Die documenta 15 und der Antisemitismus-Skandal. Wer Antizionisten einlädt, erntet Antisemitismus

Präsentation der Broschüre „Die documenta 15 und der Antisemitismus-Skandal. Wer Antizionisten einlädt, erntet Antisemitismus“ mit:

Stefan Hensel (Antisemitismusbeauftragter der Stadt Hamburg) und

Niklas Reuther (Thunder in Paradise)

Eine Veranstaltung des Bündnis gegen Antisemitismus Kassel am Donnerstag, den 22.02.2024 um 17:00 Uhr im Philipp-Scheidemann-Haus

Vor etwa zwei Jahren veröffentlichten wir unsere Recherche über die Gruppe The Question of Funding, die als Künstlerkollektiv auf der als Weltkunstausstellung präsentierten documenta 15 (d15) eingeladen wurde. Auch den Einfluss israelfeindlicher Aktivisten sowohl unter den für die d15 berufenen Künstlern als auch in den Führungsstrukturen der Ausstellung legten wir in unserem Blogbeitrag im Januar 2022 ausführlich dar.

In der Folge kam es zu einer umfassenden gesellschaftlichen Debatte, die bis heute nachwirkt. Die Debatte der Kasseler Öffentlichkeit zeigte, dass lokalpatriotischer Stolz und fehlendes Problembewusstsein jede rechtzeitige Intervention angesichts der zu erwartenden antisemitischen und antizionistischen Agitation auf der d15 vereitelte. Nicht die für Antisemitismus und Israelhass offene ideologische Ausrichtung vieler „Kulturschaffenden“ war Thema in der regionalen Debatte, nicht die impertinente Weise, in der Aktivisten der postmodernen Linken und des sogenannten globalen Südens ihre Agitation als Kunstwerke adelten, sondern der Widerspruch gegen sie wurde zum Problem ernannt, als Herabwürdigung des Standorts Kassel und als Infragestellung der Kunstfreiheit denunziert. Diese sehr spezielle Kasseler Ignoranz offenbarte aber in exemplarischer Weise auch, was für weite Kreise in der Gesellschaft im Allgemeinen gilt: Unverständnis, Ignoranz hinsichtlich des manifesten Antisemitismus in der Kunst- und Kulturszene. Auch die Akzeptanz des Israelhasses und antisemitischer Weltanschauung als spezifischer Ausdruck einer kulturellen Prägung von Aktivisten des „globalen Südens“.

Die d15 schloss mit einem trotzigen Bekenntnis vieler der Aussteller zum Israelhass und mit der Verbrüderung mit den Agitatoren des palästinensischen Volkstumskampfes. Auch hier war aus Kassel kaum Widerspruch zu vernehmen. Wie im Rahmen der Kasseler Kunstausstellung sonst auch üblich, wurden zwei der für den langen antisemitischen Sommer Verantwortlichen mit Gastprofessuren an der Kunsthochschule Kassel und Hamburg „belohnt“.

Ein Jahr nach dem Ende der Kunstausstellung wurde Israel von Todeskommandos aus dem Gaza überfallen. Das Ziel der von zahlreichen Zivilisten aus dem Gaza begleiteten Einsatzkommandos war es, so viele Juden wie möglich zu töten, die jüdischen Siedlungen zu plündern und jüdische Frauen zu vergewaltigen. In vielen europäischen Städten – auch in Kassel – kam es zu Kundgebungen gegen Israel und Bekundung der Sympathie für die Terrorpalästinenser. Begleitet wurden diese Kundgebungen von Äquidistanz, einer klammheimlichen, bisweilen auch offenen Sympathie für den „Widerstand gegen den Siedlerkolonialismus“ aus der Kunst- und Kulturszene.

Symptomatisch für diese Haltung war die bösartige Ignoranz der neu berufenen Findungskommission, die sie ihrem Mitglied, der israelischen Künstlerin Bracha L. Ettinger, entgegenbrachte, die sich angesichts des Pogroms bestürzt zeigte und wegen des anhaltenden Raketenbeschusses durch die Hamas auf ihren Wohnort um einstweiliges Aussetzten der Gremienarbeit bat.

Wir wollen auf unserer Veranstaltung unsere Broschüre vorstellen, der ein Grußwort des Antisemitismusbeauftragten der Stadt Hamburg Stefan Hensel vorangestellt ist. Ferner veröffentlichen wir dort zwei unserer zentralen Blogbeiträge in überarbeiteter Form, den Redebeitrag der Gruppe Thunder in Paradise auf unserer Kundgebung am Eröffnungstag der documenta 15 und das Kurzreferat Lukas Savaris auf unserer Tagung Antisemitismus im Nah-Ost-Konflikt und in der Kunst der postbürgerlichen Gesellschaft“ am 16 Juli 2022. Auf unserer Veranstaltung wird es darum gehen, am Beispiel unsere Recherche die Reaktionen auf das Phänomen des Antisemitismus in Deutschland generell und speziell in Kassel zu reflektieren.

Stefan Hensel wird dabei auf die Berührungspunkte der Stadt Hamburg mit der Kunstausstellung in Kassel eingehen und dabei die Bedeutung der Ausstellung und auf sie folgende Ereignisse für die Situation der Juden und Jüdinnen in Deutschland darlegen.

Niklas Reuther wird auf das Phänomen des rebellisch daherkommenden Antisemitismus im kultur- und identitätssensiblen, von postmodernen, postkolonialen und queeren Diskursen geprägten Milieu eingehen, dem auf der d15 eine öffentlich finanzierte Plattform für Agitation und Propaganda geboten wurde.

Die überarbeitete Auflage unserer Broschüre ist leider vergriffen. Wir stellen sie hier zum Download bereit: Die documenta 15 und der Antisemitismus-Skandal. Wer Antizionisten einlädt erntet Antisemitismus
Es gibt noch gedruckte Exemplare der ersten Auflage, die einige wenige (aber ärgerliche) Druck- und Formatierungsfehler enthält. Broschüre dieser Auflage geben wir gegen ein Spende für 5,00 € (incl. Versandt) ab. Diese können über unsere Kontaktadresse bestellt werden.

Die Veranstalter behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die israelfeindlichen, antizionistischen Organisationen oder Zusammenhängen angehören, die dieser Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch antisemitische, antizionistische oder israelfeindliche Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder sie von dieser auszuschließen.

Die Veranstaltung findet am Donnerstag, den 22. Februar 2024, im Philipp-Scheidemann-Haus, Holländische Straße 72-74 in Kassel statt. Beginn ist 17:00 Uhr.

Die Presse über uns:

Documenta 15-Dokumentation: „Wer Antizionisten einlädt, erntet Antisemitismus“, Ruhrbarone, 11.02.2024

„Sehr spezielle Kasseler Ignoranz“, HNA, 21.02.2024

Lob für documenta-Kritiker, HNA, 24.02.2024

75 Jahre Israel

Informationsstand des Bündnis gegen Antisemitismus Kassel am 15. Mai 2023 ab 14:00 Uhr

Veranstaltung mit Alex Feuerherdt am 15. Mai 2023 um 19:00 Uhr im Philipp-Scheidemann-Haus

Vor 75 Jahren, am 14. Mai 1948, wurde der Staat Israel gegründet. Das hat man in Israel und in den jüdischen Gemeinden Deutschlands nach dem jüdischen Kalender in diesem Jahr schon am 25 April gefeiert. Vor dem Hintergrund der aktuellen Auseinandersetzungen in Israel hat der israelische Präsident an die Erfolge des gemeinsamen Aufbauwerks für ein jüdisches und demokratisches Gemeinwesen erinnert. Uns vom BgA-Kassel geht es darum, am Jahrestag der israelischen Unabhängigkeitserklärung die gesellschaftlichen Hintergründe in unserem Land zu beleuchten, die in den Debatten über den Staat Israel immer wieder zu Tage treten.

