ziel von BDS ist die Abschaffung des Staates Israel. Erreicht werden soll dieses Ziel durch den umfassenden wirtschaftlichen, wissenschaftlichen, politischen und eben auch den kulturellen Boykott. Der Zentralrat der Juden stellte fest, es sei schwierig, „an einen Zufall zu glauben, wenn kein einziger israelischer Künstler vertreten sein wird […] Bei den Gesamtumständen, die wir bei der documenta sehen, drängt sich der Eindruck geradezu auf, dass BDS mit seinem Aufruf zum Boykott israelischer Kunst und Kultur bereits wirkt.“4 Ein Gegenargument, das die Wahrnehmung des Zentralrates entkräften könnte, führte Schormann nicht an. Ihre Ausführung bleibt eine schlichte Behauptung, die sich einfach widerlegen lässt.

Die ruangrupa ist sozusagen das Herz der documenta 15. Diese Gruppe besteht aus zehn Künstlern. Von diesen zehn Künstlern haben der Direktor der ruangrupa, Ade Darmawan, und als weitere Mitglieder Farid Rakun, Iswanto Hartono und Reza Afisina den sogenannten A Letter Against Apartheid unterzeichnet bzw. unterstützen diesen Brief. Die künstlerische Leitung der documenta 15, das „Artistic Team“, besteht aus fünf Personen. Von diesen fünf haben Andrea Linnenkohl, Ayşe Güleç, Gertrud Flentge und Lara Khaldi diesen Brief unterzeichnet. Insgesamt haben aus den maßgeblichen Strukturen der documenta 15 16 Personen das antiisraelische Pamphlet A Letter Against Apartheid unterzeichnet.5

A Letter Against Apartheid – ein Dokument des Israelhasses

Diesen Brief sollte man sich näher ansehen. Er wurde im Zuge der Auseinandersetzungen im Jerusalemer Stadtviertel Sheikh Jarrah6 von zahlreichen palästinensischen Künstlern unterzeichnet, von denen einige auch in Israel leben. Sie werfen in dem Brief den israelischen Soldaten und Zivilisten vor, in den Straßen Jerusalems, Lyddas, Haifas und Jaffas wandelnde („roaming the streets“) Palästinenser straflos zu attackieren und zu töten. Ja, es habe sogar eine Anzahl von Lynchmorden („several lynchings“)7 an unbewaffneten und ungeschützten Palästinensern gegeben. Israel betreibe eine Politik der ethnischen Säuberung. Da die Hamas die Auseinandersetzungen in Jerusalem zum Anlass nahm, Israel mit einer bisher nicht gekannten Anzahl von Raketen wahllos zu beschießen und Brandballons über die Grenze zu schicken, bombardierte die israelische Luftwaffe Stützpunkte der Hamas, Fertigungsstätten von Raketen und Tunnel, die von den Terroristen unter die israelische Grenze getrieben wurden. Diese legitimen Maßnahmen der Selbstverteidigung bezeichnet der Brief als Massaker. Weiter heißt es, der Gaza sei kein separiertes Land, vielmehr wäre er gewaltsam durch die Architektur des israelischen Staates vom dem „einen Volk“ der Palästinenser („one people“) getrennt. Palästina sei ein kolonisiertes Land, Israel die Kolonialmacht und die Palästinenser würden gegen diese Kolonialmacht einen Befreiungskampf führen. Bei dem seit 1948 andauernden Krieg gegen Israel handele es sich nicht um einen (militärischen) Konflikt, sondern um Apartheid, denn der palästinensischen Gemeinschaft würde seit den Anfängen des „Siedler-Kolonialismus“ die Rückkehr in die Heimat („right of return“) systematisch verwehrt. Der Terminus „Siedler-Kolonialismus“ steht für eine Besiedlung in der Absicht, die Urbevölkerung auszurotten.8 Das ist eine geradezu wahnhafte Interpretation der Geschichte Israels und der arabischen Staaten: Arabische Israelis stellen rund 20 % der israelischen Bevölkerung, sie sind gleichberechtigte Bürger des Staates Israel. 1948 und in den folgenden Jahren wurden aus den arabischen Staaten über 700.000 Juden vertrieben. Manche arabische Staaten (Libyen, Syrien, Irak u.a.) sind wie die palästinensischen Autonomiegebiete heute „judenfrei“.

