Auch Bedienstete der Uni Kassel stellen sich vor antisemitische Universitäter

An verschiedenen Universitäten des Landes ist es wie in den USA zu Solidaritätsbekundungen für Palästinenser im Gaza gekommen. Dabei wurde z.T. offen für die Hamas Sympathie bekundet, es wurden die Parolen „Free Palestine!“ und „From the River to the Sea …“ skandiert, die beide für „Juden raus aus Palästina!“ stehen. Bei den verschiedenen Aktionen wurden Juden und Personen bedroht, z.T. auch körperlich angegriffen, die sich dazu bekannten für Israel einzustehen oder sich gegen Antisemitismus zu stellen.1 Nach einer weiteren Besetzung eines Gebäudes der Humboldt-Uni bei der auch Parolen der Hamas verwendet wurden, räumte die Polizei das Gelände.2

Gegen diese Räumung wendet sich nun ein Statement, das über 1.000 an den Universitäten tätige Personen unterzeichnet haben. Dort heißt es „unabhängig davon, ob wir mit den konkreten Forderungen des Protestcamps einverstanden sind, stellen wir uns vor unsere Studierenden und verteidigen ihr Recht auf friedlichen Protest, das auch die Besetzung von Uni-Gelände einschließt.“ Der im Statement gemeinte Protest in den letzten Monaten war nicht friedlich und es war der Protest der aktuell an den Universitäten ihr Unwesen treibenden Antisemiten und Israelhasser. Die Unterzeichner geben mit ihrem Statement diesen Protestierenden Rückendeckung. Bezogen auf die Proteste an der Berliner Universität heißt es dort u.a.: „Angesichts der angekündigten Bombardierung Rafahs […] sollte die Dringlichkeit des Anliegens der Protestierenden […] nachvollziehbar sein, […].“ Israels Regierung kündigte zu diesem Zeitpunkt an, gegen die sich in Rafah verschanzende Hamas mit militärischen Mitteln vorzugehen. Die Hamas ist bekanntlich eine Organisation, die offen den Mord an den Juden und die Vernichtung Israels propagiert und dies am 7. Oktober auch in grauenvoller Weise umsetzte. Die Unterzeichner unterstützen also den Protest gegen die Aktion der Israelischen Armee, gegen die heutzutage schlimmsten Judenmörder vorzugehen. Sie betonen ferner: „es ist keine Voraussetzung für grundrechtlich geschützten Protest, dass er auf Dialog ausgerichtet ist.“3 Mit diesem Satz stellen die Unterzeichner sich außerdem schützend vor die von den Palästina-Aktivisten gewählte Form des Protests, der die Einschüchterung von Juden einschließt.

Der Brief ist in einer Zeit veröffentlicht worden, in der sich als Juden erkenntlich zeigende Studentinnen und Studenten an den Universitäten sich unsicher und bedroht fühlen und es wiederholt zu gewalttätigen Übergriffen kam. Die Universitäten sind wie Straßen und ganze Stadtviertel europäischer Städte zu einem Ort der Angst für Juden und Menschen geworden, die für den Staat Israel einstehen. Das ist auch an der Universität Kassel so.4

Zu den Unterschriftstellern von der Universität Kassel gehören:

Aram Ziai und Oliver Pye, Professoren an der Universität Kassel
Miriam Schickler, Johanna Schaffer, Angela Anderson, Annette Weisser, Mounira al Solh, alle Kunsthochschule Kassel
Juri Kilian, Frauke Banse, Iva Marčetić, Melehat Kutun, Anil Shah, Çağan Varol, alle Universität Kassel

Die aktuell an die Universität Kassel berufene Gastprofessorin Galit Noga-Banai, der es auch um die kritische (Henryk M. Broder) Auseinandersetzung mit der jüdischen Gegenwart geht, hat den Aufruf nicht unterzeichnet. Dafür gab sie dem Hessischen Rundfunk zu Protokoll, dass an der Universität Kassel ein liberales Klima herrsche und dass der Protest gegen Israel nicht nur legitim sei, sondern ihm eine Dynamik zu wünschen sei.5

