Kassel sei eine Hochburg der Bulgaren. 1.800 von ihnen würden derzeit in Kassel wohnen. In Kassel leben etwa 200.000 Menschen. Die bedrohlich klingende Rechnung der HNA, die Zahl der Bulgaren hätte sich verzehnfacht, sieht also ganz anders aus, wenn man sich vergegenwärtigt, dass es sich um einen Anteil von 0,9 % der Kasseler Bevölkerung handelt.
Was die Zeitung sich nicht traut ist die Schlagzeile: Die Zahl der Zigeuner hat sich in Kassel verzehnfacht, Kasseler achtet auf Euer Eigentum! Aber wer will, kann dies aus dem Artikel so lesen, denn bei den Menschen aus Bulgarien, so die HNA, handele es sich vorwiegend um Roma.
Weiter werden im Artikel dann „Experten“ zitiert. „Ein Problem ist nach Ansicht von Experten die Tatsache, dass viele Roma kein Verhältnis zum Eigentum hätten.“ Es wird hier zwar der Konjunktiv bemüht, aber für den geneigten Leser ist das Wort „Experten“ das Entscheidende. Es wird ein Gerücht gestreut, dieses wird mit dem Anschein des Seriösen versehen und dann folgt, aber wir sind keine Antiziganisten oder Rassisten, wir wollen doch nur Helfen.
Dass die Verhältnisse elend, perspektivlos und unmenschlich sind, in denen Roma auf dem Balkan und in anderen europäischen Staaten leben, wird zwar annonciert, auch merkt die Zeitung an, dass es Hilfe in Kassel gibt, doch wen interessiert es – die Leserkommentare zeigen es.
Früher hieß es im Volksmund, „Die Zigeuner kommen, hängt die Wäsche von der Leine!“ Ein Ausruf, der Ausdruck eines Vorurteils war, welches der Leser also jetzt von „Experten“ bestätigt sieht. (jd)
Das „wird man ja wohl mal sagen dürfen“ ist stets nicht weit von den „Experten“. So wie auch der Geruch von fauligen Wasser stets den Weg zum trüben Tümpel weist.