Die Unterzeichner fordern das Ende der militärischen Unterstützung Israels, vor allem die der USA. Sie fordern die Auflösung des Apartheid-Regimes. Weil Israel mit Apartheid gleichgesetzt wird, ist klar was mit dieser Forderung gemeint ist. Die Regierungen anderer Länder werden aufgefordert, die Verbrechen gegen die Menschheit („crime against humanity“), die Israel begehen würde, durch Sanktionen entgegenzutreten, den Handel mit Israel einzustellen und ökonomische und kulturelle Beziehungen zu Israel zu kappen. Die Unterzeichner fordern alle Aktivisten und Künstler auf, den palästinensischen Kampf gegen die Kolonialmacht Israel zu unterstützen.

„Rassismus, Antisemitismus und alle Formen des Hasses seien im palästinensischen Kampf nicht erwünscht.“ A Letter Against Apartheid.
Foto: Twitterbeitrag der IDF, 23.08.2019

Der Brief ist ein unbändiger Ausdruck des Hasses auf Israel. Kaum verklausuliert wird die Abschaffung Israels gefordert. Mit keinem Wort geht er auf den Terror palästinensischer Gruppierungen wie den der Fatah, der Hamas und des Islamic Jihad u.a. ein. Mit keinem Wort wird der andauernde massive und wahllose Beschuss Israels durch Raketen aus dem Gaza erwähnt. Man kann mit Fug und Recht behaupten: Wer sich mit einer solchen Erklärung einverstanden erklärt und sie unterstützt, der kann sich keinesfalls von Antisemitismus freisprechen.

Die Unterzeichner unterstützen mit ihrer Unterschrift wie die BDS-Bewegung explizit aber auch die kulturelle Isolation Israels. Eine Forderung, die im Zusammenhang der documenta von herausragender Bedeutung ist. Insofern ist die Aussage, es ginge nicht darum, aus der documenta eine Ausstellung im Sinne von BDS zu machen, unglaubhaft. Dem Zentralrat ist schlicht Recht zu geben: Es scheint kein Zufall zu sein, dass auf der documenta keine Künstler aus Israel präsentiert werden.

Die Verwurzelten und die Unerwünschten

Der Redaktion der HNA stand am gleichen Tag ein Teil der „künstlerischen Leitung“ der documenta „Rede und Antwort“.9 Daraus machte die nordhessische Lokalzeitung einen eine ganze Seite füllenden Artikel. Dieser wird auf der ersten Seite wie folgt angekündigt: Die ruangrupa sei in der Stadt verwurzelt. Ziel sei es: „Alle sollen sich wohlfühlen, Mitwirkende, Künstler und Besucher.“ Es wurden Ayşe Güleç („Artistic Team“), Farid Rakun und Reza Afisina („ruangrupa“) befragt. Alle drei haben den oben genannten „A Letter Against Apartheid“ unterzeichnet. Die HNA wusste dies entweder nicht oder sie interessierte sich dafür nicht.

Es gehört nicht viel dazu zu vermuten, wer sich aufgrund der Haltung maßgeblicher Macher der documenta und einiger auf der dort eingeladenen Künstler nicht wohl fühlen wird.