Die Gründung des Staates Israel ist Ausdruck der nationalen Selbstbestimmung des jüdischen Volkes. Theodor Herzl schreibt in Der Judenstaat: „Wir sind ein Volk, ein Volk. Wir haben überall ehrlich versucht, in den uns umgebenden Volksgemeinschaften unterzugehen und nur den Glauben der Väter zu bewahren. Man läßt es nicht zu. Vergebens sind wir treue und an manchen Orten sogar überschwengliche Patrioten, vergebens bringen wir dieselben Opfer an Gut und Blut, wie unsere Mitbürger, vergebens bemühen wir uns, den Ruhm unserer Vaterländer in Künsten und Wissenschaften, ihren Reichtum durch Handel und Verkehr zu erhöhen. In unseren Vaterländern, in denen wir ja auch schon seit Jahrhunderten wohnen, werden wir als Fremdlinge ausgeschrien; […] Wir sind ein Volk – der Feind macht uns ohne unseren Willen dazu […]“.

Trotz Jahrzehnte währender Bemühungen der israelischen Regierungen, mit den arabischen Nachbarn einen Ausgleich zu erzielen und eine friedliche Koexistenz zu entwickeln und obwohl Israel von Beginn an und bis heute der einzige demokratische Staat im Nahen Osten ist, wird bis heute der jüdische Staat – insbesondere von den palästinensischen Gruppierungen als Provokation und die nationale Selbstbestimmung der Juden von vielen Moslems nicht nur im Nahen Osten – als Beleidigung und Provokation angesehen. Diese Haltung wird von einer Mehrheit der in der UN Vollversammlung vertretenen Staaten geteilt. Immer wieder wird Israel dort als Beispiel eines aggressiven Apartheidstaats verteufelt und verurteilt. Trotz einer stabilen Demokratie, erwiesener Rechtsstaatlichkeit und Gleichheit der Bürger vor dem Gesetz, bleibt Israel auch nach 75 Jahren in den Augen eines bedeutenden Teils der Weltöffentlichkeit ein Unstaat, ein „Jude unter den Staaten“.

Auch in Deutschland dient der Staat Israel dem antijüdischen Ressentiment als Projektionsfläche, das uns in regelmäßigen Abständen die immer wiederkehrende Renaissance eines seit 1945 überwunden geglaubten irrationalen antisemitischen Wahns vor Augen führt. Die Gründung des Staates Israel ist die Antwort auf 2000 Jahre Judenhass und auf den in der Moderne fortexistierenden Antisemitismus. „Die Judenfrage besteht. Es wäre töricht, sie zu leugnen. Sie ist ein verschlepptes Stück Mittelalter, mit dem die Kulturvölker auch heute beim besten Willen noch nicht fertig werden konnten.“ (Theodor Herzl) Bis heute erinnert Israel die nichtjüdischen Gesellschaften – auch und ganz besonders Deutschland – daran, dass in ihnen ein jeder Vernunft spottender, irrationaler Wahn fortbesteht. Es ist also nicht nur der ewige Antisemit, der angesichts der schieren Existenz eines jüdischen Gemeinwesens glaubt, sein Unwesen treiben zu müssen, nein, es ist auch das in Abneigung und oft verkapptem Hass verkehrte schlechte Gewissen der deutschen Gesellschaft zu beklagen, dass das Bild der Gesellschaft vom israelischen Staat vollkommen verzerrt ist.

Wie zur Zeit des Dreyfuss-Prozesses oder des Berliner Antisemitismusstreits im 19. Jahrhundert stößt der Antisemitismus zwar auch heute auf teils deutliche Kritik, dennoch brechen antisemitische Ressentiments bis in die Gegenwart immer wieder aufs Neue hervor,

  • wie man es im deutschen Blätterwald und den sog. Qualitätsmedien allzu oft lesen und in den öffentlich rechtlichen Medien vernehmen kann,
  • wie man es 2022 während der 100 Tage auf der documenta 15 in Kassel sehen und erleben konnte,
  • wie man es z.B. an der ungebrochenen Popularität eines bedeutenden Rockmusikers der Gegenwart deutlich ablesen und/oder
  • wie man es an den regelmäßig wiederkehrenden islamistisch unterlegten und von linken Gruppen und Personen unterstützten Hassdemonstrationen gegen Israel,
  • und wie man es an der in einigen Städten Deutschlands zunehmenden Gefahr für Juden, tätlichen Übergriffen ausgesetzt zu sein und der allgemein hohen Zahl an antisemitischen Vorfällen beobachten kann.

Das deutsch-israelische Verhältnis ist seit Israels Staatsgründung vor 75 Jahren weder störungsfrei noch entspannt. Zum einen erinnern die lebenden Juden Deutschland immer daran, dass der Antisemitismus eine zentrale Rolle bei der Konstituierung der deutschen Volksgemeinschaft einnahm und die deutsche Nation es als Schicksalsaufgabe ansah, eine Welt zu schaffen, in der das Judentum als „Gegenvolk“ ausgerottet werden sollte. Der nach der deutschen Niederlage im Zweiten Weltkrieg Jahrzehnte lang währenden Verdrängung der deutschen Verbrechen und der bis heute andauernden Herausstellung, Opfer eines „verdammten Krieges“ (Guido Knopp) zu sein, folgte ab Mitte der Achtziger Jahre das Mantra von der „historischen Verantwortung“ und der „Wiedergutmachung“ deutscher Schuld in Form inbrünstigen Gedenkens. Dieses Gedenken gipfelt regelmäßig darin, dass der Holocaust zu einem Teil eines nationalen Selbstverständnisses erklärt wird. In Verkehrung der klassischen Schuldabwehr der Nachkriegszeit stellt sich diese heute als kaum kaschierte Anmaßung dar, von den Überlebenden der Schoah und ihren Nachkommen Vergebung zu erwarten, ja diese fast einzufordern.

Gänzlich unerträglich wird es, wenn gerade aus der deutschen Ecke – wo man angeblich so mustergültig seine Lektion aus dem Nationalsozialismus gelernt hat – in Oberlehrermanier Verhaltensmaßregeln an Israel erteilt werden. Wie reagiert ein Land „angemessen“, das permanent von unterschiedlichen palästinensischen Terrororganisationen, mit Raketen, Schusswaffen und Messern, angegriffen wird? Wie soll reagiert werden, wenn kein Verhandlungsangebot Grundlage für Gespräche sein kann und darf, u.a. weil der Iran den palästinensischen Terror direkt protegiert und Israel das Existenzrecht radikal abspricht? Was prädestiniert uns Deutsche Israel gegenüber zum Ratgeber? Wollen wir besser wissen, ob Terroristen durch Nachsicht und Toleranz zur Duldung eines israelischen Staates bereit sind oder wären, wo doch Nachgeben der israelischen Seite bisher in fast allen Fällen das Gegenteil erreichte? So hat z.B. 2005 die Räumung des Gazastreifen durch Scharon lediglich die Terroraktivität der Hamas von dort aus erhöht.