Die Situation an den Universitäten erinnert an die Situation der späten zwanziger Jahre, als deutsche nationalsozialistisch gesinnte Studenten die Universitäten zunehmend dominierten, Juden angriffen und dazu beitrugen, dass schon kurz nach der Machtübernahme der NSDAP einige Universitäten als „judenfrei“ galten. Es gibt freilich Unterschiede zur Situation an den Universitäten von heute zu der von damals: Deutschland ist heute weit von einer Machtübernahme durch Nazis entfernt, die Bedrohung für jüdische Studentinnen und Studenten geht heute weitgehend von linken Aktivisten und ihren arabischen und islamistischen Verbündeten aus, und es gibt heute einen jüdischen Staat, der für alle Jüdinnen und Juden auf der Welt eine Rückversicherung für den Fall darstellt, dass der Antisemitismus wie 1933 erneut zur Staatsräson wird. Dieser Staat ist das Hassobjekt der Protestierenden an den Universitäten.

  1. Was passierte wirklich im besetzten Hörsaal der Freien Universität? Jüdische Allgemeine, 06.02.2024. ↩︎
  2. Polizei räumt Humboldt-Uni – In Siegerpose skandieren die Aktivisten „Viva Palästina”, Welt, 24.05.2024. ↩︎
  3. Statement von Lehrenden an Berliner Universitäten. ↩︎
  4. Im Artikel „Werden deutsche Unis zu No-go-Areas?: Jüdische Studierende klagen an“ (Tagesspiegel, 07.02.2024) schildern jüdische Studenten verschiedener Universitäten und aus Kassel ihre Erfahrungen von Übergriffen und Bedrohungen. ↩︎
  5. Kunsthistorikerin übernimmt Kasseler Rosenzweig-Professur „Antisemitismus und Antizionismus sind für mich zwei verschiedene Dinge“, hessenschau, 15.05.2024. ↩︎

„Wollt ihr auf der richtigen Seite der Geschichte stehen!“

„Der Campus gehört uns!“

Antisemitismus hat sehr viel Platz in Deutschland. Er hat sich breitgemacht, in Kinderköpfen und auf Schulhöfen, in Hörsälen, in Moscheen, auf Social-Media-Kanälen, in bestimmten linken Milieus und Kulturstätten, auf der Straße und bei jeder Pro-Palästina-Demo sowieso. […] Nach dem 7. Oktober fanden – geeint in ihrem Judenhass – Menschen zusammen, die ideologisch zusammengehören und deren Bündnisse eine Herausforderung für die Vernunft sind. Es braucht starke Allianzen gegen diese Menschenfeinde.
(Güner Balci)1

Die überregional organisierten „Nakba-Wochen“ fanden auch einen Widerhall an der Kasseler Universität. Ca. 200 Personen versammelten sich am Mittwoch, den 15. Mai 2024, auf den Campus und skandierten die üblichen Parolen, darunter „Free Palestine!“, „From the River to the sea, Palestine will be free!“ Beide Parolen stehen für: „Juden raus aus Palästina!“ Versuche, diese Parolen zum Straftatbestand zu deklarieren, waren bisher erfolglos. Doch auch der landauf, landab und auch auf dieser Kundgebung mehrfach erhobene Vorwurf vom Völkermord oder vom Genozid an den Palästinensern sollte jede und jeden, dessen Urteils- und Erinnerungsvermögen noch nicht gänzlich getrübt ist, davon überzeugen, dass wir es mit einer Horde von Antisemiten zu tun haben, die in ihrer eigentümlichen Weise die bestialische Untaten ihrer Schützlinge aus dem Gaza auf die Armee projizieren, die den Judenmördern den längst überfälligen Garaus hoffentlich bald bereiten wird. Das Pogrom vom 7. Oktober scheint, obwohl mehrfach beschrieben, im kollektiven Gedächtnis verdrängt. Anders kann man den Umstand nicht erklären, dass das Vorgehen der israelischen Armee gegen den Unstaat Gaza und seiner bewaffneten Pogromisten nicht nur von den jüngst sich an der Universität Kassel zusammenrottenden Antisemiten sondern sowohl von der Politik, von den meisten Medien und der sog. Zivilgesellschaft skandalisiert wird.