Die Gesprächspartner der HNA: Reza Afisina, Ayşe Güleç, Farid Rakun. Alle drei haben den „A Letter Against Apartheid“ unterzeichnet. Kritische Nachfragen der Redaktion? Keine.
(Screenshot; HNA)

Güleç stellt im Gespräch fest: „Die Unterstellung eines israelfeindlichen Antisemitismus werde von außen an die Ausstellung herangetragen.“ Dass wir als BgA-Kassel in der Stadtgesellschaft und -politik nicht wohl gelitten sind, ist bekannt. Wenn wir Kritik üben, tun wir das ohne Rücksicht auf Ansehen und Position der betroffenen Personen und Gruppen. Man schneidet uns dafür systematisch, namhafte Stadtpolitiker betiteln Einzelne von uns mit „der unmögliche …“, andere bezichtigen uns „auf Rassismus bezogener Antisemitismusvorwüfe“. So what. Wenn nun aber Güleç die Kritik als von außen herangetragen sieht und die HNA gleichzeitig vermeldet, die ruangrupa sei in der Stadt fest verwurzelt, dann wird in dieser Wortwahl klar, dass die jüdischen Organisationen: der Zentralrat der Juden in Deutschland, das AJC Berlin, die WerteInitiative und die Jüdische Studierendenunion Deutschland, die sich kürzlich in aller Deutlichkeit geäußert haben, genau nicht zu dieser Gemeinschaft der Verwurzelten gehören.10 Dass es Zeitungen gibt, die diese Kritik auch in die Öffentlichkeit bringen, macht sie laut HNA zum Sprachrohr des Zentralrats der Juden.11 Güleç aber ist nicht nur von jedem Verdacht erhaben, sondern gibt darüber hinaus noch die theoretisch versierte Fachfrau: „Antisemitismus und Rassismus hingen zusammen – nicht umsonst habe der Attentäter von Halle, als er sich keinen Zugang zur Synagoge verschaffen konnte, in einem Imbiss irgendwie ‚migrantisch‘ aussehende Opfer gesucht.“

Es ist in der Forschung unumstritten, dass Antisemiten auch Rassisten sein können. Rassismus ist im Wesentlichen eine auf Vorurteilen beruhende Ideologie, die tatsächlich oder vermeintlich anders Aussehende, in anderen Gesellschaften Sozialisierte und Angehörige anderer Nationen abwertet. Antisemitismus ist dagegen eine wahnhafte Weltanschauung, die den Juden als allmächtig halluziniert und in ihm ein Gegenvolk sieht, das es letztendlich zu vernichten gilt. Dass nicht nur Nazis sondern auch „antirassistische“ Kulturschaffende, „People of Colour“, linke Aktivisten, Kämpfer für Diversität und Nachhaltigkeit veritable Antisemiten sein können, darüber spricht weder die HNA noch irgendjemand in der Stadt Kassel, denn die ruangrupa ist „in der Stadt verwurzelt“ und alle wollen dazu gehören und sich wohl fühlen.

Aber auch für die HNA ist mit der Aussage der Güleç, „es gebe aber viele Künstler, die sich […] gegen Rassismus aussprächen“ alles erledigt. Und überhaupt, worüber regen die jüdischen Verbände sich auf: „Es sei kein israelischer Künstler eingeladen, [es] wäre es ein Leichtes, all die vielen Staaten aufzuzählen, die auch nicht in Kassel vertreten sind. Auf der Venedig-Biennale ist auch kein Künstler aus Israel dabei,“ meinte der Journalist Mark-Christian Busse am folgenden Tag in der HNA anmerken zu müssen.

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1 Neue Osnabrücker Zeitung, Generaldirektorin Sabine Schormann: „Documenta wendet sich klar gegen Antisemitismus“, Presseportal.de, 27.05.2022.

2 documenta-Chefin positioniert sich gegen Judenhass, Hessenschau, 27.05.2022; ähnlich auch „documenta-Generaldirektorin positioniert sich gegen Judenhass“, Deutschlandfunk Kultur, 27.05.2022.

3 „Israelkritik“ ist dem Grunde nach eine antisemitische Anwandlung. Denn weder gibt es Frankreichkritik, noch Islandkritik und auch wenn es angebracht wäre, keine China- oder Russlandkritik. Im Zusammenhang von Russland spricht man vom großrussischen Chauvinismus, vom russischen Angriffskrieg, Kriegsverbrechen usw. Angesichts der großen Zustimmung in Russland für den Krieg, ist die Rede von einer Verantwortung des russischen Volkes, von einer der Russen für diesen verbrecherischen Krieg. Angesichts dieser richtigen Schlußfolgerungen dürfen die zahlreichen Stimmen nicht fehlen, die mahnen, nicht alle Russen pauschal zu verurteilen.

