Israelhass stellt sich in Kassel zur Wahl

(Update: 02.10.2023)

Am 8. Oktober 2023 wird in Hessen ein neues Parlament gewählt. Zur Wahl stellt sich in Kassel eine Liste mit dem Namen Solibew. Für diese Liste oder Partei kandidieren Mustafa Saleh und Abdullhadi Husein. Ihr Wahlslogan lautet: „Für eine gleichwertige Gesellschaft“. Wie das Attribut „gleichwertig“ semantisch sinnvoll auf „Gesellschaft“ bezogen werden soll, dürfte das Geheimnis der Kandidaten bleiben. Es stellen sich aber auch noch andere Fragen. Wofür steht diese Liste sonst und wer sind die Kandidaten? Für gewöhnlich findet man im Netz ausführliche Informationen über Parteien und Listen, ein Programm oder Interviews der Kandidaten, die sich zur Wahl stellen. Zur Liste Solibew finden sich jedoch lediglich die spärlichen Informationen des Amtsblatts der Stadt Kassel.1 Diesem ist zu entnehmen, dass Solibew Solidaritätsbewegung bedeutet. Dort heißt es weiter, dass die beiden Kandidaten in Damaskus geboren wurden und jetzt in Kassel leben und studieren. Auf LinkedIn stellt sich Husein zudem als „Wokshoper“ (sic!) des Sozialen Friedens Dienst (SFD) e.V. vor. Auch die beiden Ersatzkandidatinnen agieren für den SFD e.V..2 Ferner hat die Hessenschau in ihrem Kandidatencheck Saleh kurz vorgestellt.3 Dieser stellt im larmoyanten Ton ein paar Allgemeinplätze für eine Integrationspolitik vor, die man nicht anders bei Parteien SPD, Die Linke und bei den Grünen finden dürfte und die, abgesehen von der Forderung nach muttersprachigen Unterricht selbst bei FDP und CDU kaum auf Widerspruch stoßen dürften. Auf dem Veranstaltungsportal des Café Buch-Oase erfährt man, dass Saleh und Husein in mehreren antirassistischen Programmen engagiert seien und in einem „palästinensischen Flüchtlingslager“ bei Damaskus geboren wurden. Beide seien 2015 als staatenlose Palästinenser aus Syrien nach Deutschland gekommen und hätten mittlerweile die deutsche Staatsangehörigkeit.4

Aktivist in den Gremien

Saleh ist Mitglied im Ausländerbeirat Kassel. Dort vertritt er als Palästinenser die Liste Kassel International.5 An der Universität sind er und sein Kompagnon Husein Mitglieder der Liste Unidiversität. Immerhin dort sind ein paar Programmpunkte der Liste zu finden: Förderung der Chancengleichheit, für Sensibilisierung und Bildung für Vielfalt, die Schaffung inklusiver Räume usw.. Die Liste Unidiversität führt mittlerweile einen Instagram-Account, auf dem die Verbundenheit der studentischen Gruppe mit der Listenverbindung Solibew. deutlich wird.6 Er war darüber hinaus tätig beim AStA der Universität Kassel für das Referat für Soziales und Antidiskriminierung.7

„Genosse Mustafa Saleh“

Verbindungen zur DFLP

Auf dem Facebookaccount des Vereins Palästinensische Gemeinde Deutschland (PGD)8 wurde Saleh am 4. März 2021 als „Aktivist aus der palästinensischen Gemeinschaft“ und „Genosse“ vorgestellt. Auch seine Störaktion gegen eine Kundgebung in Göttingen, die sich gegen die Verleihung des Friedenspreises an den notorischen Verein Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost richtete9 und sein Auftritt auf dem Ostermarsch in Kassel werden von der PGD auf Facebook dokumentiert.

„Unsere Kameraden …“

Der Vorsitzende der PGD ist der Arzt Dr. Hamad Khaled. Kahled selbst sieht man auf einem Bild, das ihn auf einer Sitzungen unter der Fahne der DFLP zeigt. Auf dem Facebookaccount der PGD finden sich weitere Fotos und Berichte von Versammlungen unter der Fahne der DFLP. Auch werden immer wieder Stellungnahmen der DFLP gepostet. Die PGD ist unschwer als eine Vorfeldorganisation der antizionistischen und israelfeindlichen Kampforganisation DFLP10 zu erkennen.