Am Tage der Unabhängigkeitserklärung Israels steht für uns die Forderung nach einer unverbrüchlichen und bedingungslosen Solidarität mit dem Staat Israel im Vordergrund. Wir fordern von den politischen Vertretern, sich für ein Ende der Finanzierung der palästinensischen Terrororganisationen stark zu machen, deren Aktionen und Organisationen auf deutschem Boden zu verbieten und von der Bundesregierung zu verlangen, endlich wirksame Schritte gegen die antisemitische Mullah-Diktatur im Iran zu unternehmen. Dafür werden wir, wie fast jedes Jahr, mit unserem Info-Stand auf dem Friedrichsplatz in Kassel werben.

Ab 19:00 Uhr haben wir dann Alexander Feuerherdt dazu eingeladen, anlässlich des 14. Mai 1948 einen kritischen Blick auf das Bild Israels in der „internationalen Gemeinschaft“, in der deutschen Gesellschaft und deutschen Politik zu werfen.

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Alex Feuerherdt ist freier Publizist und veröffentlicht regelmäßig Texte zu den Schwerpunktthemen Israel/Nahost, Antisemitismus und Fußball, unter anderem in der Jüdischen Allgemeinen, in der Jungle World und auf Mena-Watch. Gemeinsam mit Florian Markl ist er Autor von „Vereinte Nationen gegen Israel“ (2018) sowie „Die Israel-Boykottbewegung. Alter Hass in neuem Gewand“ (2020), beide erschienen bei Hentrich & Hentrich.

Vortrag und Diskussion mit Danyal Casar: Zum Aufstand gegen den islamischen Staat im Iran

17.10.2022, 19:00 Uhr, Ort: Philipp-Scheidemann-Haus, Holländische Str. 74, Raum 106

Der Aufstand gegen die islamische Republik im Iran ist ein revolutionärer Aufstand gegen die islamische Herrschaft und für die Freiheit, der weit über die Grenzen des Irans hinaus Bedeutung haben wird. Der Aufstand richtet sich gegen das 1979 errichtete Regime der Mullahs, die eine dunkle Inspiration für die islamischen Konterrevolutionäre von Indonesien bis nach Marokko ist. Die Revolutionäre im Iran, Frauen wie Männer, treten unter den Slogans „Frau, Leben, Freiheit“ und „Ich werde denjenigen töten, der meine Schwester getötet hat“ der totalitären und mörderischen „Islamischen Republik“ als ebenso antijüdischen wie frauenfeindlichen Männerbund entschieden entgegen. Es ist zugleich die erste revolutionäre Erhebung überhaupt, die ihren Beginn als feministischen Protest nahm.

In der gesellschaftlichen Diskussion in Deutschland wird der Charakter der gegenwärtigen Erhebung vielfach verkannt. Im Gegensatz zur seit Jahren praktizierten mörderischen Praxis des iranischen Regimes, die auf ein erschütterndes Schweigen sowohl in der „Zivilgesellschaft“ als auch in der Politik stieß, führte der Tod Mahsa Aminis nach ihrer Verschleppung von iranischen Sittenwächtern zu einer allgemeinen Empörung in der deutschen Politik. Sie wurde auch von jenen geäußert, die die Frauenfeindlichkeit des islamischen Regimes jahrelang verharmlost haben. Anders als oftmals behauptet, fordern die Frauen im Iran nicht die Anerkennung ihrer „unumstößlichen Menschenrechte“ durch das misogyne Regime ein, auch wird nicht, wie in der deutschen Berichterstattung unbeirrt behauptet, gefordert, dass der Staat, also der Mörder selbst, den Tod von Mahsa Amini aufzuklären habe. In keinem einzigen der Slogans, die gerufen werden, dient die islamische Republik, deren Institutionen und Repräsentanten, weder Reformer noch Erzkonservative, als Appellationsinstanz. Es wird der Sturz der islamischen Terrorherrschaft gefordert.

Wir wollen auf unserer Veranstaltung sowohl die gesellschaftspolitischen Hintergründe des Aufstandes gegen das islamische Regime im Iran als auch die Reaktionen in der deutschen Gesellschaft beleuchten.

Danyal Casar ist Autor des Blogs „Cosmoproletarian Solidarity“ und schreibt u.a. für die Jungle World und sans phrase. Schwerpunkt seiner publizistischen Tätigkeit ist die Türkei und der Iran.

Antisemitismus im Nah-Ost-Konflikt und in der Kunst der postbürgerlichen Gesellschaft

Eine Tagung am 16. Juli 2022 in Kassel. Beginn 14:00 Uhr
Phillip-Scheidemann-Haus, Holländische Str. 72

Mit der Einladung des Kollektivs „The Question of Funding“ aus Ramallah wurde eine antiisraelische Künstler- und Aktivistengruppe zur documenta 15 eingeladen. Unsere im Zusammenhang dieser Einladung getätigten Recherchen förderten zu Tage, dass zahlreiche Funktionäre und Macher der Kunstausstellung zur antiisraelischen und bisweilen auch antisemitischen „israelkritischen“ Szene der Kulturschaffenden gehören. Dieses Phänomen ist nicht ganz neu, das Gespräch mit Edward Said auf der documenta 10, die „antizionistische Giraffe“ des Künstlers Peter Friedl auf der documenta 12 und der Auftritt des Antisemiten Franco Berardi auf der documenta 14 verweisen darauf, dass wir es mit einem systematischen Zusammenhang zu tun haben.

„Aber BDS ist eine breite und vielschichtige Bewegung, in der leider Antisemitismus nicht ausgeschlossen ist, die aber auch weltweit von einer Vielzahl von Kulturschaffenden unterstützt wird – die dies als Zeichen friedlichen Protests in Ausübung von Kunst und Meinungsfreiheit verstehen.“ Dr. Sabine Schormann (Generaldirektorin documenta).

„Mit dem indonesischen Künstlerkollektiv ruangrupa kuratierten 2022 zum ersten Mal Vertreter aus Asien die documenta, die auch die Perspektive des globalen Südens berücksichtigen.“ Christian Geselle (Aufsichtsratsvorsitzender documenta GmbH und Oberbürgermeister der Stadt Kassel)

Stehen diese beiden Zitate für die Problematik die sich in der skandalösen Entwicklung der Debatte um die manifeste Israelfeindlichkeit, den Antizionismus und teilweise auch den Antisemitismus im Zusammenhang der aktuellen documenta 15 ausdrückt? Stehen sie für die Ignoranz oder die schlichte Unkenntnis darüber, mit wem wir es mit der antisemitischen Bewegung BDS zu tun haben? Was hat dies alles mit der politischen Ideologie der postmodernen Linken, insbesondere der des Postkolonialismus zu tun? Es scheint uns kein Zufall zu sein, dass das Konzept der documenta 15 sich wie eine Mischung aus dem „Tag der Erde“, einem Tag der Offenen Tür eines Eine-Welt-Ladens oder als ein Potpourri des Veranstaltungskalenders des Palästina-Fan-Clubs aus dem Café Buch-Oase liest. Gibt es also eine notwendig ideologische Nähe der documenta-Macher zu den Volkstumskämpfern im Nahen-Osten und worin liegt diese begründet? Was hat die stoische Abwehrhaltung und das fehlende Problembewusstsein der politisch Verantwortlichen in Stadt und Land angesichts der geladenen Gäste und der politischen Schlagseite der documenta-Macher zu bedeuten?

Diesen Fragen wollen wir auf zwei Podien nachgehen.

1. Podium: BDS und die Rolle des Antisemitismus im Nah-Ostkonflikt mit Alex Feuerherdt und Ralf Balke

Auf dem ersten Podium wird es darum gehen, die Entwicklung, den politischen Charakter und die gesellschaftliche Bedeutung der BDS-Bewegung herauszustellen, um dann auf die spezifische Rolle des Antisemitismus als ein zentrales Element in der Ideologie der palästinensischen Nationalbewegung einzugehen.