4 Jüdische Kritik an der documenta. „Dahinter verbirgt sich ordinärer Antisemitismus“, Die Welt, 26.05.2022.

5 Wir erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, denn je tiefer man bohrt, desto größer ist der Unrat, den man zutage fördert. Darüber hinaus gibt es andere Pamphlete des Israelhasses, deren Unterzeichner wir jetzt nicht alle überprüft haben. Die auf der documenta fifteen tätigen Unterzeichner werden in unserem Beitrag „Hätten sie lieber geschwiegen“ aufgezählt.

6 Zum Hintergrund der Auseinandersetzungen in Sheikh Jarrah, vgl.: Nadav Shragai, Sheikh Jarrah: Ein Immobilienstreit, der nicht nur um Immobilien geht, in: mena-watch, 12.09.2021.

7 Im Mai 2021 kam es zu gewalttätigen Übergriffen auf arabische Israelis, wie umgekehrt durch arabische Israelis auf Juden. Der israelische Ministerpräsident verurteilte diese Taten: „Was in den vergangenen Tagen in den Städten Israels geschehen ist, ist inakzeptabel“, erklärte er. „Nichts rechtfertigt den Lynchmord an Arabern durch Juden, und nichts rechtfertigt den Lynchmord an Juden durch Araber.“ Vgl.: Erneut Raketenalarm in Tel Aviv, Zeit.online, 13.05.2021.

8 Über die Bedeutung des Begriffs „Siedler-Kolonialismus“ in Bezug auf den Zionismus, vgl.: Zionism as settler colonialism, wikipedia.

9 Die Eisdielentipps gehören dazu. So funktioniert die ruangrupa: documenta fifteen zu Gast bei der HNA, HNA, 27.05.2022. Auf der Titelseite der Zeitung hieß es am gleichen Tag: „Im Redaktionsgespräch wurde deutlich, wie tief Ruangrupa in der Stadt verwurzelt ist, …“

10 Siehe Fußnote 4

11 In der HNA bezichtigte der Journalist Mark-Christian von Busse am 28.05.2022 „Die Welt“ „zuletzt als Sprachrohr des Zentralrats der Juden“ zu fungieren und munkelte über die Einflussnahme jüdischer Organisationen: Diese forderten, ein ‚Expertengremium‘ das über die Kunst in Kassel wachen solle. „Das wäre genau die Einflussnahme, vor der Hans Eichel gewarnt hat.“

Hätten sie lieber geschwiegen!

Wie die documenta auszog um einen Brief zu schreiben – oder Künstler bleibt bei deinem Pinsel

Ob ein Offener Brief1 eine adäquate Aktion ist, um auf gesellschaftliche Probleme zu reagieren, darüber kann man unterschiedlicher Meinung sein. In der Regel bespiegeln sich damit die Verfasser, die sich in einem Gestus der Empörung bzw. einer moralischen Erhabenheit gefallen und sie vergewissern sich mit solchen Veröffentlichungen der eigenen Gefolgschaft. Da es in dem aktuellen Brief der documenta 15 keine erkennbaren Personen als Verfasser gibt, bleibt das übrig, was Offene Briefe ebenfalls intendieren, eine gesellschaftlich relevante Debatten auszulösen. Das ist gründlich schief gegangen. Mehr als einen wiederholten Versuch, die antisemitische BDS-Bewegung2 reinzuwaschen haben die Verfasser nicht zustande gebracht. Entsprechend verheerend ist, bis auf wenige Ausnahmen, das Echo in den Medien.