Dr. Hamad Khaled, Vorsitzender der PGD auf einer Versammlung, (Quelle: Facebookaccount, 12.02.2018)

Der Kölner Ableger der PGD veranstaltete im Jahr 2020 eine gemeinsame Kundgebung mit den PFLP-Sympathisanten der MLPD.11 Die PGD gehört zu den Organisationen in Deutschland, die die antisemitische BDS-Bewegung unterstützen.12 In Kassel organisierte die PGD im Jahr 2017 eine antisemitische Kundgebung. Auf dieser Kundgebung wurde der antisemitische Schlachtruf „Khaibar Khaibar ya yahud jaish muhammad sa yahud!“ direkt am Rathaus Kassel skandiert.13

Saleh wird also als Genosse und Kamerad von einer in Deutschland agierenden Gruppe genannt, die mit der gewalttätig gegen Israel vorgehenden DFLP verbandelt und eng verbunden ist.

Die kaum Beachtung findende Facebookgruppe Palestinian Lives Matter Kassel stellt Saleh mehrfach als „unser guter Freund Musti“ vor. Diese Facebookgruppe gibt es seit der Kasseler Kundgebung anlässlich des Todes George Floyds auf der auch die Initiatoren dieser Gruppe auftraten. Die PGD hat auch deren ersten Facebookauftritt am 06. Juni 2020 dokumentiert. Die Facebookgruppe Palestinian Lives Matter – Kassel ist unschwer als linksorientierte palästinensische Gruppe zu erkennen, die auch mehrfach Propaganda der Vorfeldorganisation der Terrororganisation PFLP Samidoun14 verbreitete. Diese politische Szene verbindet eine Art Hass-Liebe zur Hamas. Doch wenn auch mal die Hamas und die Palästinensische Autonomiebehörde, bzw. die Fatah angegiftet werden, der Hauptfeind bleibt Israel. Und so wird von der Kasseler Gruppe selbstredend gegen die Normalisierung der Beziehungen arabischer Staaten wie zum Beispiel Marokko zu Israel gestänkert.

Kämpfer der DFLP beim Volkstanz und in szenetypischer Tracht entrichten ab Minute 1:35 den landesüblichen Gruß

Saleh trat zusammen mit seinem Kameraden Husein am 3. September diesen Jahres im Café Buch-Oase im Rahmen der Kasseler Museumsnacht zur nationalen Befreiung des palästinensischen Volkes auf. Dort hielten beide im Rahmen der von dem Vorstandsmitglied der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft (DPG) Ursula Mindermann kuratierten „Foto-Ausstellung „Heimat“ – Voices from the Palestinian Diaspora “ einen Vortrag.15 Die DPG gehört ebenfalls zu den Organisationen, die die antisemitische BDS-Bewegung unterstützen und hat laut israelischen Erkenntnissen Verbindungen zur Muslim-Bruderschaft.16 Der mit dem Café Buch-Oase eng verbundene Verein Palästinensische Gemeinde Kassel hatte 2018 die als Sympathisantin der DFLP geltenden „Spoken Word Künstlerin“ auftretenden Faten El in das Café Buch-Oase eingeladen.17 Der Auftritt Salehs und Huseins ist kein Zufall, sondern hat Methode.

Kasseler Indifferenz

Saleh wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht in den hessischen Landtag gewählt. Auch dürften seine für ihn oder seine Liste abgegebenen Stimmen unter ferner liefen abgeheftet werden. Antizionistisch gesinnte Kandidaten sind in anderen Parteien keine seltenen Ausnahmen, sie sitzen im Bundestag und sind bis hin in den diplomatischen Apparat und des Auswärtigen Amts vertreten. Doch die politischen Verbindungen für die Saleh und das Café Buch-Oase stehen, sind keine Randerscheinung in Deutschland, sondern nur der extreme Ausdruck des gesellschaftlich geduldeten Antisemitismus in Form des aggressiven Antizionismus und der etwas konzilianter auftretenden Israelkritik.