Alex Feuerherdt ist freier Autor. Er schreibt u.a. für Jungle World und Mena-Watch. Feuerherdt ist zusammen mit Florian Markl Autor des Buches: Die Israelboykottbewegung. Alter Hass im Neuem Gewand, (Hentrich & Hentrich, 2020).

Ralf Balke ist Historiker und Journalist und schreibt u.a. für die Jüdische Allgemeine und Jungle World. Balke hat über den Einfluss der NSDAP in Palästina mit der Arbeit „Die Landesgruppe der NSDAP in Palästina“ promoviert. Balke hat u.a. das Buch „Israel. Geschichte, Politik, Kultur“ (C.H. Beck, 2013) veröffentlicht.

2. Podium: Antisemitismus und das Kunstwerk in der postbürgerlichen Gesellschaft mit Justus Wertmüller und Jan Gerber

Das zweite Podium wird die Entwicklung der Szene der „Kulturschaffenden“ im Kulturbetrieb der Gesellschaft des „antirassistischen“ Deutschland aufzeigen, um dann einen genaueren Blick darauf zu werfen, wie sich im kulturpolitischen Ansatz der documenta die pseudokritische Weltsicht postkolonialer und postmoderner Ansätze als Verfall jeder Kritik darstellt, dessen notwendiges Produkt der Hass auf Israel und die Zivilisation ist.

Justus Wertmüller ist Autor und Redakteur der Zeitschrift Bahamas. 2015 hat er im Aufsatz „Der deutsche Anschlag auf die Souveränität“ über den Zusammenhang von Souveränitätsverzicht, Djihad und der Veralltäglichung des Ausnahmezustandes im postnationalen Deutschland geschrieben.

Jan Gerber ist Historiker und Politikwissenschaftler, Herausgeber und Autor mehrerer Bücher über die Geschichte und Gegenwart der Linken. Zuletzt hat er den ersten Band der „Hallischen Jahrbücher“ mit dem Schwerpunkt „Die Untiefen des Postkolonialismus“ (Edition Tiamat, 2021) und das Buch „Geschichtsoptimismus und Katastrophenbewusstsein, Europa nach dem Holocaust“ (Vandenhoeck & Ruprecht, 2022) herausgegeben.

Das Bündnis gegen Antisemitismus Kassel lädt ein:

Nicht bloß ist die Annahme, vorweg sei das Normale wahr und das Abweichende falsch, überaus dubios, selber die Glorifizierung bloßer Meinung, nämlich der herrschenden, die das Wahre nicht anders zu denken vermag denn als das, was alle denken. (T.W. Adorno, 1960)

Rassismus, Natur- und Klimaschutz – und dies fällt dem Anschein nach aus dem Rahmen – auch Flucht und Vertreibung in Folge der israelischen Staatsgründung sind Themen, bei denen die sich öffentlich artikulierende Meinung oft als die herrschende darstellt. Auf den ersten Blick erscheint es plausibel, wenn vor dem Hintergrund immer noch existierender rassistischer Ressentiments Erfahrungen, Identitäten und Erzählungen der vom Rassismus anscheinend und tatsächlich Betroffenen als unhinterfragbar gelten. Es erscheint als vernünftig, wenn angesichts der Erkenntnis, dass CO-2 ein den Treibhauseffekt auslösendes Gas ist, die Forderung nach einem Ausstieg der auf Verbrennung von Kohlenstoff basierende herrschende Produktionsweise als Ultima Ratio gilt, der alles andere unterzuordnen ist. Und wenn von der Gründung des israelischen Staates die Rede ist, darf der Hinweis auf die im Zuge der militärischen Auseinandersetzungen geflohenen und vertriebenen arabischen Bevölkerung des vormaligen Mandatsgebiet Palästinas nicht fehlen.

Doch ist immer dann Skepsis angesagt, wenn in der öffentliche bekundeten Meinung Einigkeit herrscht und das allgemeine Mitmachen eingefordert wird, wenn Kritik der gesellschaftlichen Mobilmachung, das Hinterfragen von Gewissheiten mit den Verdikten Rassismus und „Klimawandelleugnung“ belegt werden und wenn im Zusammenhang mit der Historie und Gegenwart des Nah-Ost-Konflikts vom Antisemitismus keine Rede ist.

Das Bündnis gegen Antisemitismus Kassel lädt daher in diesem Herbst zu folgenden Veranstaltungen ein.

14.10.2019, 19.00 Uhr: Antirassismus als Weltanschauung – eine Kritik. Vortrag und Diskussion mit Dr. Ingo Elbe

Antirassistische Theoriebildung sollte den Anspruch haben, ein ebenso verbreitetes wie vielgestaltiges Herrschaftsphänomen zu analysieren und Möglichkeiten seiner Abschaffung aufzuzeigen. Es stellt sich allerdings heraus, dass Antirassismus zur Weltanschauung mutiert ist und über weite Strecken von volkspädagogischen Absichten und politischen Ressentiments geleitet wird. So gehören vor allem die Dethematisierung des politischen Islams und die antizionistische Agitation gegen Israel inzwischen zum guten Ton vieler antirassistischer Theoretikerinnen und Theoretiker sowie Aktivistinnen und Aktivisten.

(Veranstaltungshinweis auf Facebook)

21.10.2019, 19.00 Uhr: Zur Kritik der politischen Ökologie. Vortrag und Diskussion mit Jörg Huber

Eine von den Vereinten Nationen institutionalisierte Kooperation zwischen Wissenschaft und Propaganda hält das Thema Klimawandel routiniert in einer medialen Endlosschleife. Der resultierende Öko-Aktionismus fällt immer häufiger mit kopflosen Ge- und Verbotsforderungen auf, die sich sogar selbst widersprechen. Doch nicht einmal die chaotische Politik, die auf ökologisch-moralische Debatten folgt, schadet deren Image nachhaltig. Ihr Aufstieg zum politischen Leitbild wirkt wie unaufhaltsam und die drängende Frage, wie ihr vernünftig begegnet werden kann, bringt selbst viele ihrer Gegner um den Verstand.

(Veranstaltungshinweis auf Facebook)

22.11.2019, 17.30 Uhr: Der Exodus der Juden aus der arabischen Welt & dem Iran Diskriminierung, Flucht & Vertreibung – Vortrag von Stephan Grigat

Würde es mit rechten Dingen zugehen, wäre bei jeder Diskussion über den Konflikt Israels mit seinen arabischen Nachbarn stets auch von der Flucht und Vertreibung nahezu aller Juden aus der arabischen Welt und aus dem Iran die Rede, die außerhalb Israels kaum im Bewusstsein sind. Die gerade auf Deutsch erschienene Studie des französischen Historikers Georges Bensoussan über „Die Juden der arabischen Welt“ ruft die Flucht von etwa 900.000 Juden aus den arabischen Ländern in Erinnerung und zeigt, dass die Radikalisierung der arabisch-islamischen Judenfeindschaft vor der israelischen Staatsgründung einsetzte und in vielen Aspekten eine Reaktion auf die partielle Autoemanzipation der Juden in den arabischen Gesellschaften war.

(Veranstaltungshinweis auf Facebook)

Alle Veranstaltungen finden im Philipp-Scheidemann-Haus in Kassel statt.