Nachdem wir im Januar d.J. aufgedeckten, dass mehrere Akteure der documenta 15 und der eingeladenen Künstler aus dem Umfeld der antisemitischen BDS-Bewegung kommen oder diese direkt unterstützen, wurde unsere Kritik daran, Antizionismus und Antisemitismus auf einer mit öffentlichen Geldern finanzierten Kunstausstellung eine Bühne zu geben, mit großer Empörung zurückgewiesen. Antisemitismus habe keinen Platz auf der documenta 15 und Antisemitismus würde wie Rassismus, politische Gewalt und „Islamophobie“ verurteilt. Um das zu unterstreichen, wollte man sich diesen Themen widmen und kündigte eine Veranstaltungsreihe an. Für die politisch Verantwortlichen war mit diesem Statement ‚der Drops gelutscht‘. Mehr als dieses Bekenntnis und die Ankündigung zu einer Diskussion sollte es nicht geben.

Nachdem die documenta 15 die Veranstaltungsreihe präsentierte, stellte sich heraus, dass etwa die Hälfte der geladenen Gäste dem BDS-Umfeld oder denen zuzurechnen sind, die den Bundestagsbeschluss zur antisemitischen BDS-Bewegung kritisieren. Außerdem sollte sich eins der drei Podien mit „anti-palästinensischem Rassismus“3 beschäftigen. Beabsichtigt war, die Veranstaltungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit im You-Tube-Format abzuhalten. Diese Konzeption wurde in der Presse vielfach kritisiert. Nachdem dann auch noch öffentlich bekannt wurde, dass die Expertise des Zentralrats der Juden in Deutschland ausgeschlagen wurde, sagte die documenta die Veranstaltung ab.

Auf den Offenen Brief umfänglich einzugehen, hieße Eulen nach Athen zu tragen. Drei Anmerkungen erlauben wir uns aber hier.

Der Rassismus-Reflex

Von Beginn an, versuchte man uns des Rassismus zu überführen. In dem Offenen Brief versuchen die Autoren dies erneut. Als Beweis des gegen uns erhobenen Vorwurfes des Rassismus diente dieses Mal unsere Sottise über den Lumbung. Wir hatten angesichts des penetranten Exotismus, der im Begriffsgeklapper der documenta4 deutlich wird – und der gemäß ihres Säulenheiligen, Edward Said, bei jedem Europäer als Ausweis seines schändlichen Orientalismus taugen dürfte – es uns ironisch zu bemerken erlaubt, Lumbung sei kein alkoholisches Mixgetränk. Von „Lumumba“ war bei uns keine Rede, diese Assoziation tätigten die Verfasser des Briefes selbst. Dieser Name sei eine „rassistische Scherzbezeichnung“ eines Mischgetränkes. Naja, das kann man so sehen, aber auch die andere Variante ist wird kolportiert, dass in den späten Sechzigern Studenten dieses Getränk auch in solidarischer Absicht, den afrikanischen Revolutionär zu ehren, tranken. Ist das Glas Vodka Jelzin ein Statement gegen den russischen Chauvinismus oder macht man sich mit Putin gemein, trinkt der Hipster ein Glas Afri-Cola in rassistischer Absicht, oder um Trump eins auszuwischen? Was ist eigentlich mit „Sex on The Beach“? Die Antworten darauf, mein Freund, die wissen nur die Sprachmagier und Getränkespezialisten der postmodern und identitär gewendeten Linken.

Dagegen spielt die zweite Zeile der Überschrift des Briefes „Wie ein Gerücht zum Skandal wurde“ offensichtlich auf eine Formulierung Theodor W. Adornos an, der in der Minima Moralia formulierte: „Antisemitismus ist das Gerücht über die Juden.“ Die Tatsache, dass der Künstler Yazan Khalili antisemitische Topoi nutzt(e), dass der Namensgeber des Centers, dessen Präsident er war, sich tatsächlich positiv auf Hitler bezog, wird in eine wahnhafte Behauptung umgedeutet, die der der Antisemiten ähnlich ist. Rassismus und Antisemitismus alles eine Soße und der Kritiker des Antisemitismus ist der eigentliche Antisemit.5

Israel, der Völkerrechtsverbrecher

Dann folgte eine Bemerkung, die zeigt, woher der Wind weht. „Die realen Probleme der völkerrechtswidrigen israelischen Besatzung“ ließen sich genauso wenig wie die Widersprüche des Widerstandes gegen sie in Gesprächsrunden auflösen.