In Kassel interessieren solche Verbindungen und Zusammenhänge niemanden und sorgen auch für keinerlei Aufsehen. Das verwundert nicht. Die Stadtgesellschaft Kassel zeigte sich angesichts des größten kulturpolitischen Skandals der letzten Jahrzehnte um die Präsentation antisemitischer und israelfeindlicher Machwerke auf der Weltkulturausstellung weitgehend ignorant und gleichgültig. Das allgemeine Meinungsbild in Kassel changierte von „Es war nicht alles schlecht auf der documenta“ bis hin zu „Das bisschen Antisemitismus ficht uns gar nicht an“. Im Gesamtbild, so die fast einhellige Meinung in der Kasseler Öffentlichkeit, sei auch diese Ausgabe der Weltkunstausstellung ein Gewinn für die Stadt gewesen. Dass im Zuge der Ausstellung die Zahl antisemitischer Vorfälle deutlich anstieg18, focht die Stadtgesellschaft genauso wenig an, wie es unsere früh geäußerte Kritik tat.

Nicht alle freuen sich über „Musti“

Trouble an der Uni

Nicht minder indifferent verhält sich die Stadtgesellschaft und die Lokalzeitung, wenn an der Universität eine von Saleh und Husein angeführte Gruppe strammer Israelhasser existiert, die auf die antiimperialistische Solidarität studentischer Politgruppen mit einem so infantilen Namen wie Arbeiter:innenkinder oder der ominösen RUK bauen können und die dazu beitragen, dass die Universität zu einem ungemütlichen, ja bisweilen auch unsicheren Ort für Juden geworden ist, die sich zum Staat Israel bekennen. Ähnliches gilt auch für die, für die die Solidarität mit dem Staat Israel die konsequente Schlussfolgerung des „Nie wieder!“ ist.

Erst als es angeblich in Folge einer gezielten Anfrage auf der konstituierenden Sitzung des Studentenparlaments (Stupa) an Saleh oder an Wissam Abdullhay Abu Fakher zu einer Keilerei kam, meldete sich die nordhessische Lokalzeitung HNA mit einem ganzseitigen Bericht zu Wort.19 Doch die Journalistin der Zeitung interessierte sich nicht für den Grund der Anfrage eines Mitglieds der Deutsch Israelischen Gesellschaft (DIG), sondern reproduzierte die ideologische Haltung der studentischen Revoluzzer, die die Anfrage an Saleh als Ausdruck rassistischer Haltung denunzierten. Die HNA wörtlich: „Ein Kandidat der Liste ‚Unidiversität‘ für das Referat Hochschulpolitik, der augenscheinlich aus einem arabischen Kulturkreis stammt, war in der Sitzung in der Vorwoche von dem Gast nach seiner Haltung zu Terrororganisationen wie Hamas, IS und Hisbollah gefragt worden. Diese Frage war anderen Kandidaten zuvor nicht gestellt worden.“

Unsere Anfrage an die HNA, warum nicht Ursache und Wirkung der Auseinandersetzung dargestellt wurden, beantwortete die Journalistin wie folgt: „In unserer Berichterstattung ging es um den Angriff nach der Sitzung des Studierendenparlaments und nicht um Herrn Saleh. Der Hintergrund, vor dem die Frage gestellt wurde, habe ich im Artikel erwähnt und Herrn T* – […] Gelegenheit gegeben, sich zu äußern.“ Der Hintergrund der Auseinandersetzung ist hier zu lesen, nicht in der HNA.

Dass die Anfrage an Saleh oder an einen seiner Spießgesellen gerichtet wurde und eben nicht an die anderen, hatte selbstverständlich nichts, wie es auch die HNA suggeriert, mit Rassismus zu tun, sondern mit einer Ahnung über Salehs Gesinnung, die den Fragenden beschlichen haben muss. Dass es eher die kursierenden Geschichten über Salehs Auftreten in der studentischen Szene waren, die den Fragenden motivierten, dem Kandidaten der Liste Unidiversität auf den den Zahn zu fühlen, liegt auch daran, dass es kaum öffentlich zugängliche Informationen zu den politischen Organisationen gibt, für die Saleh agiert. Es wäre Aufgabe eines Journalisten oder einer Journalistin gewesen, dazu Hintergrundinformationen zu beschaffen, also ordentlich zu recherchieren. Doch Saleh – immerhin ein Kandidat zur Landtagswahl – wird im Bericht der HNA noch nicht einmal erwähnt.

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1 Amtsblatt der Stadt Kassel, 1. September 2023.