Die Dynamik des Protests ist willkommen.

Mit der Kundgebung am 15. Mai fand zum wiederholten Male eine israelfeindliche Hetzveranstaltung vom Bündnis Yousef Shaban statt, dem sich die einschlägigen Gruppen Unidiversität, SDAJ, RUK und die Deutsch-Palästinensische Gesellschaft anschlossen. Auch Aktivisten der Partei Die Linke, der GEW, die Betreiber des Café Buch-Oase, die Vereinsmeier und Berufspalästinenser des Vereins Palästinensische Gemeinde Kassel und Kader der mit den Terrororganisationen PFLP und DFLP verbundenen MLPD waren zugegen. Der zuletzt in die Schlagzeilen geratene Gastprofessor Oliver Pye2 protestierte nicht gegen die Versammlung der Antisemiten, indem er ihnen ein „Alerta, Alerta Antifascista!“ entgegenrief, sondern tummelte sich Beifall klatschend unter den Teilnehmern, zu denen auch einige Islamisten und ein stadtbekannter Querfrontler gehörten. Sie alle eint nicht nur der Hass auf Israel und auf Juden, die sich der Idee von einer jüdischen Nation verbunden fühlen, sondern auch der pauschale Hass auf den Westen, der ihre unverbrüchliche Verbundenheit mit dem sich seit den sechziger Jahren als „Palästinenser“3 betrachtenden Volkes besiegelt.

Mustafa Saleh, auf den wir schon ausführlich eingegangen sind4, heizte die Menge an. Er spornte sie an, den Schlachtruf „From the River to the Sea …“ zu skandieren, was diese lautstark dann auch tat. Er forderte in seiner Ansprache einen „dauerhaften Waffenstillstand“ im Gazastreifen und im „historischen Palästina“. Mit „historischen Palästina“ meinte der aus Syrien kommende Aktivist das Staatsgebiet Israels. In Israel gibt es keinen Krieg. Dort leben die israelischen Staatsbürger – neben ca. 7 Millionen Juden auch knapp 2 Millionen Araber, 300.000 Drusen und andere kleinere Minderheiten – friedlich nebeneinander und tragen ihre sich gelegentlich auch zuspitzenden politischen Streitigkeiten, wie es sich in einer Demokratie gehört, durch Debatten, Demonstrationen, Wahlen und juristische Auseinandersetzungen aus. Mit dem von der Hamas regierten Gaza existierte ein Waffenstillstand, den nicht Israel, sondern die Hamas am 7. Oktober 2023 durch ein antisemitisches Pogrom schändlich brach. Eine friedliche Lösung des Streits um die Westbank scheiterte trotz unzähliger Verhandlungsrunden an der Gewalttätigkeit diverser auch der Fatah zuzuordnenden Gruppen und vor allem an der Weigerung aller palästinensischen Gruppierungen, das bis zur letzten Verhandlungsrunde im Jahr 2008 kompromissbereite Israel als jüdischen Staat anzuerkennen.