Israel ist so klein wie Hessen. Die Israel umgebenden arabischen Staaten reichen vom Atlantik bis hin zum Irak. Einen Staat Palästina hat es nie gegeben. Die Gründung eines arabischen Staates, zu dem auch Gebiete der Westbank gehören hätten sollen, verhinderten die arabischen Angriffskrieger im Jahre 1948. Jordanien besetzte in diesem Krieg dieses Gebiet einschließlich der Altstadt Jerusalems. Die in diesem Gebiet und in Jerusalem seit Jahrhunderten lebenden Juden wurden vertrieben. Im Krieg von 1967 wurden die jordanischen Truppen von der Westbank geschlagen und zogen ab. Jerusalem konnte befreit werden. Eine Aufteilung der Westbank zwischen den dort lebenden arabischen Bewohnern und den z.T. zurückgekehrten jüdischen und neu hinzugezogenen jüdischen Bewohnern im Rahmen eines Friedensvertrages wurde durch den seit 1967 permanent geführten Terrorkrieg palästinensischer Gruppierungen gegen Israel hintertrieben. Die israelischen Truppen in der Westbank dienen dem Schutz der dort lebenden Juden.

Wenn die documenta nun meint, anstatt sich der zeitgenössischen Kunst zu widmen, bedauern zu müssen, eine „völkerrechtswidrige israelische Besatzung“ mit den Mitteln des Diskurses nicht lösen zu können und darüber hinaus „Widersprüche des Widerstandes“ gegen das offensichtlich als Völkerrechtsverbrecher identifizierte Israel lamentierend beklagt, zeigt das, dass unser Befund und unsere Kritik mit der israelfeindlichen Schlagseite der documenta 15 schlicht richtig ist.

Die documenta 15: Ein Nest der Antizionisten

Der Offene Brief wurde in der einschlägigen Berliner Zeitung und auf der Internetplattform e-Flux veröffentlicht. e-Flux? Da war doch was! Am 26. Mai 2021 veröffentlichte e-Flux den „A Letter Against Apartheid“.6 In diesem Brief heißt es u.a.:

„Israel is the colonizing power. Palestine is colonized. This is not a conflict: this is apartheid […] „ethnic cleansing“ […] „Israeli settler colonial rule in 1948“ […] „We ask governments that are enabling this crime against humanity to apply sanctions, to mobilize levers of international accountability, and to cut trade, economic and cultural relations.“ 

Dieses hetzerische Schriftstück übertrifft die antiisraelische Agitation der Stellungnahme Initiative „GG 5.3 Weltoffenheit“ und des Briefes „Wir können nur ändern, was wir konfrontieren“ bei weitem. Unterzeichnet oder unterstützt wurde dieser Brief von vier der fünf Personen, die im „Artistic Team“ tätig sind, und von weiteren Personen, die im Zusamenhang der documenta zu erwähnen sind:

Adam Szymczyk (Leiter der documenta 14)

Ade Darmawan (ruangrupa; documenta 15)

Amar Kanwar (documenta-Beirat; documenta 15)

Andrea Linnenkohl („General Coordinator der documenta 15“; Artistic Team; documenta 15)

Ayşe Güleç (Artistic Team; documenta 15)

Farid Rakun (ruangrupa)

Gertrud Flentge (Artistic Team; documenta 15)

Iswanto Hartono (ruangrupa)

Kasia Wlaszczyk (Koordination öffentliche Programme; documenta 15)

Jumana Emil Abboud (Lumbung; documenta15)

Lara Khaldi (Artistic Team; documenta 15)

Lydia Antoniou (Kuratorische Assistenz; documenta 15)

Nancy Naser al Deen (Assistenz Koordiantion öffentliche Programme; documenta 15)

Noor Abed (Kuratorische Assistenz; documenta 15)

Reza Afisina (ruangrupa)

Yazan Khalili (Lumbung; documenta 15)

Keine weiteren Fragen!