2 Abdullhadi Husein – Wokshoper – Sozialer Friedensdienst Kassel e.V. | LinkedIn . Zu den Schwerenötern vom Sozialen Friedensdienst Kassel e.V, siehe auch Jonas Dörge: Der totale Dialog, Schwerer Sand, 24.03.2018.

3 Hessenschau – Kandidatencheck.

4 02.09.2023 Museumsnacht: Foto-Ausstellung: HEIMAT: Eröffnungsvortrag v. Ursula Mindermann (Fotografin), Café Buch-Oase.

5 Die Liste Kassel-International am 25.02.2021 auf Facebook über das „Herkunftsland“ ihrer Kandidaten.

6 Universität Kassel, Listen und Wahlen.

7 Universität Kassel, Referat für Soziales und Antidiskriminierung (02.10.2023).

8 Palästinensische Gemeinde Deutschland pgd (Facebook ).

9 Göttinger Friedenspreis. Proteste bei Verleihung an umstrittenen Verein, Jüdische Allgemeine, 09.03.2019.

10 Florian Markl, Nächste palästinensische Terror-Feier in Berlin, mena-watch, 22.02.2017. Die DFLP war verantwortlich für das Massaker an Schulkindern bei Ma’alot, bei dem 22 Kinder ermordet wurden, fast 70 Schüler verletzt und weitere sechs Personen außerhalb der Schule, nämlich die Familie Cohen, zwei Frauen deren Lastwagen gekapert wurde und ein 27-jährigen Schaulustiger ermordet wurden. Die getöteten Terroristen werden bis heute von der DFLP als Märtyrer verehrt. Auch: So erlitten Israels Elitekämpfer ihre schwerste Niederlage, in: Welt.de, 15.05.2021.

11 Antizionistische Kundgebung in Köln, haGalil.com, 11.07.2020.

12 Unterstützende Gruppen und Organisationen in Deutschland | BDS-Kampagne.

13 Auf deutsch übersetzt: „Juden, erinnert euch an Khaibar, die Armee Mohammeds kommt zurück!“ Der Slogan verweist auf Khaibar. Diese arabische Stadt war vor dem 7. Jahrhundert von Juden bewohnt und steht für die islamische Erzählung eines Sieges von Mohammeds Truppen über die jüdische Bevölkerung in Arabien. Die besiegten Juden mussten sich in der Erzählung Mohammed unterwerfen und eine Sondersteuer zahlen, später wurden die meisten von ihnen vertrieben oder umgebracht. Khaibar – Khaibar – Allahu Akbar! – Jerusalem ist unser! BgA-Kassel, 05.09.2017.

14 zu Samidoun siehe den gleichlautenden Eintrag des Jüdischen Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus (JFDA).

15 Antizionistischer und israelfeindlicher Propaganda keinen Raum in Kassel, BgA-Kassel, 10.09.2023.

16 Ehud Rosen, The Spider Web: The Roots of BDS and the Campaign to Delegitimize Israel, 09.07.2018.

17 Die Café Buch-Oase Connection, BgA-Kassel, 08.09.2018.

18 Jahresbericht RIAS Hessen – RIAS Hessen (rias-hessen.de).

19 Das Protokoll der entsprechenden Stupa-Sitzung liegt noch nicht vor. Uns liegen unterschiedliche Informationen vor, wer auf der Stupa-Sitzung angesprochen wurde. Die HNA nennt keine Namen und sowohl auf dem Instagram-Account der Gruppe Unidiversität, als auch auf der Seite der Gruppe Arbeiterinnenkinder wird nicht genannt wer angesprochen wurde. Beide genannten Personen gehören jedoch der Gruppe Unidiversität an, in der Saleh eine herausragende Stellung einnimmt.

Zur Berichterstattung in der HNA: Faustschlag nach Rassismuskritik? Mutmaßliche Tat nach Sitzung des Studierendenparlaments – Polizei ermittelt, HNA 15.09.2023 und „Sehr aufgeheizte Stimmung“ Beleidigungen und Agression sind in der studentischen Hochschulpolitik auf der Tagesordnung, HNA, 15.09.2023; Ein Asta im Ausnahmezustand: Umstrittene Vorsitzende von Studierenden abgewählt, HNA, 02.10.2023.