Der Campus gehört uns

Ahmed Ezawik von der Hochschulgruppe Unidiversität arbeitete sich an der Erzählung von der „Nakba“ ab. Mit „Nakba“ ist die Flucht und Vertreibung von ca. 700.000 palästinensischen Arabern gemeint, zu der es in Folge des Angriffs- und beabsichtigten Vernichtungskrieges der arabischen Staaten gegen den gerade gegründeten Staat Israel kam. Die israelischen Einheiten konnten die oft unkoordiniert und schlecht angeführten Angriffe abwehren und ihrerseits die Stadt Akko und Jaffa sowie einige Dörfer und Landstriche erobern, um so das schwer zu verteidigende, dem jüdischen Staat gemäß der UNO zugesprochene Gebiet zu arrondieren. Angesichts der siegreichen israelischen Truppen und antisemitischer Propaganda arabischer Demagogen flohen viele Araber aus den Städten Haifa, Jaffa und Akko, Bewohner vieler kleinerer arabischer Siedlungen und Dörfer wurden auch vertrieben, weil man sie als feindliche Bürger in einem aufzubauenden Staat nicht akzeptieren wollte. Ezawiks vorgetragener Satz „80 % der Palästinenser wurden von den zionistischen paramilitärischen Milizen Stern, Haganah vertrieben und kaltblütig ermordet“ zeigt auf, dass auch dieser Redner, die Realität des gerade gegründeten Staates Israel nicht nur nicht anerkennt, sondern auch geflissentlich verschweigt, was der Flucht und Vertreibung vorausging. Auch das konsequente Verschweigen der Tatsache, dass Juden aus mehreren arabischen Staaten u.a. auch aus der von jordanischen Truppen 1948 besetzten Altstadt Jerusalems komplett vertrieben wurden, gehört zum Zerrbild, welches die Erzählung von der Nakba über die historischen Ereignisse zeichnet. Nachdem Ezawik die Behauptung verbreitete, dass die ethnische Säuberungen, Massaker und Vertreibungen bis heute anhielten und nicht nur „Palästina“ beträfen, sondern – verantwortet von den USA – auch Ägypten, Syrien und den Irak, skandierte er: „Der Campus gehört uns!“

Die Sprecherin der SDAJ forderte alle Kontakte zu israelischen Universitäten abzubrechen und faselte etwas von einem kommenden großen Krieg, in dem „wir alle verheizt“ werden sollen, von einem „nächsten großen Genozid“ und einem „3. Weltkrieg“. Dass sie damit Europas inkonsequente Unterstützung des ukrainischen Abwehrkampfes gegen die Angriffskrieger Russlands zu einer Vorbereitung eines großen Krieges gegen Russland umlog, konnte man ob der verrückten These nur vermuten. Ähnliche Anzeichen massiver kognitiver Dissonanz zeigte sich in der dem begeisterten Publikum vorgegebenen Parole, im Gaza würden Frauenrechte gegen die Israelis verteidigt. Wahrhaftig ein Gipfel des Unsinns, wenn man die Lebensrealität der allermeisten Frauen in Gaza, in den palästinensischen Autonomiegebieten wie in allen anderen arabischen Staaten sich vor Augen hält.

Gegen den Westen

Die Sprecherin der Politgruppe RUK trötete in ihrem Beitrag die Behauptung heraus, „Studierende haben immer auf der Seite der Unterdrückten gestanden“ und forderte ein „klares Zeichen gegen den Westen.“ Sie bezog sich damit vielleicht auf die Proteste ihrer Eltern, die schon 1968ff Stimmung gegen den Westen und Israel machten und dabei den Hasardeur Che Guevara, den autoritären Kommunisten Ho Chi Minh und die Terroristenbraut Leila Chaled zu Ikonen auserkoren. Anstelle historischer Kenntnisse um die Proteste ihrer Großeltern gegen den Einfluss des „Weltjudentums“ an den deutschen Universitäten und um die ihrer Urahnen gegen jüdische Schriftsteller auf dem von deutschtümelnden Studenten ausgerichteten Wartburgfest im Jahre 1817 dürfte ein schwarzes Loch in den hohlen, von postmoderner Ideologie vernebelten Birnen der Aktivisten auf dem Campus von heute existieren.

Zum Schluss trug der Mitbetreiber des Café Buch-Oase, Jörg Ulloth, das „Gedicht“ Erich Frieds „Eure Toten – Die Palästinenser an die Zionisten“ vor, das man nicht ohne Grund auf der islamistischen Internetseite „Enzyklopädie des Islam“ (eslam.de) findet und das man als eines der schändlichsten und niederträchtigsten der antisemitischen Pamphlete gegen den Staat der Überlebenden eines „Kulturschaffenden“ bezeichnen muss. Folgende Zeilen verdeutlichen nicht nur die Täter-Opfer-Umkehr und die Verwendung judenfeindlicher Stereotype sondern die Ansprache „Ihr“ macht klar, dass für die vermeintlichen Missetaten der israelischen Armee nicht nur die Bewohner Israels verantwortlich gemacht werden, sondern auch die Nachkommen aller Holocaustüberlebenden: Jetzt aber seid ihr Machtanbeter und Mörder geworden // und werft Bomben auf eure Opfer wenn sie sich wehren // Ihr vertreibt die Machtlosen aus ihren niederen Hütten // Ihr kommt rasselnd in rasenden Panzern // Ihr lasst das Sprühgift // aus euren Flugzeugen regnen // nieder auf unsere Felder // und euer Napalm auf unsere Frauen und Kinder.