Jahrhundertwende – Ein experimenteller Film

Filmvorführung im Filmladen Kassel, Goethestr. 31, Kassel mit Moritz Liewerscheidt am 17. April um 17.00 Uhr

Der Filmemacher stellt sein Werk wie folgt auf seiner Internetseite vor: „Jahrhundertwende“ ist eine filmische Reflexion zum Verhältnis von Aufklärung und Romantik, Spätkapitalismus und (Neo-)Nazismus. Zugleich hinterfragt der experimentelle Film das vom TV-Dokumentarfilm gewohnte Verhältnis von Publikum und gesprochenem Kommentar. Gegenwartsbilder und Zitate historischer Texte kommentieren sich wechselseitig und lassen Raum, selbst zu denken.

Als Negativfolie und Legitimationsgrundlage für den jeweils eigenen politischen Standpunkt wird der ideologische Kern des Nationalsozialismus höchst unterschiedlich interpretiert. Ein klassischer Linker etwa wird lieber von „Faschismus“ sprechen – und diesen als autoritäre Form bürgerlicher Herrschaft in wirtschaftlichen Krisenzeiten charakterisieren, die es in erster Linie dem Kapital ermögliche, munter weiter Profit zu akkumulieren; ein Liberaler wird entgegnen, der Nationalsozialismus sei gerade nicht bürgerlich gewesen, da er das Individuum unterdrückt habe und es sich im Kern um eine Form des Kollektivismus handle, die dem Kommunismus nicht unähnlich sei – schließlich heiße es ja auch Nationalsozialismus. Ein christlicher Konservativer wird sich Letzterem anschließen, jedoch Wert darauf legen, dass der Nationalsozialismus vor allem „heidnisch“ gewesen sei und die christlichen oder abendländischen Werte zugunsten eines zynischen Nihilismus verraten habe; ein „Grüner“ wiederum wird am Nationalsozialismus gern dessen Militarismus und seine – negativ zu wertenden – Modernisierungsleistungen betonen; und schließlich wäre gar die Position eines Faschisten denkbar, der argumentieren könnte, der Nationalsozialismus habe die ursprüngliche Idee des Faschismus verraten, indem er die Nation durch seine Rassenideologie gespalten habe, während es dem italienischen Original doch um die kämpferische Einheit ihrer Mitglieder gegangen sei, zu welcher der Wille zur Einordnung ins anpackende Kollektiv und nicht die Abstammung entscheidend sei – die biologistische Rassenlehre des Nationalsozialismus dagegen bleibe dem Materialismus des 19. Jahrhunderts verhaftet, den es doch gerade zu überwinden gelte.

Die Nazis, das sind die Anderen. Parallel zur begrifflichen Inflation eines politischen Schmähwortes bis zur absoluten Beliebigkeit hat die politische Linke in den Jahrzehnten seit dem Zweiten Weltkrieg eine Wende vollzogen, die einer Umkehrung ihrer Grundwerte gleichkommt: Während Karl Marx’ immanente Kritik des real existierenden Liberalismus noch dessen philosophischen Prämissen – dem Universalismus der Aufklärung – verpflichtet war, betreibt die postmoderne Linke eine von deutscher Romantik inspirierte Identitätspolitik, die ihrem politischen Widerpart – dem „Ethnopluralismus“ der Neuen Rechten – in der Ablehnung jenes Universalismus ebenso ähnelt wie in der Idealisierung lokaler Kulturen und ethnisierter Kollektive, aus deren Zwängen ihre vermeintlichen Angehörigen nicht als Individuen auszubrechen haben. So darf heute ein Diktum Carl Schmitts aus den 30er Jahren als verbindendes Credo rechter wie linker Identitätspolitik gelten: „Wer Menschheit sagt, will betrügen.“

In der Konfrontation von Gegenwartsbildern mit historischen Texten des fortschrittsoptimistischen Marxismus des 19. Jahrhunderts und der völkisch-antisemitisch grundierten Fortschrittskritik des frühen 20. Jahrhunderts möchte der Essayfilm „Jahrhundertwende“ noch einmal die Dialektik einer Aufklärung nachvollziehen, die unvollendetes Projekt blieb.

Politischer Islam – Dialog und Unterwerfung

Eine Diskussionsreihe (Update, 19.10.2018)


In Kassel wurde auf den Schriftsteller Matthias Gibert ein Brandanschlag verübt. Der HR (Molotow-Anschlag, HR, 18.10.2018) führt dazu folgendes aus: „Rundherum liegen Flugblätter, die unter anderem türkische Fahnen zeigen. […] Die Polizei vermutet einen politischen Hintergrund der Tat. Denn: Wenige Wochen zuvor hatte Gibert einen Thriller unter dem Titel ‚Tödlicher Befehl‘ veröffentlicht. Darin soll der türkische Geheimdienst im Auftakt eines – fiktiven – Staatspräsidenten regierungskritische Deutsch-Türken verfolgen und ermorden. ‚Ich vermute, dass ein Anhänger des tatsächlichen Staatspräsidenten sich beleidigt fühlt. Vielleicht sieht er auch den Staatspräsidenten beleidigt. Was anderes kann ich mir nicht erklären'“, sagt Gibert. – Im Sommer 2016 gab es eine Kundgebung der Erdogan-Anhänger in Kassel. Der Imam der DITIB-Moschee Semir Ögrünc rief dort in einer Hasspredigt gegen die Gegner Erdogans gerichtet unter anderem das Folgende:  “ … lasse sie uns vernichten und verwahrlosen, mein Herr“. So etwas kann man als Brandstiftung bezeichnen. Folgen hatte diese Rede keine. (Mehr zu dieser Angelegenheit  hier: Tag Ögrünc.)

Unter Islamismus wird gemeinhin die Ideologie von Salafisten, IS-Anhängern oder Al Qaida-Anhängern verstanden. Die sind in Nordhessen auch hin und wieder Objekte von Maßnahmen der Staatsschutzorgane. Dieser Umstand darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch nach der Brandrede des Imams auf dem Königsplatz einen offiziellen Dialog, interreligiöse Kontakte (Tag Rat der Religionen), gemeinsame Veranstaltungen mit der DITIB und der Muslimischen Hochschulgruppe gibt, dass Schulbesuche in den Moscheen der DITIB stattfinden, dass es Veranstaltungen und Zusammenarbeit von politischen Initiativen zusammen mit islamischen Gruppen gibt, Mitglieder der UETD in politischen Gremien der Stadt und in gesellschaftlichen Bündnissen agieren und dass es Verbindungen dieser Gruppen und ihrem Umfeld zur in Kassel und Nordhessen politisch dominanten SPD gibt. Auch ist nicht zu übersehen, dass der politische Islam versucht, eine gesellschaftliche und kulturelle Hegemonie in bestimmten Bereichen zu erlangen. So gibt es ein von radikalislamischen Gruppen finanziertes Fastenbrechen, öffentliche Gebete und Gebetsräume an der Uni, es gibt Versuche islamische Kindergärten zu etablieren. Nachhilfeangebote und Engagement in der sogenannten Integration von Migranten sind strategische Instrumente der Einflussnahme und in manchen Straßen ist auch in Kassel nicht zu übersehen, wie versucht wird Dominanz im öffentlichen Raum zu erlangen.