Antizionistischer und israelfeindlicher Propaganda keinen Raum in Kassel

Offener Brief an den Oberbürgermeister der Stadt Kassel Sven Schoeller

Sehr geehrter Herr Sven Schoeller,

am 19. September 2022 erklärten Sie angesichts der skandalösen Entwicklung der documenta 15, dass wir in Kassel „mit einer historischen Verantwortung“ leben und Sie es nicht erleben wollen, „dass in unserer Stadt offen ausgestellte antisemitische Schmähbildnisse keine heftigen Reaktionen mehr hervorrufen.“1 Auf dem Israel-Day im Sara Nussbaum Zentrum forderten Sie vor dem Hintergrund der stärker gewordenen AfD und eines in Deutschland nach wie vor virulenten Antisemitismus, „das Recht allein hilft uns nicht gegen diejenigen, die es darauf anlegen, unsere Werteordnung zu zerstören. Dafür müssen wir zusammenstehen.“2 Vor dem Hintergrund der von Rechtsterroristen verübten Morde an Halit Yozgat und Walter Lübcke in Nordhessen ist es wichtig vor der Gefahr des Rechtsextremismus zu warnen. In Kassel jedoch geht der Antisemitismus weniger von der AfD aus, von der in Kassel generell nicht viel zu hören ist, sondern von anderen Akteuren.

Die Recherche- und Informationsstelle Hessen (RIAS Hessen) veröffentlichte vor ein paar Wochen ihren ersten Bericht.3 Danach kam es in Hessen im Jahr 2022 zu 179 antisemitischen Vorfällen. Kassel, so die RIAS, liegt dabei mit 52 dokumentierten Vorfällen an der Spitze. Den Höhepunkt erreichten die Vorfälle während der Weltkunstausstellung. Diese Entwicklung wirke sich konkret auf den Alltag jüdischer Bürgerinnen und Bürger aus und „beeinträchtige auch das individuelle Sicherheitsempfinden.“ In der Wochenzeitschrift Jungle World überschrieb der Autor Pascal Beck seinen Artikel über die Veröffentlichung des Berichtes der RIAS mit dem Titel „Die Documenta schafft Angst“.4 In Kassel selbst fand der Bericht der RIAS wenig Echo. Drei weitere kulturelle Ereignisse im laufenden Jahr in Kassel erwecken den Eindruck, als hätten die politisch Verantwortlichen und die des Kasseler Kulturbetriebes keine Konsequenzen aus dem größten kulturpolitischen Skandal der letzten Jahrzehnte gezogen.

Das Café Buch-Oase oder der mit diesem Café eng verbundene Verein Palästinensische Gemeinde – Kassel konnte sich auf dem Frühlingsfest des Schlachthofes5, dem Altstadtfest6 und zuletzt auf der Kasseler Museumsnacht präsentieren. Alle drei Veranstaltungen werden direkt oder indirekt von der Stadt, die Sie repräsentieren, unterstützt.

Auf der Internetseite der Museumsnacht wird das Café Buch-Oase als Ort vorgestellt, in dem Rassismus und Intoleranz keinen Platz hätten.

In der diesjährigen Museumsnacht wurde dem Café Buch-Oase eine Bühne geboten. Im Programmheft, für das Sie das Grußwort verfassten, heißt es: „Im Café Buch-Oase finden Foto- und Gemäldeausstellungen, Konzerte, Lesungen, Kabarett und politische Veranstaltungen statt. Ein Ort der respektvollen Begegnung, an dem Rassismus und Intoleranz keinen Platz haben und Menschen aus aller Welt willkommen sind.“ Die Ausstellung, die das Café im Rahmen der Museumsnacht präsentierte, wurde von Ursula Mindermann konzipiert.

Ursula Mindermann ist nicht nur Unternehmerin und Fotografin, sondern stellvertretende Vorsitzende der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft (DPG), die nach israelischen Recherchen mit den Muslim-Brüdern verbandelt ist7 und die, wie auch die Kasseler Regionalgruppe der DPG, zu den erklärten Unterstützern der antisemitischen BDS-Bewegung gehört.8 Ein weiterer Streiter der DPG Kassel, Ulrich Restat, formulierte in einer Rede, die er 2014 vor dem Rathaus in Kassel hielt, den berüchtigten Satz: „Der Tod ist ein Meister aus Israel“.9