Der ASTA der Universität Kassel erklärte in begrüßenswerter Klarsicht folgerichtig, das Bündnis Youssef Shaban trage mit ihrer Versammlung zur „Einschüchterung von Kommiliton*innen“ bei und predige die „Fortsetzung des Krieges“. Ferner führt der ASTA in der Erklärung aus, dass das Bündnis Yousef Shaban den Campus dazu benütze, „eine revanchistische Nakba-Erzählung zu verbreiten.“ Es folgt in der Erklärung die weitgehend korrekte Darstellung der historischen Ereignisse rund um den arabischen Angriffskrieg auf das gerade gegründete Israel.5

Recht auf gewaltsamen Widerstand

Der Journalist, der in Nordhessen und Kassel die Öffentlichkeit maßgeblich beeinflussende HNA Matthias Lohr outete sich als historisch desinformierter Traumtänzer. Er erklärte in einem Kommentar die den historischen Fakten weitgehend Rechnung tragende Stellungnahme des ASTA als „intellektuelle Bankrotterklärung“. (HNA, 16.05.2024) Am Tag zuvor ließ Lohr Professor Aram Ziai in einem Interview umfassend zu Wort kommen. Auch wenn der Professor, trotz seiner im Interview vorgetragenen manifesten Lügengeschichten über den friedlichen Charakter der BDS-Bewegung nicht die primäre Quelle des am „Tag der Nakba“ vor der Zentralmensa präsentierten Schwachsinns sein dürfte, so spielt er bei der Herausbildung des judenfeindlichen Klimas an der Universität Kassel dennoch eine nicht zu unterschätzende Rolle. Ziai verkündete in der HNA am 15. Mai stolz: „Studierende meines Jahrgangs haben zuletzt ebenfalls Protestveranstaltungen wegen des Krieges organisiert.“ Ziai meinte ferner in Bezug auf die Intifada, es gäbe ein Recht auf gewaltsamen Widerstand. Dass die Intifada eine orchestrierte Aktion palästinensischer Aktivisten gegen einen möglichen Friedensvertrag mit der israelischen Regierung war, unterschlägt der gewiefte Professor. Doch nicht nur im Nahen Osten hat er Verständnis für Terror und Gewalt gegen Juden, auch die Einschüchterung jüdischer Studenten durch die Studenten seines Jahrgangs an der Universität Kassel log er sich in dreister Weise damit zurecht, dass diese nicht erkannt hätten, dass die Angegriffenen Juden gewesen seien. Die Schilderungen über Bedrohungen, einschlägige E-Mails und offen judenfeindliche Anfeindungen gibt es auch aus Kassel.6 Ziai schert das nicht, den Angreifern wäre es schließlich nicht um Juden gegangen, sondern, so schwadronierte der ignorante Professor, „um die Handlungen des Staates Israel.“ (HNA, 15.05.2024)

Eine Professorin aus Israel, die den Namen ihres Landes nicht richtig findet. „ […] bei uns, in Palästina, in Israel – oder um die richtige Definition zu nutzen: im Heiligen Land.“

Ziai erhält Schützenhilfe von der jüngst an die Universität Kassels berufenen Gastprofessorin Galit Noga-Banai, die die weltweiten Proteste gegen die israelische Regierung für legitim erachtet. Vom von einem Studenten eindrücklich geschilderte judenfeindliche Klima an der Kunsthochschule Kassel7 hat sie bis dato nichts bemerkt. Die Dynamik der Proteste, die nicht nur an den verschiedenen Universitäten zu Gewalttaten gegen Jüdinnen und Juden führt(e) heißt sie willkommen. Zu guter Letzt hofft sie, dass die Mehrheit verstehen wird: „Antisemitismus und Antizionismus sind zwei unterschiedliche Dinge.“8 Zur Weltanschauung der Antisemiten gehört es, zwanghaft Juden zu präsentieren, um ihrem antisemitischen Wahn die Weihe der Wahrhaftigkeit zu verleihen. Es wird nicht nur den Professor Ziai und Herrn Lohr freuen, sondern die gesamte israelfeindliche Internationale, dass es mal wieder eine Professorin aus Israel ist, die versucht den Hass auf Juden zu bestreiten, den Hass auf den jüdischen Staat zu rationalisieren und vom Antisemitismus freizusprechen.