Zum Umfeld der genannten Gruppen gehören noch wesentlich radikalere Gruppen wie die Grauen Wölfe, die Milli Görüs, ATIB u.a. und es ist zu vermuten, die eher im Hintergrund agierenden Muslim Brüder. Ein Problembewusstsein über diese Entwicklung gibt es in Kassel nicht. In der HNA ist dies kein Thema, in der Stadtverordnetenversammlung wird dies, wenn überhaupt, von Einzelpersonen oder einer gesellschaftlich isolierten Partei thematisiert. In öffentlichen Veranstaltungen diskussionsfreudiger Bildungsbürger wird entweder der Weichspülgang eingelegt oder vollkommene Ignoranz bewiesen. Der Zustand des gesellschaftlichen Bewusstseins fand seinen prägnantesten Ausdruck, als der Kasseler Oberbürgermeister Bertram Hilden (SPD) aufgrund eines angemeldeten Standes der AfD auf der Herbstmesse, seinen angekündigten Besuch dort absagte, aber kein Problem darin erkennen wollte auf einer Veranstaltung der Mattenberg-Moschee (DITIB) vor Fahnen des osmanischen Reiches und der Grauen Wölfe als Sultan verkleidet aufzutreten.

Die DITIB ist nicht nur mit ihren Thesen zu den Juden in Nordhessen aufgefallen, oder durch öffentliche Hasspredigen ihres Imam auf dem Königsplatz. Die DITIB, das Umfeld der DITIB und mit dieser zusammen agierende Organisationen, Gruppen und Einzelpersonen gehören zu denen, die immer wieder antiisraelische Propaganda auch in Nordhessen betreiben. Sie gehören damit zu denen, die offen und teilweise massenwirksam Antisemitismus verbreiten. Das hier angerissene Phänomen ist kein nordhessisches Spezifikum. Bundesweit und darüber hinaus paktieren Politik und Gesellschaft, vor allem Bündnisse gegen Rassismus, gegen Rechts und für Feminismus mit eben jenen islamischen Organisationen und in einigen Städten und Regionen Europas sind teilweise drastischen Veränderungen des gesellschaftlichen Klimas und des öffentlichen Raums zu beobachten.

In der öffentlichen Debatte findet diese Entwicklung dagegen kaum einen Widerhall, geschweige denn eine kritische Reflektion. Normalzustand dagegen ist: Während offener Nazismus von der CDU bis zu den Linksradikalen verachtet wird, wird der politische Islam als die größte Bedrohung für Juden, aber auch für Demokratie und gesellschaftlichen Fortschritt insgesamt konsequent ausgeblendet. Das ist in Kassel nicht anders.

Aus diesen Gründen halten wir es für mehr als angebracht, uns dem Thema Islam erneut zu widmen.

Wir präsentieren in Zusammenarbeit und in Kooperation mit den AK Raccoons folgende Veranstaltungen:

  • 25.10.2018 Martin Stobbe: Last Night in Sweden. Vortrag und Diskussion, Beginn 19.00 Uhr
    Während Schweden auf eine von Innovation und Fortschritt geprägte Geschichte zurückblicken kann, machen sich in einigen Stadtvierteln des Landes zunehmend Erosionserscheinungen bemerkbar, die sich in der Zurückdrängung gesellschaftlicher Kontrolle zugunsten von Islamisierung und Gangherrschaft ausdrücken und im öffentlichen Diskurs unter dem Begriff der „No-Go-Areas“ vermehrt für Diskussionen sorgen.
    Martin Stobbe wird diese Entwicklungen historisch wie ideologisch nachzeichnen, um eine Grundlage zum Verständnis einer Bedrohung zu schaffen, die auch für deutsche Verhältnisse von Bedeutung ist.
  • 02.11.2018 Naida Pintul: Queerfeminismus und Islam – eine feministische Kritik. Vortrag und Diskussion, Beginn 19.00 Uhr
    Der Islam ist keine „Rasse“, sondern eine reaktionäre Ideologie und Alltagspraxis. Wie ist zu erklären, dass Religionskritik und der Kampf um nicht verhandelbare Frauenrechte von einem religions- und kultursensiblen Ansatz, der häufig jede Kritik am Islam als „rassistisch“, „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“, „rechtspopulistisch“ oder „rechtsextrem“ diskreditiert, abgelöst wurde? Welche Ideologien haben zum Ausverkauf von Frauenbefreiung im Namen des Feminismus beigetragen? Und wie kann eine grundlegende feministische Kritik des Islam aussehen?
  • 09.11.2018 Thunder in Paradise: Antisemitismus, Islam und die Willfährigkeit der Zivilgesellschaft (Das Beispiel Bildungsstätte Anne Frank). Vortrag und Diskussion, Beginn 19.00 Uhr
    Im Vortrag wird der islamische Antisemitismus als im Ursprung zivilisationsfeindlicher, modern-antimoderner Affekt gegen die als »Verjudung« empfundene Säkularisierung dargestellt. Seinen jüngsten Aufschwung erfuhr er indes als eine den objektiven Zerfall der Nationalstaaten reflektierende und beschleunigende antinationale Ideologie. Am Beispiel der angeblich um Antisemitismuskritik bemühten Frankfurter Bildungsstätte Anne Frank, die auch in Kassel ihr Unwesen treibt, wird aufgezeigt, wie auf Seiten der zivilgesellschaftlichen Agenturen des #Wirsindmehr-Deutschlands unbedingte Gegnerschaft zum Nationalismus, Verkennung des modernen Antisemitismus und Apologie des Islams #unteilbar zueinander gehören.
  • 16.11.2018 Schmalle und die Welt: Dialog und Integration – Die seltsame Rolle der Islamverbände. Vortrag und Diskussion, Beginn 20.00 Uhr
    In Deutschland stellen einzelne islamische Dachverbände den Anspruch für alle Muslim*innen im Land zu sprechen, wobei sie statistisch nur max. 20% dieser vertreten. Trotzdem werden sie in der Regel auch von der Politik als solche anerkannt. Ob nun Ditib, der selbsternannte Zentralrat der Muslime oder der Islamrat, sie alle verkaufen sich in der Öffentlichkeit als demokratische Organisationen und haben doch, laut diverser Expert*innen und staatlicher Ämter, Verbindungen zu Organisationen wie der islamistischen AKP, der Millî Görüş-Bewegung, den Muslimbrüdern oder dem Spektrum der rechtsextremen Grauen Wölfe – Organisationen die alle in Kassel eine Rolle spielen. Wer oder was sind die Akteur*innen, die Bund und Ländern als Integrationspartner*innen gelten, und gleichzeitig in ihren Gemeinden ein Islamverständnis propagieren, das zentral politische Inhalte und Ziele vermittelt und immer wieder in Reibung mit den Menschenrechten kommt? Ein Blick hinter die Kulissen von drei der vier islamischen Dachverbände.

Alle Veranstaltungen finden im Philipp-Scheidemann Haus, Holländische Straße, Kassel statt

(Weitere Infos sind auf Facebook zu finden)

Patsy l’Amour laLove: Beißreflexe

Buchpräsentation und Diskussion mit Patsy l’Amour laLove am 11. Mai 2017.
Eine gemeinsame Veranstaltung mit dem AK Raccoons und dem ASTA der Uni Kassel

Es wird das Buch der Autorin „Beissreflexe – Kritik an queerem Aktivismus, autoritären Sehnsüchten und Sprechverboten“ vorgestellt.

Foto: Dragan Simicevic Visual Arts

Queer steht für eine selbstbewusst perverse Entgegnung auf den heterosexuellen Wahnsinn und die Feindseligkeit gegen das Anderssein. Im queeren Aktivismus aber hat eine Verschiebung der Perspektive sattgefunden. Er operiert häufig mit Konzepten wie „Critical Whiteness“, „Homonormativität“ und „kulturelle Aneignung“. Ein Kampfbegriff lautet „Privilegien“ und wittert hinter jedem gesellschaftlichen Fortschritt den Verrat emanzipatorischer Ideale. Oft erweckt dieser Aktivismus den Anschein einer dogmatischen Polit-Sekte. Das Ziel ist nicht selten die Zerstörung des sozialen Lebens der Angegriffenen. In dem Sammelband widmen sich 27 Autor_innen dieser Form von queerem Aktivismus und ihren theoretischen Hintergründen aus einer Perspektive, die an die teilweise vergessene oder abgewehrte selbstbewusste Entgegnung von Queer anschließt.