In den Räumen des Cafés fanden in der Vergangenheit bis in die jüngste Gegenwart hinein zahllose meistens von der DPG ausgerichtete Veranstaltungen statt, in denen gegen Israel gehetzt, z. T. antisemitische Stereotype verbreitet und für den Boykott Israels, bzw. für die antisemitische BDS-Bewegung geworben wurde.10

Das Café Buch-Oase stellt auch immer wieder den Tarnorganisationen der MLPD Räume zur Verfügung. Die MLPD gehört nicht nur zu den politischen Gruppierungen, für die Stalin und Mao auch heute noch zu den großen historischen Vorbildern gehören, sondern sie ist wie die in Kassel agierende Tarnorganisation dieser Partei, Solidarität International, mit den palästinensischen Terrorgruppen PFLP und DFLP verbunden.11

Am 27. Oktober 2018 wurde die sogenannte Spoken Word Künstlerin Faten El vom Verein Palästinensische Gemeinde – Kassel in das Café Buch-Oase eingeladen. Faten El ist in der Vergangenheit sowohl auf einer Veranstaltung zu Ehren der „Märtyrer“ der Mörderbande DFLP aufgetreten als auch für die Deutsche Jugend Palästina, die Verbindungen mit der terroristischen Hamas hat.12

Unter der Adresse des Cafés firmiert eben dieser Verein Palästinensische Gemeinde – Kassel. Die stellvertretende Vorsitzende des Vereins ist gleichzeitig Betreiberin des Cafés. Diesem Verein wurde sowohl auf dem Kasseler Altstadtfest als auch zum wiederholten Mal auf dem Frühlingsfest die Möglichkeit gewährt, einen Stand zu präsentieren. Der Vorsitzende des Vereins gehörte zu den Teilnehmern der beiden israelfeindlichen Kundgebungen in Kassel am 16. Juli 2022 und am 15. Mai 2021. In der HNA bekannte sich der Vorsitzende am 02. Juli 2022 in einem Interview zur Parole „From the River to the Sea – Palestine will be free“, die für die Abschaffung des jüdischen Staates Israel steht.13

Auf die zugegebener Maßen scharfe Kritik reagiert das Café und dessen Umfeld aggressiv. Diejenigen, die benennen, wofür das Café steht, werden umstandslos als Rassisten diffamiert.

Antisemitismus in der klassischen Form, wie er von rechtsextremistischen Parteien wie dem III. Weg oder Die Rechte und von Nazigruppen wie die inzwischen aufgelöste Scheiteljugend geäußert wird ist in der Gesellschaft weitgehend geächtet und wird in Kassel nur selten öffentlich kundgetan. In der Form antizionistischer Propaganda äußert sich hingegen der Antisemitismus z. B. in den Parolen „Kindermörder Israel“, „From the River to The Sea …“ oder „Khaibar Khaibar ya yahud jaish muhammad sa yahud!“, die in der Vergangenheit 201414, 201715, 202116 und 202217 auf vergleichsweise gut besuchten Kundgebungen auch in Kassel zu hören waren. Auf einigen dieser Kundgebungen kam es zudem zu bedrohlichen Szenen oder es wurden gar jüdische Bürger oder Bürger die sich solidarisch mit Israel zeigten bedroht.

Wie oben angeführt wurde eine dieser antisemitischen Parole von den israelfeindlichen Protagonisten aus dem Umfeld des Café Buch-Oase in der Lokalzeitung HNA offen zu Protokoll gegeben. Der Antisemitismus äußert sich ebenso in der Forderung der BDS-Bewegung, Israel auf allen Ebenen zu boykottieren, für die im Café Buch-Oase regelmäßig Propaganda betrieben wird.

Wir appellieren an Sie als Oberbürgermeister der Stadt Kassel, als Kulturdezernent und Aufsichtsratsvorsitzender der documenta und Museum Fridericianum gGmbH dem israelbezogenen Antisemitismus deutlich zu widersprechen und darauf hinzuwirken, dass israelfeindlichen und antizionistischen Organisationen wie dem Verein Palästinensische Gemeinde – Kassel oder dem Café Buch-Oase zukünftig keine Möglichkeit mehr geboten werden, sich auf städtischen Veranstaltungen oder auf Veranstaltungen, die von der Stadt mitveranstaltet oder unterstützt werden, zu präsentieren.

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1 Sven Schoeller, Stellungnahme zur documenta 15, 19.09.2022.