Ein guter Tag für den Diskurs

Man sollte meinen, dass ein Dialog, mit dem sich selbst zum Feind des Westens erklärenden Personenkreis, überflüssig ist, ja dass ein solcher Dialog der erste Schritt zur Anerkennung dieser vom Wahn besessenen Politaktivisten ist. Weit gefehlt. Lohr spricht im bereits erwähnten Kommentar angesichts der Machtdemonstration des antiisraelischen Mobs von einem „guten Tag für den Diskurs“. Die Aktivisten für die palästinensische Sache hätten zwar auch „Blödsinn“ verbreitet. In der am 15. Mai zu bestaunenden Manifestation antisemitischen Wahns auf dem Campus sah Lohr einen Ausdruck davon, „dass man auch in Deutschland harte Kritik an der Politik Israels äußern kann, ohne als Antisemit abgestempelt zu werden.“ (HNA, 16.05.2024) Was hier aus Lohr spricht ist der deutsche Wunsch, dem jüdischen Staat Mores zu lehren und unter das Kuratel deutscher Moral nach dem Motto zu stellen, gegen Faschismus nie wieder Krieg zu führen. Dass es mit der von Lohr in den Mob hineingeheimnisste Friedfertigkeit nicht besonders weit her ist, konnte man in der Vergangenheit angesichts der Dynamik des Protests, die sich angesichts eines kleinen Infostandes des Jungen Forum DIG entfaltete, auch auf den Campus in Kassel beobachten.9

  1. Günter Balci, Zum Geleit, in: Siebter Oktober Dreiundzwanzig, (Hg) Vojin Saša Vukadinović , Berlin 2024. ↩︎
  2. Nach Vorfall in Vorlesung: Uni-Dozent verteidigt Antifa-Parole, HNA, 25.04.2024 ↩︎
  3. Schon 2011 stellte der US-amerikanische Politiker Newt Gingrich völlig richtig fest, die Palästinenser seien ein erfundenes Volk. Siehe: Ulrich Sahm, Es waren einmal Palästinenser, in: Jüdische Allgemeine, 13.12.2011. ↩︎
  4. Israelhass stellt sich in Kassel zur Wahl, Bündnis gegen Antisemitismus Kassel, 25.09.2023. ↩︎
  5. ASTA der Universität Kassel, Stellungnahme zur heutigen Demonstration um 12:30 Uhr vor der Mensa, Post auf Instagram. ↩︎
  6. Im Artikel „Werden deutsche Unis zu No-go-Areas?: Jüdische Studierende klagen an“ (Tagesspiegel, 07.02.2024) schildern jüdische Studenten verschiedener Universitäten und aus Kassel ihre Erfahrungen von Übergriffen und Bedrohungen. ↩︎
  7. Siehe Fußnote 6. ↩︎
  8. Kunsthistorikerin übernimmt Kasseler Rosenzweig-Professur „Antisemitismus und Antizionismus sind für mich zwei verschiedene Dinge“, hessenschau, 15.05.2024. ↩︎
  9. Siehe die Schilderung eines betroffenen Studenten aus Kassel. (Fußnote 6). ↩︎

Literaturhinweise:
Alex Feuerherdt, Florian Markl, Die Israel-Boykott Bewegung. Alter Hass in neuem Gewand, Berlin, Leipzig, 2020.

Benny Morris, 1948. Der erste arabisch-israelische Krieg, Berlin Leipzig 2023.


Nathan Weinstock, Der zerrissene Faden. Wie die arabische Welt ihre Juden verlor. 1947 – 1967, Wien 2019.