Der Vortrag findet statt im Rahmen einer Reihe zum Thema: Reaktionäre Ideologien im fortschrittlichen Gewand.

Patsy l’Amour laLove, Geschlechterforscherin und Polit-Tunte aus Berlin,promoviert zur Schwulenbewegung der 1970er Jahre und arbeit als
Kuratorin sowie im Archiv Schwulen Museum* Berlin.

Veranstaltungsort: Uni Kassel, Raumangabe folgt

Beginn 18.00 Uhr

 

Über den türkischen Islamfaschismus und warum es keinen Widerstand gegen ihn gibt

Vortrag und Diskussion mit Justus Wertmüller am Fr., den 24.02.2017
Eine gemeinsame Veranstaltung des AK Raccoons und des BGA-Kassel

Die DITIB und die Milli Görüs sind in Kassel Partner des städtische geführten (religiösen) Dialoges. Beide Organisationen sind sowohl im Rat der Religionen als auch am Runden Tisch der Religionen vertreten. Dabei gehört nicht viel dazu, der fragwürdigen Ideologie, die in diesen Organisationen vertreten wird, auf die Spur zu kommen. Sowohl das BgA-Kassel als auch das AK Racoons haben zum Thema recherchiert und Statements veröffentlicht. Sowohl der Hessische Rundfunk (defacto deckt auf: DITIB, 29.01.2017) als auch die hiesige Presse, die HNA haben jüngst kritisch angemerkt (HNA-02-02-17-hetze-gegen-juden), dass innerhalb der DITIB Haß auf Christen und Juden durchaus gängig ist. Gleichwohl findet man in diesen Medien auch immer wieder das Bekenntnis zum Dialog.

Nicht zuletzt hat jedoch die Ideologie, die von DITIB und Milli Görüs verbreitet wird, unmittelbar etwas mit den politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen in der Türkei zu tun. „Dort ist seit dem 20.1.2017 alles vorbei. Das türkische Parlamant hat mit den Stimmen von Edogans AKP und der Mehrheit der Abgeordneten der nationalchauvinistischen MHP – zusammen 80 % der Abgeordneten – für die Errichtung einer Präsidialdikatatur gestimmt. Damit hat sich im Grunde wenig geändert, denn die Präsidialdiktatur, ist schon seit 10 Jahren im Vormarsch und seit dem Putschversuch vom 16.7.16 faktisch, wenn auch nicht rechtlich, Realität.“ Doch auch schon bevor die AKP in der Türkei die Mehrheit in den Parlamentswahlen erlingen konnte und Erdogan zum Präsidenten gewählt wurde, wiesen die gesellschaftlichen Verhältnisse und politischen Zustände in der Türkei auf das hin, was jetzt zu beobachten ist. Mehr zum Vortrag hier: Bahamas

Veranstaltungsort: Haus der Jugend, Mühlengasse 1, Kassel

Beginn 19.00 Uhr

Flyer

 

Ringvorlesung: Antisemitismus hat viele Gesichter – Aspekte eines gesellschaftlichen Wahns

Sprüche wie „Juden raus!“, „Jude, Jude feiges Schwein, komm herunter kämpf‘ allein!“ „Judenpack!“, usw. rufen in der Gesellschaft Abscheu und Widerspruch hervor. Mit Personen, die sich so äußern, will man nichts zu tun haben. Offener und unvermittelter Judenhass wird vor allem in rechtsextremen Kreisen und bei Islamisten artikuliert. Diese sind zwar gesellschaftlich isoliert, deswegen aber nicht harmlos. Äußern sich Personen in etablierten Parteien und Verbänden in dieser Weise, folgt meistens der Rausschmiss. Ist damit alles gut? Wir denken das nicht. Nach 1945 ist offen artikulierter Antisemitismus zwar gesellschaftlich geächtet, aber deswegen nicht verschwunden.

Umfragen belegen bis heute, dass viele Bürgerinnen und Bürger Aversionen gegen Juden hegen. Antisemitische Vorurteile existieren in abgewandelter Form weiter und strukturell dem Antisemitismus entsprechende Ideologeme finden sich in allen politischen Zusammenhängen, nicht zuletzt häufig auch in linken. Insbesondere das Thema Israel führt oft zu irrationalen und wirklichkeitsfremden Meinungsbildern und ruft Emotionen hervor. Nicht selten artikuliert sich in diesem Zusammenhang auch eine, das individuelle Urteilsvermögen lahmlegende leidenschaftliche Wut. Die Wut und der Hass auf Israel sind Ausdruck des sekundären Antisemitismus und nehmen heute eine gesellschaftlich weitgehend akzeptierte Stellvertreterfunktion des einst in Deutschland als Staatsräson geltenden und die gesellschaftlichen Bereiche durchdrungen habenden Antisemitismus ein.

Mit unserer Ringvorlesung wollen wir die unterschiedlichen Erscheinungsformen des Antisemitismus zur Sprache bringen und diskutieren. Wir können und wollen keine Credits für den Weg zur Erlangung eines akademischen Abschlusses vergeben, sondern das kritische Denkvermögen, das Interesse zur Reflexion und die Lust zum Widerspruch anregen. Wir möchten so dazu beitragen, dem Antisemitismus, der „Negativen Leitidee der Moderne“ (Samuel Salzborn), besser entgegen treten zu können.

Unsere Veranstaltungsreihe wurde durch großzügige Unterstützung des AStA der Uni Kassel möglich.

Die Veranstaltungsreihe wird zusammen mit dem AK Antisemitismus an der Uni Kassel, dem AK Raccoons, dem Infoladen an der Halitstraße und der Unabhängige Linke Liste Kassel LiLi organisiert. Sie findet im Rahmen der diesjährigen Aktionswochen gegen Antisemitismus, der Amadeu-Antonio-Stiftung statt.

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14.10.2016 Tagesseminar – Mideast Freedom Forum: Die Israelische Demokratie und der Nahostkonflikt; Infoladen, Holländische Str. 88, Kassel, Beginn 11.00 Uhr

Der Fokus des Seminars liegt darauf, Israel als demokratischen Staat vorzustellen, dessen jüdisch-nationale Gründungsbewegung – der Zionismus – wie andere nationale Bewegungen im 19. Jahrhundert entstanden ist und nach der Shoah in eine Staatsgründung mündete. In diesem Kontext wird auf den Konflikt mit den Palästinensern und den arabischen Staaten eingegangen und es werden dessen wichtigste Stationen (Unabhängigkeitskrieg 1948, Sechstagekrieg 1967, Intifadas und Osloer Friedensprozess) beleuchtet.

Zu dieser Veranstaltung ist eine Anmeldung per Email erforderlich: BgA_Kassel[at]gmx.de

21.10.2016 Stephan Grigat: Antisemitismus – Zur Kritik einer Weltanschauung; Uni Kassel Holländischer Platz, Nora Platiel Straße 5, Raum 1108, Beginn 18.30 Uhr

Die Wurzeln des Antisemitismus reichen sowohl bis in die frühchristliche und mittelalterliche als auch islamische Judenfeindschaft zurück. Der moderne Antisemitismus unterscheidet sich jedoch von der klassischen Judenfeindschaft. Wie hängt die gesellschaftliche Verfasstheit der Moderne mit dem auch als Wahn zu erklärenden Antisemitismus zusammen und worin unterscheidet sich Antisemitismus vom Rassismus und anderen Vorurteilen und Denkmodellen der Diskriminierung? In der Veranstaltung soll es darum gehen, Kontroversen um den Begriff aufzuzeigen und aktuelle Deutungsversuche des Antisemitismus zur Debatte zu stellen.