2 Joachim F. Tornau, Solidarität in schwierigen Zeiten, Jüdische Allgemeine, 20.07.2023.

3 Jahresbericht RIAS Hessen. Antisemitische Vorfälle in Hessen 2022, 2013.

4 Pascal Beck, Die Documenta schafft Angst, Jungle World, 35/2023.

5 Falafel und Israelhass auf dem Frühlingsfest in Kassel, BgA-Kassel, 13.06.2023.

6 Kulturengasse in der Oberen Freiheit.

7 Ehud Rosen, The Spider Web. The Roots of BDS and the Campaign to Delegitimize Israel, Jerusalem, 2018.

8 Auf der Internetseite BDS-Kampagne wird die Regionalgruppe Kassel der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft als unterstützende Gruppe und Organisation aufgeführt.

9 Dora Streibl, Das Gedenken mit Füßen treten, Jungle World, 32 / 2015. Als Vertreter der DPG unterzeichnete Ulrich Restat auch den Brief zur Unterstützung der antisemitischen BDS-Bewegung „Für Meinungsfreiheit auch in der Palästinafrage„. Er befindet sich dabei in guter Gesellschaft mit dem ebenfalls immer wieder im Café Buch-Oase gern gesehenen Gast Werner Ruf.

10 Ausführlich zum Café Buch-Oase siehe: Die Café Buch-Oase Connection, BgA-Kassel, 2018.

11 Über die Verbindungen der MLPD zur PFLP siehe: Stefan Laurin, Die Verbindungen der MLPD zur palästinensischen Terrorgruppe PFLP, Ruhrbarone 2017. Die in Kassel agierende Tarnorganisation der MLPD Internationalistischen Bündnis ist hingegen mit der DFLP verbunden, siehe: Hans Roth und die Abgründe, die sich in Rothenditmold (Kassel) auftun, BgA-Kassel, 2021.

12 Über den Auftritt Faten El und Quellen siehe FN 10.

13 Antisemitismus auf documenta: „Deutschland hat ein Problem mit seiner Erinnerungskultur“, HNA, 02.07.2022. Weitere Angaben über die Verbindung des Vereins Palästinensische Gemeinde Kassel zum Café Buch-Oase, siehe: FN 10.

14 Die größte derartiger antisemitischer Kundgebungen, bei der es zu massiven Bedrohungen gegen Teilnehmer einer kleinen Kundgebung zur Solidarität mit Israel kam und die aufgrund ihrer deutlich antisemitischen Ausrichtung Angst und Schrecken unter den Kasseler Juden auslöste fand 2014 in Kassel statt. Siehe: Martin Sehmisch, Angst in Kassel, Jüdische Allgemeine, 16.07.2014.

15 Der judenfeindlich Schlachtruf „Khaibar Khaibar ya yahud jaish muhammad sa yahud!“ Auf deutsch: „Juden, erinnert euch an Khaibar, die Armee Mohammeds kommt zurück!“ wurde im Jahr 2017 auf einer Kundgebung am Rathaus Kassel skandiert. Khaibar – Khaibar – Allahu Akbar – Jerusalem ist unser! BgA-Kassel 2017.

16 Am 15. Mai 2021 mobilisierte die der PFLP nahestehende Gruppe Samidoun und das temporär in Erscheinung tretende Bündnis Palästina spricht bundesweit Kundgebungen. Auch in Kassel fand eine Kundgebung statt. Dort sprach der Mitbetreiber des Café Buch-Oase Jörg Ulloth. Auf der Kundgebung wurden antisemitische Parolen skandiert, jüdische Bürger Kassels wurden bedroht und es zeigten sich Sympathisanten der Hamas. Ausführlich: From the River to the Sea – Der Mob formierte sich auch in Kassel, BgA-Kassel 2021.

17 Zur Eröffnung der documenta 15 mobilisierte die Kasseler Szene der Israelhasser zu einer Kundgebung auf der zum widerholten Male die Parole „From the River to The Sea – Palestine will be free“ skandiert wurde und Israel als Apartheidstaat verunglimpft wurde. Siehe: documenta in Kassel: Steinmeier bezieht Stellung – Proteste begleiten Eröffnung, HNA, 20.06.2022. Auch hier kam es zu Bedrohungen gegen Personen, die sich solidarisch mit Israel zeigten.