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1 Offener Brief: Antisemitismus-Vorwurf gegen Documenta: Wie ein Gerücht zum Skandal wurde. Jüngst wurden Antisemitismus-Vorwürfe an die Documenta laut. Eine Gesprächsreihe wurde abgesagt. Hier äußern sich jetzt erstmals die Macherinnen, in: Berliner Zeitung, 09.05.2022; Antisemitism Accusations against documenta: A Scandal about a Rumor. ruangrupa. This is a letter from ruangrupa, the artistic team of documenta fifteen, and some curators of the recently canceled forum. We need to Talk! Art — Freedom — Solidarity reflecting an ongoing debate in Germany around the upcoming edition of documenta, in: e-Flux.com, 07.05.2022

2 Auf den antisemitischen Charakter der BDS-Bewegung gehen ausführlich Alex Feuerherdt und Florian Markl ein. Dies.: Die Israel-Boykottbewegung. Alter Hass in Neuem Gewand, Leipzig 2021.

3 Es existieren in Israel wie in allen modernen Gesellschaften rassistische Vorurteile. Diese werden gegenüber Arabern, Beduinen aber auch gegen Juden afrikanischer und arabischer Herkunft gehegt. Im Gegensatz zu allen Nachbarnationen gibt es dagegen in der israelischen Gesellschaft und Politik ein Problembewusstsein. Dass es ein weit verbreitetes Misstrauen in der israelischen Bevölkerung gegenüber arabischen Israelis und Palästinensern gibt, hat seine Ursache in der fortdauernden terroristischen Kampagne verschiedener palästinensischer und islamistischer Gruppierungen. Dieses ist Ansatzpunkt zahlreicher gesellschaftlicher Initiativen, die um das gegenseitige Verständnis und die Aussöhnung bemüht sind. Neben dem ausgeprägten Judenhass in den arabischen Staaten und auch unter der Bevölkerung der palästinensischen Autonomiegebiete, existiert gegenüber den Nachkommen der 1948 aus dem Mandatsgebiet Palästina geflohenen, vertriebenen und ausgewanderten arabischen Bevölkerung, den Palästinensern, allerdings eine Politik der Unterdrückung und Diskriminierung, insbesondere in Syrien, im Libanon und in Jordanien. In Israel haben die israelischen Araber die vollen Bürgerrechte.

3 Ekosistem, Majelis, Meydan, Sobat etc., sollen die Weltoffenheit und Multiperspektivität verdeutlichen. Damit der interessierte Besucher der Kunstausstellung bei diesem Kauderwelsch mitreden und „neue Perspektiven und Ideen“ begreifen kann, dazu braucht es extra einen Glossar.

4 Auch wenn immer wieder behauptet wird Elke Buhr und Joseph Croitoru hätten irgendwelche unserer Feststellungen widerlegt, entspricht dies nicht den Tatsachen. Der Versuch des Historikers Jens Hansens Khalil al Sakakini reinzuwaschen ist bezeichnend. Sakakini habe auf die Befreiung durch die deutschen Truppen Rommels gehofft. Vgl.: ders., Wer war Khalil Al Sakakini? Eine Tagebuchreise nach Palästina, 20.04.2022. Rommels Naziwehrmacht folgten die SS-Verbände Walter Rauffs auf dem Fuße um das „Problem“ (Yazan Khalili) mit den Juden auch im Nahen Osten endzulösen.

5 Über den penetranten Versuch, aus unterschiedlichen Beweggründen das Thema Rassismus ins Spiel zu bringen, wenn es um Antisemitismus geht, sei hier auf Stephan Grigat verwiesen. Ders.: Antisemitismus bei documenta15. Rassismus und „Islamophobie“, TAZ, o.D.

6 A letter against apartheid, in: e-Flux.com, 26.04.2021.