26.10.2016 Marius Mocker: „Antisemiten aller Länder…“ – der Hass auf Israel als Schnittpunkt von linkem und gesamtgesellschaftlichem Antisemitismus in Europa; Uni Kassel Holländischer Platz, Nora Platiel Straße 5, Raum 1108, Beginn 20.00 Uhr

Mit der Mobilisierung gegen angebliche israelische Kriegsverbrechen erreichte die zumindest operative Zusammenarbeit zwischen linken und islamistischen Antisemiten hierzulande einen ihrer Höhepunkte in den letzten Jahren. Warum Träger von irrationalen Ressentiments jeder Ausformung im Hass auf Israel immer einen gemeinsamen Nenner finden werden und welche Rolle dabei die diversen Fraktionen innerhalb der deutschen und europäischen Linke spielen, darüber soll diskutiert werden.

02.11.2016 Martin Kloke: Zwischen Scham und Wahn: Bilder Israels in der deutschen Öffentlichkeit; Uni Kassel Holländischer Platz, Nora Platiel Straße 5, Raum 1108, Beginn 20.00 Uhr

Wie kein Land der Welt sorgt Israel für Leidenschaften in der politischen Auseinandersetzung. Weniger Beachtung in den gesellschaftlichen Debatten findet eine scheinbar positive Identifikation mit Israel in einigen neurechten, identitären, aber auch christlich-fundamentalistischen Milieus: Wie ist der Zusammenhang von Hass und Überidentifikation zu verstehen und warum wird gerade Israel so oft zum Objekt von Obsessionen?

11.11.2016 Anna-Lena Rackwitz: Antiamerikanismus als Weltanschauung; Veranstaltungsort: Uni Kassel Holländischer Platz, Nora Platiel Straße 5, Raum 1108, Beginn 20.00 Uhr

Die Aversionen gegen Amerika sind ein entscheidendes ideologisches Bindeglied in den Querfronten. Bei Antiimperialisten, Friedensbewegten, Linksparteipolitikern und bei Anhängern diverser Verschwörungstheorien sowie bei Protagonisten der AfD und Pegida-Aktivisten als auch bei klassischen Nazis steht Amerika als ein halluziniertes Gegen-Europa oder wird als Antipode zu Deutschland angesehen. Wie wenig einerseits dieses Bild mit den konkreten Zuständen in den USA zu tun hat und warum gerade die USA diese Rolle in den emotional besetzten Weltanschauungen spielen, soll auf der Veranstaltung diskutiert werden.

16.11.2016 Thomas Maul: Der Zusammenhang von Gesetz, Erlösung und Antisemitismus im Christentum. Veranstaltungsort: Uni Kassel Holländischer Platz, Nora Platiel Straße 5, Raum 1108, Beginn 20.00 Uhr

Stünden die Christen derart im Bann des Selbstopfers, als sie sich dessen jüdisch-messianischen Sinns sowie der Dialektik von Urchristentum und Kirche mit Blick auf die Notwendigkeit rechtlicher Vermittlung in einer unerlösten Welt endlich bewusst würden, es gäbe keinen christlichen Antisemitismus mehr, es wäre das Christentum überhaupt erst bei sich selbst.

30.11.2016 Felix Riedel: Der islamische Antisemitismus. Über die Geschichtsmächtigkeit und Folgen der Enttäuschung eines erfolglosen Missionars. Veranstaltungsort: Uni Kassel Holländischer Platz, Nora Platiel Straße 5, Raum 1108, Beginn 20.00 Uhr

Im Koran findet man Lob und Bewunderung für die jüdischen Religionsgründer. Vor allem mit dem Zauberer Moses identifiziert sich der Prophet Mohammed. Wie beim Protestantismus überdecken jedoch rasch Enttäuschung des erfolglosen Missionars und Verschwörungsangst die Sympathie. Der Unterwerfung, Vernichtung und Vertreibung der jüdischen Stämme aus Mekka und Medina folgen Ghettoisierung und Diskriminierung in der islamischen Welt. Im 20. Jahrhundert entsteht das bis heute wirksame explosive Konglomerat aus traditionellem Chauvinismus, sekundärem Antisemitismus und Verschwörungstheorien.

14.12.2016 Jan Rathje: No World Order – Wie antisemitische Verschwörungsmythen die Welt verklären. Veranstaltungsort: Uni Kassel Holländischer Platz, Nora Platiel Straße 5, Raum 1108, Beginn 20.00 Uhr

Verschwörungserzählungen begleiten auch die aktuellen Krisen. „Lügenpresse“ und „Volksverräter“ sind die einschlägigen Begriffe, denen man auf Demonstrationen nicht nur rechtsextremer Bewegungen, in „alternativen“ Medien und den Sozialen Netzwerken begegnet. Die Anhängerinnen und Anhänger von Verschwörungsideologien und –mythen machen auf diese Weise deutlich, dass es sich bei den zugrundeliegenden Erzählungen eben nicht ausschließlich um Unterhaltung handelt, sondern ihnen der Wunsch nach der Vernichtung von Widersprüchen innewohnt. Funktionen und Ursachen von Verschwörungsideologien sowie gesellschaftliche Probleme, die aus ihnen erwachsen, sollen der Diskussion gestellt werden.

18.01.2017 Laura Luise Hammel: Fällt leider aus!

25.01.2017 Sebastian Mohr: Boykott des Friedens – Zur Aktualität der Israel-Boykott-Bewegung. Veranstaltungsort: Uni Kassel Holländischer Platz, Nora Platiel Straße 5, Raum 1108, Beginn 20.00 Uhr.

Der im Juli 2005 erfolgte „Aufruf der palästinensischen Zivilgesellschaft zu BDS“ gilt als zentraler Referenzpunkt für die derzeit wohl weltweit aktivste anti-israelische Kampagne. Die dort festgeschriebenen zentralen Forderungen bedrohen in ihrer Konsequenz die Existenz des jüdischen Staates. BDS wirbt für umfassende akademische, kulturelle und wirtschaftliche Boykotte, sowie für eine politische Isolation Israels. Im Zusammenhang mit BDS-Aktionen kommt es immer wieder auch zur Gewalt gegen politische Gegner. Insbesondere Jüdinnen und Juden, die sich nicht offen gegen Israel aussprechen, werden durch deren Aktivitäten in ihrer Meinungsfreiheit beschränkt und zunehmend isoliert. Ein häufiger Schauplatz dabei sind Universitätseinrichtungen in den USA und Europa.

01.02.2017 Merle Stöver: Korrespondenzen antisemitischer Ideologie mit feministischer Theorie und Praxis. Veranstaltungsort: Uni Kassel Holländischer Platz, Nora Platiel Straße 5, Raum 1108, Beginn 20.00 Uhr

Feminismus stellt eine gesellschaftliche Notwendigkeit dar und muss immer Teil einer Gesellschaftsanalyse- und Kritik sein. Doch mit Blick auf gesellschaftliche Missstände, sehen wir das Fortleben antisemitischer Ideologie, die weder vor linken Kontexten noch vor feministischen Gruppierungen und ihren Gesellschaftstheorien Halt macht. Daher gilt es zu untersuchen, ob es unter Feminist*innen bzw. im Feminismus Antisemitismus gibt und auf welche Art und Weise sich dieser äußert.